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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Stattdessen hatten sie den alten Trutzkaiser wieder aufgebaut, eine neue Wehranlage »Trutzbayer« getauft und davon geträumt, dem kaiserlich-bayrischen Heer trotzen zu können. Narren!
    Der bayrisch-großherzogliche Generalkommissar Ruepp löste sich von Tillys Seite und nahm das Schreiben entgegen. Danach drehte er sich wortlos um und folgte dem General und seinen Obristen ins Zelt. Von Bernstadt – triumphierend und rotgesichtig wie ein gekochter Schweinekopf – bedeutete von Mosbach und den Heidelbergern zu warten und ging an von Herzenburgs Seite ebenfalls ins Zelt.
    Der Rittmeister fragte niemanden um Erlaubnis, denn kaum hatte die Leibgarde Tillys das Zelt vor einer halben Stunde aus Wieblingen gebracht und aufgeschlagen, hatte Tilly ihn kommen lassen und persönlich belobigt – weil er an der Spitze seiner Kompanie und unterstützt von fünf anderen Kompanien den entscheidenden Sturm auf den Trutzbayern geführt und dadurch dieEroberung des Trutzkaisers eingeleitet hatte. Eine Frage der Zeit, bis die Beförderung folgen würde, bis er ein und aus gehen würde beim General Tilly.
    Leibgardisten des Generals nahmen vor dem großen Zelt Aufstellung, Unteroffiziere mit blankgezogenen Degen und Landsknechte mit Hellebarden postierten sich rund um die Heidelberger. Jemand zog die Plane vor den Eingang. Es wurde düster im Zelt. Eine Gestalt in schwarzer Kutte schlurfte zum darin aufgestellten Tisch, entzündete nacheinander zwei Öllampen und zog sich dann wieder in den Hintergrund zurück – Tillys Beichtvater, ein Jesuit.
    Jesuiten hatten den General erzogen, Jesuiten schüttete er sein frommes Herz aus, wie ein Jesuit kämpfte er für den rechten Glauben: unerbittlich, streng, in heißer Liebe zur Jungfrau Maria und mit Feuer und Schwert, wenn es sein musste. Die Parole, die er zum Sturm auf Heidelberg ausgegeben hatte, lautete: Sancta Maria.
    Ein nie gesehenes Tier – ein bunter Hund mit Rüsseln und Gehörn etwa – wäre dem Rittmeister nicht weniger wunderlich erschienen als dieser eigenartige kleine Mann. Doch von Herzenburg wusste zu schweigen über sein Befremden. Auch wenn der Wallone ein bigotter Feldherr war und einem bigotten Großherzog in unbegreiflicher Loyalität diente, so war Tilly doch ein erfolgreicher Feldherr, wie die brennende Stadt draußen am Neckarufer einmal mehr bewies. Erfolgreich, wie sein großes Vorbild, der Herzog von Alba.
    Maximilian von Herzenburg hatte alles über den Herzog von Alba gelesen, was sein Vater ihm beschafft hatte. Auch er verehrte den berühmten und seiner Meinung nach viel zu früh verstorbenen Eroberer Antwerpens. Und so sehr er innerlich den Kopf schüttelte über dessen Schüler Tilly, so sehr bewunderte er ihn auch: Der General verdiente mindestens fünfzig Mal so viel wie er selbst; 5 000 Gulden, wenn man von Bernstadt glauben wollte.Und sein Dienstherr, der Großherzog von Bayern, hatte ihn erst vor drei Tagen in den Grafenstand erhoben.
    Wenn das kein Erfolg war, was dann?
    Tilly saß inzwischen in seinem Lehnsessel hinter dem Tisch, die Offiziere standen in einem Halbkreis um ihn herum, auch von Herzenburg. Ein großes Kruzifix ragte am rechten Tischrand auf; daneben, auf einer Karte der Rheinpfalz, lag ein Gebetsbuch, aufgeschlagen, und auf dem Gebetsbuch ein Rosenkranz.
    Was aber von Herzenburgs Aufmerksamkeit am meisten erregte: die große rote Frucht vor dem Gebetsbuch. So also sah ein Granatapfel aus. Der Rittmeister hatte noch nie einen gesehen, wusste nur, dass er Tillys Lieblingsfrucht war – und in den Augen einiger seiner höchsten Offiziere ein ärgerliches Symbol für die Nähe zu den spanischen Habsburgern, die man dem Feldherrn nachsagte.
    Der Generalkommissar Ruepp – von Bernstadt nannte ihn gewöhnlich »Tillys rechte Hand« – verlas das Schreiben van der Mervens. Ein kurzes Schreiben: Außer den üblichen Floskeln formulierte der Gouverneur die Bitte, Tilly möge die drohende Plünderung der Stadt abwenden und seinen Truppen befehlen, die Bürger von Heidelberg zu schonen. Er, van der Merven, sei bereit über beides persönlich mit dem General zu verhandeln.
    Ein unwilliger Zug zeigte sich auf Tillys Gesicht und ließ es noch strenger erscheinen. Er schüttelte kurz den Kopf und blickte dann in die Runde seiner Offiziere. »Ihr habt es gehört, Ihr Herren. Sprecht.«
    »Der Holländer kommt zu spät zur Mahlzeit und will noch über den längst verteilten Braten verhandeln?«, fragte von Bernstadt mit beißendem Spott. »Eine

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