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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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gab aber nach. »Drei von Euch dürfen mitkommen.«
    Er überließ die Entscheidung ihnen. Hilarion und Sotis waren nun, da Sejanus nicht mehr da war, eine offensichtliche Wahl, aber Costis war etwas erstaunt, als auch Philologos vortrat, und noch erstaunter, als die anderen Kammerherren einen Rückzieher machten. Die drei folgten dem König zur Tür hinaus.
    Costis zögerte, folgte ihnen dann aber. Die Königin hatte ihn angewiesen, beim König zu bleiben, bis er entlassen wurde, und das war noch nicht geschehen.
    Sie erreichten die Prunktreppe, die vier Stockwerke hinab bis
ins Erdgeschoss führte. Der König starrte die Stufen vor sich böse an.
    »Wenn wir Euch vielleicht helfen dürfen, Euer Majestät?«, bot Hilarion an.
    »Das dürft Ihr nicht.«
    Er legte die Hand auf das Marmorgeländer und stieg hinab. Er bewegte sich langsam, wenn auch ohne offensichtliche Anzeichen von Schwierigkeiten, aber Costis fiel auf, dass der König schwitzte, als sie im Erdgeschoss angekommen waren.
    Sie durchquerten den Palast und machten einen Bogen um die Küche, um ein Treppenhaus zu erreichen, das in den Palastkerker hinabführte. Das gesamte Gefängnis lag unterirdisch unter den Höfen zwischen dem Palast und den Stallungen und Hundezwingern. In den Hundezwingern riecht es wahrscheinlich besser , dachte Costis. Er verabscheute es, hier unten zu sein.
    Am unteren Ende der Treppe saß der Wärter auf einem dreibeinigen Hocker. Er stand erst auf, als er den König sah, und auch dann nur mit kaum verhohlenem Widerwillen. Mit kränkender Gemächlichkeit ging er voran in den Kerker. Der Befehlshaber der Gefängniswachen verneigte sich in der Wachstube vor dem König, musterte den Haken am Ende des Arms des Herrschers und verbarg ein Lächeln. Er schien zu wissen, zu welchem Gefangenen der König wollte.
    »Hier entlang, Euer … Majestät.«
    Indem er vortrat, als der Wärter die Zellentür aufschloss, schirmte Costis den König ab, bis zwei seiner eigenen Wachen vorangegangen waren und er dann selbst eingetreten war, aber von dem Gefangenen ging keine Gefahr aus. Er war an die Steinbank gekettet, auf der er lag, und die Ketten waren wie die Wachen eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme. Die Zelle stank nach Urin und Erbrochenem, und der Gefangene hatte sich nicht gerührt, als die Tür sich geöffnet hatte, noch nicht einmal,
um den Kopf zu wenden. Sein Kinn war von Bartstoppeln bedeckt, der Rest seines Gesichts unter Prellungen nicht zu erkennen. Seine Arme lagen auf seiner Brust; eine Hand war schwärzlich angeschwollen. Die Finger glichen grotesken Würsten, und Costis wandte den Blick ab. Ein zusammengelegter Umhang lag hinter dem Gefangenen. Vielleicht hatte er ihm einst als Decke gedient, aber mittlerweile lag er ohne sie da. Als er den Stoff erkannte, war Costis wie betäubt.
    Er betrachtete den Mann, der auf der Bank lag, genauer. Obwohl er wusste, wer er war, sah Costis in dem zerschlagenen, mit Prellungen übersäten Gesicht keine Spur des selbstsicheren Archivsekretärs mehr, aber was sich hinter ihm bauschte, war unleugbar das, was von Relius’ elegantem Mantel noch übrig war.
    Costis trat beiseite, um den König durchzulassen, und nahm an der Tür Aufstellung.
    »Einen Stuhl!«, befahl der König. Er musterte den Gefangenen und wandte sich dann an Philologos. »Und etwas Wasser. Holt es aus der Küche.«
    Philologos eilte durch die Tür.
    Der Stuhl wurde gebracht, und der Gefängniswärter stellte ihn schwungvoll neben dem König ab. »Wenn Ihr noch etwas wünscht, Euer …«
    »Ich wünsche«, unterbrach der König ihn mit gleichmütiger Stimme, »Euer Gesicht Euer Lebtag lang nicht mehr zu sehen.«
    Die selbstgefällige Herablassung des Wärters geriet ins Wanken; er verließ rückwärts die Zelle. Die Kammerherren tauschten wissende Blicke. Eugenides setzte sich auf den Stuhl, der gebracht worden war, und lehnte sich vorsichtig zurück. »Na, Relius?«, sagte er schließlich. »Seid Ihr bereit, über die Mittel zu sprechen, die Eurer Königin zu Gebote stehen?«
    Es war eine sonderbare Frage, wie ein Echo ohne Ursprung.
So als ob Relius dem König einst die gleiche Frage gestellt hätte und dieser sie ihm nun seinerseits entgegenschleuderte. Costis spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief.
    Die Gestalt, die so reglos in ihren Ketten dalag, sprach. »Ich dachte, Ihr würdet ein wenig früher kommen, um Rache zu nehmen«, flüsterte Relius.
    »Ich war indisponiert.«
    »Davon habe ich gehört. Man

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