Der geduldige Tod (German Edition)
steht jemand«, antwortete sie tonlos und deutete auf die Gestalt zwischen den Weinstöcken.
Francisco sprang auf. Mit einem geschickten Sprung setzte er über das Geländer der Terrasse und stürmte hinunter in den Weinberg.
Die schwarze Gestalt hatte sich inzwischen von ihrem Platz gelöst und war in den Weinstöcken verschwunden. Francisco eilte ihr hinterher, bis auch sein Körper mit der Schwärze der Nacht verschmolz.
Ungeduldig und zitternd versuchte Victoria, in der Finsternis etwas zu erkennen. Doch sie nahm nur Schemen wahr und war sich dabei nicht einmal sicher, ob sie wirklich existierten oder ob ihre Augen ihr nur einen Streich spielten. Es war zu dunkel, um etwas sehen zu können.
Nur wenige Augenblicke später kehrte Francisco zurück. Seine Hände waren zerkratzt, seine Hose und sein Hemd schmutzig.
»Ich bin gestürzt«, sagte er entschuldigend, nachdem er über das Geländer geklettert und zurück zu ihrem Tisch gekommen war. Zwei Besucher der umliegenden Tische sahen erstaunt auf, als sie seinen Aufzug bemerkten, widmeten sich aber sofort wieder ihrem Wein. Sonst war niemandem sein Ausflug in die Weinstöcke aufgefallen.
»Ich habe ihn nicht erwischt«, gab er schließlich zu, als er wieder saß. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob da wirklich ein Mensch stand. Es kann auch nur ein Schatten gewesen sein.«
Victorias Augen suchten ein weiteres Mal jede Lücke ab, doch inzwischen wusste sie ebenfalls nicht mehr, was sie überhaupt gesehen hatte.
»Vielleicht war es der Wein«, versuchte sie, alles zu erklären. Das musste es gewesen sein. Der Wein und die verdammte »Katastrophe«, die sie permanent belastete. Sie war so angespannt, dass sie schon Gespenster sah.
»Dann bezahle ich und bringe dich nach Hause«, schlug Francisco vor.
Nur wenig später stiegen sie vor ihrem Haus aus einem Taxi, und Francisco begleitete sie nach oben. Sie hatte sich inzwischen wieder gefangen und während der Fahrt die Nähe des jungen Mannes genossen. Sie hatten sich leidenschaftlich geküsst, und als sie in ihrer Wohnung neben ihm in ihr Bett fiel, wollte sie ihm eigentlich sagen, dass er sich heute nicht zurückhalten müsse. Doch bevor sie es aussprechen konnte, waren ihre Augen zugefallen und sie eingeschlafen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, pochte es unbarmherzig in ihrem Kopf. Sie stand auf, um drei große Gläser Wasser zu trinken und danach schlaftrunken in ihr Bett zurückzuwanken. Sie trug noch die Sachen von gestern, aber das war ihr egal. Sie wollte einfach weiterschlafen. Francisco lag neben ihr, ebenfalls nicht komplett ausgezogen.
Sie schmiegte sich an ihn und schlief wieder ein.
Als sie das nächste Mal aufwachte, spürte sie seine Hände auf ihrem Rücken. Sie streichelten sie sanft. Das Pochen in ihrem Kopf war verschwunden. Als sie die Lider öffnete, sah sie in Franciscos warme braune Augen. Er küsste sie, noch bevor sie ihm einen »Guten Morgen« wünschen konnte. Seine Lippen waren heiß und begehrend, sein Kuss lang und innig. Als sie den Kuss erwiderte, presste sie ihren Körper an den seinen. Seine Hände suchten den Reißverschluss ihres Kleides, während ihre ungeschickt an seinem Gürtel nestelten. Seine Lippen fanden ihren Hals und ihre Schultern, während er ihr das Kleid vom Körper streifte. Sie küsste seine Brust und den harten Bauch, als sie seine Hose auszog.
Schließlich waren sie nackt und liebten sich, und Victoria erinnerte sich daran, wie es war, einen Augenblick lang wirklich alles völlig zu vergessen und nur diesen wunderbaren Moment der Ekstase zu spüren. Es war das schönste Gefühl, das sie seit sehr, sehr langer Zeit hatte.
Kopfsache
Sie standen gegen Mittag auf. Die Schwüle hatte sich verzogen, doch die Sonne brannte heiß vom Himmel. Um sich nach ihren Liebespielen abzukühlen, beschlossen die beiden, in den Pool von Señora Rodriguez zu springen. Das Wasser schimmerte kühl und blau in der Sonne. Zu blau.
Zuerst wollte Francisco hineinsteigen, doch als er die Farbe des Wassers bemerkte, hielt er mitten in der Bewegung inne.
»Was ist los?«, fragte Victoria.
Er nahm eine Handvoll Wasser und roch daran. Es roch anders. Merkwürdig.
»Ich glaube, der Pool ist vergiftet«, sagte er und erhob sich wieder. »Jemand hat etwas ins Wasser geschüttet.«
»Vielleicht Chlor zum Säubern?«, hoffte sie. Doch er schüttelte den Kopf.
»Nein, das ist kein Chlor. Das ist irgendein Zeugs, um Rohre zu reinigen, ich kenne den Geruch.
Weitere Kostenlose Bücher