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Der geduldige Tod (German Edition)

Der geduldige Tod (German Edition)

Titel: Der geduldige Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helke Böttger
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tun.«
    Er schüttelte zur Bestätigung den Kopf. »Mit Sicherheit nicht. Ich bin froh, dass es dir gut geht.« Er drückte sie erneut. »Ich bleibe bei dir, wenn du willst.«
    Sie löste sich von ihm. Sie fühlte sich trotzig, aber auch fast ein wenig euphorisch. In den vergangenen Stunden der Grübelei war sie zu dem Ergebnis gekommen, dass sie sich lange genug als hilfloses Opfer gefühlt hatte. Gerade erst begann sie, die Tage wieder zu genießen und war drauf und dran, sich zu verlieben. Sie musste dem Leben die Stirn bieten. Sollte sie sich Zeit ihres Lebens vor jeder Leiche und jedem Mörder verstecken? Dann würde sie nie wieder die Wohnung verlassen. Die Welt war voller Täter. Sobald man die Zeitung aufschlug, las man von Verbrechern und ihren Taten. Doch meistens passierte es nicht einem selbst. Sie hatte es nun erlebt, und einmal war definitiv genug. Noch einmal würde es ihr nicht passieren. Das war statistisch gesehen so gut wie unmöglich. Deshalb musste sie endlich ihr Schneckenhaus verlassen und mit diesem wunderbaren jungen Mann etwas unternehmen.
    »Ich würde gerne ausgehen.«
    Überrascht sah er auf. »Ausgehen? Gerne!« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie sanft auf den Mund. »Dir geht es wirklich gut. Das ist großartig.«
    Trotzig legte sie den Kopf schief. »Ich möchte nicht mehr von der Angst versklavt werden. Der Kerl, der mir das angetan hat, sitzt im Gefängnis. Weißt du, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, zweimal Opfer eines Serientäters zu werden? Verschwindend gering, eigentlich null. Mir kann nichts passieren! Gar nichts!« Sie klang herausfordernd wie ein bockiges Kind, das mit dem Schicksal haderte. Mit Francisco an ihrer Seite war sie sicher. Er hatte es ihr versprochen.
    Er schmunzelte. »Das klingt, als hättest du wissenschaftliche Hintergründe für deine Aussage. Dir wird nichts passieren. Erst recht nicht, wenn ich bei dir bin. Dann lass uns ausgehen.«
    Er ließ sie los, damit sie sich anziehen konnte.
    Victoria stürmte in ihr Schlafzimmer, um sich etwas Hübsches überzustreifen.
    Sie lächelte, als sie ihr schönstes Kleid anzog und sich damit vor dem Spiegel drehte. Sie sah sehr gut aus. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit. Dennoch zitterten ihre Hände, als sie sich die Haare bürstete. Aber das würde hoffentlich auch noch vergehen.
     
    Francisco führte sie in ein gut besuchtes Weinrestaurant in den Bergen. Es lag inmitten eines Weinbergs, umrahmt von Zedern und Palmen.
    Sie setzten sich an einen Tisch auf der Terrasse mit Blick über die Berge. Francisco hielt ihre Hand, während sie bestellten, und ließ sie auch nicht los, als die Getränke kamen.
    »Ich hatte dir eine Weinverkostung versprochen«, sagte er. »Heute bekommst du sie. Dieses Restaurant führt die besten einheimischen Weine, du kannst die Karte rauf und runter trinken.«
    Sie lachte. »Wenn ich das tue, bin ich hinterher so betrunken, dass ich vermutlich auf dem Tisch tanzen werde.«
    »Ehrlich?«, grinste er. »Dann sollten wir sofort anfangen.«
    »Du möchtest lieber nicht, dass ich tanze.«
    »Doch, das möchte ich.«
    Victoria erinnerte sich an das einzige Mal, dass sie so etwas getan hatte. Es war während ihrer Ausbildung gewesen, die Mädchen hatten gefeiert und eine bestandene Prüfung ausgiebig mit Tequila begossen. Danach konnten zwei nur noch lallen, eine dritte lag auf dem Sofa und schlief, und Victoria tanzte einsam auf dem Tisch zu Britney Spears »Baby one more time« und »Time to say Goodbye« von Sarah Brightman, bis sie anfing zu weinen. Dann stieg sie vom Tisch und umarmte die letzte verbliebene wache Freundin und schwor ihr ewige Freundschaft. Mit der Freundschaft war es schon drei Wochen später aus, als diese Freundin Victorias Auto zu Schrott fuhr und die Reparatur nicht bezahlen wollte. Aber die Erinnerung an jenen Auftritt blieb für immer. Denn durch den Verkehrsunfall der Freundin hatte sie ihren späteren Mann Ronald kennengelernt. Er war frischgebackener Gutachter und musste den Schaden für die Versicherung bewerten. Er hatte Victoria sofort nach einem Date gefragt.
    Francisco grinste sie an. »Du lächelst glücklich. Das steht dir.«
    »Es gab auch mal bessere Zeiten in meinem Leben. Es scheint mir fast, als läge es ewig lang zurück oder wäre einer anderen Frau passiert. Dabei habe ich es durch das Erlebnis nur so weit zurückgedrängt.«
    »Du musst es wieder hervorholen. Ich will mehr über dich wissen.«
    »Mal sehen, was mir

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