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Der geduldige Tod (German Edition)

Der geduldige Tod (German Edition)

Titel: Der geduldige Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helke Böttger
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Namen. Ich heiße übrigens Francisco.«
    Unwillkürlich verzog sich ihr Mund wieder zu einem zarten, freundlichen Bogen. »Dann bis bald«, erwiderte sie, bevor sie die Tomaten wegsteckte und weiterging. Langsam lief sie an den Ständen entlang und musterte die dargebotenen Lebensmittel, Körbe, Keramikwaren und Stoffe. Doch sie nahm kaum wahr, was vor ihr lag. Sie konnte den Blick von Francisco in ihrem Nacken spüren. Als sie am Ende der Reihe angekommen war, drehte sie sich um, als wolle sie unauffällig nachsehen, was sie vergessen hatte, doch sie schaute direkt in seine Augen. Er grinste, als sich ihre Blicke trafen. Schnell wandte sie sich ab und lief die nächste Reihe des Marktes hinunter, wo sie sich hinter einem Marktschirm versteckte.
    Doch das Versteck war nicht gut genug.
    »Ich habe ganz vergessen, dir auch meine higos anzubieten. Sie sind ganz frisch und sehr lecker.«
    Erschrocken fuhr sie herum. Francisco stand hinter ihr und reichte ihr eine Handvoll Feigen.
    »Higos?«, fragte sie. Ihr Herz klopfte. Sie war allerdings nicht ganz sicher, ob sie durch den Schreck so aufgewühlt war oder durch die Anwesenheit des jungen Spaniers.
    »Sí. Ich weiß nicht, wie sie auf Deutsch heißen.«
    »Das sind Feigen.«
    »Feigen. Okay. Auf Spanisch heißen sie higos.«
    »Aha.« Mehr fiel ihr in dem Moment nicht ein. Vor Jahren noch hätte sie mit dem jungen, attraktiven Mann geflirtet und wäre auf seine Annäherungsversuche wenigstens ein kleines bisschen eingegangen, aber heute fühlte sie sich stumm und ungeschickt wie eine Holzstatue. Die Eloquenz war zusammen mit ihrem Lebensmut im Boden des Parkplatzes versickert.
    »Sprichst du Spanisch?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf und wedelte mit der besseren Hand, um ihre Unsicherheit anzudeuten. »Un poco.«
    Er grinste. »Ich kann dir Spanisch beibringen. Ich bin ein guter Lehrer.«
    »Ich denke, ich lerne es allein. Vielen Dank.«
    Sie wandte sich ab.
    »He, vergiss die Feigen nicht.«
    Erneut drehte sie sich zu ihm um, um die dargereichten Früchte anzunehmen. »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    »Ich heiße Victoria«, sagte sie plötzlich.
    Sein Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Ein sehr schöner Name.«
    Sie nickte verlegen, bevor sie sich endgültig abwandte und davonlief, während sein Blick noch immer in ihrem Rücken brannte.
     
    Der Weg schien auf einmal kürzer als sonst zu sein, sonniger, aber auch anstrengender. Denn Victorias Herz klopfte schneller als gewöhnlich, obwohl sie bergab lief. Die Tomaten in ihrer Tasche hüpften bei jedem ihrer Schritte auf und ab, als wollten sie sie an Francisco erinnern. Als der Weg in einer Biegung den Blick zwischen den Bergen hindurch auf das Meer erlaubte, blieb sie stehen. Der Anblick war atemberaubend. Das Wasser schimmerte azurblau, die Sonne glitzerte darin wie Tausende funkelnde Sternchen. Mühelos schwebten blendendweiße Segelboote über die Sonnensternchen, am Horizont schob sich ein Kreuzfahrtschiff vorbei. Etwas verdeckt von einem Berghang lag der Hafen, wo Yachten und einfache Boote in den Wellen schaukelten. Sie konnte nur das Ende des Piers sehen, weil sich an den Steinen die Wellen brachen und die Richtung zu wechseln schienen.
    Victoria hatte sich ein wunderschönes Fleckchen Erde ausgesucht, um von ihren Wunden zu genesen, den körperlichen und den seelischen. Hier bestand die Möglichkeit, dass sie den Schrecken und die Schmerzen vergaß, und dass es ihr gelang, die Erinnerungen an den Tod, die sie noch immer lähmten, auszublenden.
    Sie sah zur Bergkuppe hinauf, wo die Spitze eines kleinen Kirchturms in den Himmel ragte. Die fremde Sprache, das andere Klima, die fremdländische Kultur mit ihren andersartigen Menschen, all das tat ihr gut. Auch die neue Routine, die in nichts an ihr altes Leben erinnerte, trug zu ihrer Heilung bei. Sie hatte heute das erste Mal seit langer Zeit einen Mann angelächelt. Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Noch war sie nicht mutig genug, um neugierig darauf zu sein, wohin dieser Weg sie bringen würde, aber vielleicht würde das auch noch kommen.
    Sie wandte sich ab und schritt die letzten Meter hinunter zu ihrer Bleibe. Es war ein hübsches, weißgetünchtes Haus mit einem verwilderten Garten und einem kleinen Swimmingpool im hinteren Teil. Der glutrote Hibiskus am Eingang machte es ihr leicht, auf Anhieb das richtige Tor zu finden. Die Blüten wuchsen wunderschön und perfekt durch die Gitter und am steinernen Pfosten vorbei, als

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