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Der geduldige Tod (German Edition)

Der geduldige Tod (German Edition)

Titel: Der geduldige Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helke Böttger
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zuckte er mit den Schultern. »Ich weiß nicht, vermutlich nicht. Zumindest habe ich niemanden bemerkt.«
    »Wird Ihr Shop von Videokameras überwacht?«, fragte die Kommissarin dazwischen.
    »Ja, aber die Kamera zeichnet nicht auf. Sie dient eigentlich nur zur Abschreckung.«
    »Schade.«
    Victoria wusste nicht, was sie fragen sollte. Sie versuchte, an Fragen zu denken, die relevant wären, ohne sich selbst intensiv an das Ereignis erinnern zu müssen, das ihr Leben verändert hatte. An den Geruch des Killers oder wie er sich ihr genähert hatte. Doch sie war noch nicht bereit dafür.
    Sie sah zur Kommissarin und schüttelte den Kopf. Die verzog bedauernd den Mund.
    »Kommen viele Deutsche in Ihren Shop?«, fragte Lucia.
    Wieder nickten die beiden gleichzeitig. »Deutsche und Engländer. In den letzten Jahren kommen auch viele Russen her, aber die meisten sind Deutsche.«
    »Hatte Ana einen Freund?«
    »Nein.« Rosaria antwortete auf Anhieb, Hector schwieg.
    »Was war sonst ungewöhnlich in den letzten Tagen?«
    »Nichts«, antwortete Hector, doch Rosaria zögerte.
    »Was ist es?«, ermunterte sie die Kommissarin.
    »Ich weiß nicht, ob es etwas bedeutet, aber Ana hatte ein Päckchen erhalten, am Tag vor ihrem Tod. Das habe ich Ihnen noch nicht erzählt. Es war ein Parfüm darin. Ich habe gedacht, dass sie es vielleicht im Internet bestellt hat und es erst lange nach ihrem Tod geöffnet, weil ich wissen wollte, ob ich eine Rechnung bezahlen muss oder es zurückschicken kann.«
    Victoria und Lucia Hernandez saßen auf einmal kerzengerade da. »Was für ein Parfüm? Haben Sie es noch?«
    Die Frau nickte und stand auf. »Es war kein Absender dabei, so dass ich nicht wusste, an wen ich es zurückschicken soll. Es steht jetzt in Anas Zimmer. Ich hole es.«
    Nur zwei Minuten später kam sie zurück. In der Hand hielt sie einen kleinen Flakon mit Parfüm. Es war Victorias Marke.
    »Das benötige ich«, sagte die Kommissarin und nahm der Gastgeberin das Fläschchen vorsichtig ab, um keine Fingerabdrücke zu verwischen. Dann steckte sie es in eine Tüte und in ihre Tasche. »Haben Sie die Verpackung auch noch?«
    »Nein, die habe ich weggeworfen. Von wem ist es?«
    »Das prüfen wir noch. Vielen Dank.«
    »Besitzen Sie ein aktuelles Bild Ihrer Tochter?«, mischte sich auf einmal Victoria ein. Im Wohnzimmer des Ehepaares hingen mehrere Bilderrahmen mit Fotos darin, aber die meisten waren mindestens zehn Jahre alt.
    »Ja. Ich hole es.«
    Dieses Mal stand Hector auf.
    »Haben Sie zufällig auch eines von ihren Füßen?«, fügte Victoria bittend hinzu.
    Erstaunt zog der Mann die Augenbrauen nach oben, nickte jedoch. Im Schrank an der Wand öffnete er eine Tür und holte eine Kiste mit technischen Geräten heraus: eine Digitalkamera, ein MP3-Player, ein iPad.
    »Die Sachen gehörten Ana, darauf sind einige Fotos gespeichert.«
    Er schaltete das iPad an und suchte in einem Ordner nach Fotos. Schließlich hatte er sie gefunden und reichte das Gerät Victoria.
    Ana war wirklich hübsch gewesen, mit langen, dunklen Haaren, vollen Lippen und leuchtenden Augen. Ein Bild zeigte sie am Strand mit Taucherbrille und Schnorchel. Ein anderes hatte sie von oben herab abgebildet, mit ein paar Muscheln in der Hand. Darauf waren auch ihre Füße deutlich zu sehen. Den linken Fuß zierte ein Fußkettchen.
    »Hat sie das immer getragen?«, fragte Victoria und versuchte, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen.
    »Ja, seitdem sie zehn war.«
    »Danke.«
    Victoria gab Hector das iPad zurück.
    »Bedeutet das etwas?«, wollte er wissen.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Victoria. »Vielleicht.«
    »Danke, dass Sie uns Ihre Zeit geopfert haben«, beendete die Kommissarin das Gespräch und erhob sich.
    »Wir tun alles, damit Sie das Schwein fassen können«, entgegnete Hector, und Rosaria nickte zustimmend.
    Dann verabschiedeten sich Lucia und Victoria und ließen die beiden wieder allein in ihrem Leid.
    »Was bedeutete das mit dem Fußkettchen?«, wollte die Kommissarin wissen, sobald sie mit der Deutschen wieder in der Sonne stand.
    »Ich habe eines getragen, als ich Ronald kennengelernt habe.«
    Die Kommissarin dachte nach. »Es muss nichts besagen, kann aber sehr wahrscheinlich doch von Bedeutung sein. Vielleicht fand er das Kettchen schön, sein Glitzern an Anas Füßen erinnerte ihn an Sie, deshalb hat er sie auserwählt und die Gliedmaßen abgetrennt. Das ist durchaus plausibel und nicht sonderlich weit hergeholt.«
    Victoria schluckte hart.

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