Der gefaehrliche Verehrer
Sogar das macht er gut, dachte sie angewidert.
Als sie nicht antwortete, stand er auf und putzte sich die Hände ab. So stur sie auch war, er war sicher, dass er den längeren Atem haben würde. »Wenn du lieber ins Bett gehen willst, es gibt oben vier Schlafzimmer. Ganz zu schweigen von der Veranda, auf der man auch schlafen kann, aber es ist noch ein wenig zu kühl, um das auszuprobieren.«
Sie wusste, dass er sich über sie lustig machte. Sie reckte das Kinn vor, packte ihre Tasche und marschierte die Treppe hinauf.
Es war schwer zu sagen, welches sein Zimmer war. Alle waren schön eingerichtet und einladend. Cilla wählte das kleinste. Obwohl sie es nur ungern zugab, war es bezaubernd mit seiner schrägen Decke, dem Bad mit den winzigen Fliesen und den Terrassentüren. Sie ließ die Tasche auf das schmale Bett fallen und sah nach, was ihre Schwester – Komplizin bei diesem Verbrechen – eingepackt hatte.
Der dicke weite Sweater und die Kordhose fanden Zustimmung, genau wie die festen Stiefel und Wollsocken. Die Tasche mit Toilettenartikeln und Kosmetika war ein Pluspunkt, auch wenn Cilla bezweifelte, dass sie Zeit mit Schminke und Parfum vergeuden würde. Anstelle ihres Bronco-Jerseys und des ausgefransten Chenille-Morgenmantels fand sie einen Hauch von schwarzer Seide mit einem passenden – und sehr durchsichtigen – Mantel. Ein Zettel lag bei.
»Ein paar Wochen verfrüht alles Gute zum Geburtstag.
Bis Montag!
In Liebe, Deborah.«
Cilla atmete tief aus. Ihre eigene Schwester, dachte sie. Ihre eigene kleine Schwester. Behutsam hielt sie die durchsichtige Seide hoch. Was hatte Deborah sich bloß dabei gedacht, so etwas einzupacken? Vielleicht blieb diese Frage am besten unbeantwortet. Dann schlief sie eben in dem dicken Sweater, aber sie konnte trotzdem nicht widerstehen, mit den Fingern über die schwarze Seide zu streichen.
Sie fühlte sich … nun ja, wundervoll an. Sie gönnte sich selten etwas so Unpraktisches. Ein kleiner Teil ihres Kleiderschranks war für Outfits wie jenem reserviert, das sie zu dem Klassentreffen getragen hatte. Das waren für sie aber mehr Kostümierungen als Kleider. Der Rest war praktisch und bequem.
Deborah hätte nicht so extravagant sein sollen. Aber das sah ihr ähnlich. Seufzend ließ Cilla die Seide durch ihre Hände gleiten.
Es konnte ja nichts schaden, es einmal anzuprobieren. Immerhin war es ein Geschenk. Und niemand würde es sehen.
Wärme begann aus den Lüftungsöffnungen zu strömen. Dankbar schlüpfte Cilla aus ihrem Mantel und streifte die Schuhe ab. Sie wollte sich ein heißes Bad in der hübschen frei stehenden Wanne gönnen, und dann wollte sie unter diese sehr bequem wirkende Quilt-Decke kriechen und schlafen.
Sie wollte es. Wirklich. Aber das heiße Wasser lullte sie ein. Das Päckchen mit Schaumbad, das Deborah eingepackt hatte, war unwiderstehlich gewesen. Jetzt war sie von Wohlgerüchen umhüllt. Sie döste beinahe dahinträumend ein, während das schaumige parfümierte Wasser über ihre Haut plätscherte.
Dann war da auch noch dieses Oberlicht über der Wanne, ein kleines Rechteck aus Glas, das einen Blick auf das Funkeln der Sterne erlaubte. Versöhnlich, dachte Cilla mit einem Seufzer und sank tiefer in die Wanne. Romantisch. Geradezu sündig besänftigend.
Vermutlich war es albern gewesen, die beiden Kerzen auf dem Fensterbrett anzuzünden, anstatt die Deckenlampe einzuschalten. Aber es war zu verlockend gewesen. Und während sie träumend im Wasser lag, trieb der Duft der Kerzen zu ihr.
Ich mache nur das Beste aus einer schlimmen Situation, versicherte sie sich, als sie sich träge aus der Wanne erhob. Sie löste ihr Haar und ließ es über die Schultern fallen, als sie in das Nachtgewand schlüpfte, das Deborah ihr geschenkt hatte.
Es hat so gut wie überhaupt kein Rückenteil, bemerkte sie, dafür einen albernen kleinen Volant, der kaum das Nötigste bedeckte. An der Vorderseite verschlangen sich dünne schimmernde Bänder kreuzweise und endeten in der Mitte in einer kleinen Schleife, genau unterhalb ihrer Brüste. Obwohl die Brüste kaum bedeckt waren, wurden sie von irgendeinem schlauen Geheimnis im Schnitt angehoben und wirkten voller.
Trotz ihrer besten Absichten fuhr sie mit einer Fingerspitze über die Bänder und malte sich aus, wie es wäre, wenn Boyd sie öffnen würde. Wie es wäre, wenn seine Finger über ihre Haut strichen, die sie soeben so verwöhnt hatte. Würde er langsam vorgehen, Band um Band, oder würde er einfach
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