Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)
es auf dem Hinweg zum Versammlungsort getan hatten. Auch die beiden, die sich offen gezeigt hatten, blieben langsam zurück.
»Was dich angeht«, nahm Josh den Faden wieder auf, »glaube ich nicht, dass der Rajan dich wirklich getötet hätte, nur weil du der Gefährte eines Phelan bist. Ich schätze ihn nicht als blutrünstigen Typen ein, aber das Recht dazu hätte er nach dem Gesetz des Rudels definitiv gehabt.«
Tristan starrte auf seine Füße, als sie sich weiter ihren Weg durch den Wald bahnten. »Der Gefährte des Rajan, Raul…«, begann er, »Mary hat seinen Namen erwähnt. Warum denkt sie, dass er Benjamin helfen würde?«
»Ich kenne nicht die ganze Geschichte, aber bevor Raul der Gefährte des Rajan wurde, war er mit Benjamin befreundet. Er hat eine Weile auf dem Anwesen gelebt.«
Tristans Neugier war geweckt – und verursachte gleichzeitig einen Stich der Eifersucht in seinem Herzen. Waren Benjamin und Raul ein Paar gewesen? Falls ja, wäre es eine mögliche Erklärung für Alex‘ Verhalten gegenüber Benjamin.
»Wie ist er dann bei Alex gelandet?«
»Ich bin nicht hundertprozentig sicher«, grübelte Josh. »Raul war ohne Erlaubnis auf dem Land des Rudels unterwegs und Benjamin hat ihm das Leben gerettet, indem er ihm Asyl angeboten hat.«
»Also war er gar kein Mitglied dieses Rudels?«
»Nein, er war der Beta – der Prinz – eines anderen Rudels, das südöstlich von hier lebt.«
Tristan seufzte. Joshs Erklärungen warfen nur noch mehr Fragen auf. Als die Bäume zunehmend weniger dicht beieinander standen, konnte er allmählich den See erkennen. Sie waren schon fast zu Hause.
Er musste Benjamin unbedingt nach Raul fragen. Ein künftiger Alpha, der seine Position als Prinz seines Rudels aufgab, nur um der Gefährte eines anderen zu werden, ergab doch keinen Sinn. Natürlich konnte man nicht planen oder steuern, wessen Gefährte ein Werwolf wurde, aber allein die Tatsache, dass Raul an einem Ort so fern von seinem eigenen Rudel aufgetaucht war, wirkte sehr verdächtig.
Über seine Grübeleien vergaß er, auf den Weg zu achten, stolperte über eine Wurzel und fiel auf die Knie. Josh half ihm wieder aufzustehen.
»Soll ich ihn für eine Weile tragen?«, fragte er und streichelte den schlafenden Wolf.
Tristan drückte den Wolf dichter an sich und vergrub seine Nase in dem weichen, dunklen Fell. »Nein, so schwer ist er nicht. Er hat einiges an Gewicht verloren.« Er verschwieg, dass er durch seine Berührung stärkende und heilende Kräfte in den bewusstlosen Wolf sandte.
»Also, was versuchen wir als Nächstes?«
Die Frage überraschte Tristan. Er blickte zur Seite und sah Joshs ernsten Gesichtsausdruck in dem Streifen Mondlicht, der durch die Bäume zu Boden sickerte. Mit dem Rudel zu sprechen hatte nicht geholfen, aber Josh war offensichtlich bereit, sofort etwas Neues auszuprobieren.
Tristan lächelte. Joshs Zuversicht gab auch ihm neue Hoffnung. »Ich bin mir nicht sicher. Aber dass wir Benjamin und den Wolf am selben Ort zusammen bringen, ist vielleicht schon ein Anfang. Möglicherweise kann ich meinen Zauber rückgängig machen, ohne sie dabei wieder zu verfluchen.«
Tristan spürte, dass die Wächter mehrere Meter vor dem Ende des Waldes stehen blieben. Die Grenze zwischen den beiden Gebieten war offenbar sehr klar definiert. Er widerstand der Versuchung, ihnen zu danken – für gar nichts. Den Wolf ein Stückchen höher hebend, trat er aus dem Wald heraus.
***
Will starrte immer noch in die Nacht hinaus. Mary war in die Küche gegangen und mit einem Tablett voller Sandwiches, einem Körbchen mit Apfeltaschen und einer Kanne Kaffee zurückgekehrt. Er war jedoch zu abgelenkt, um etwas zu essen. Über den atlantischen Ozean hinweg hatte er mit Tristan Kontakt aufnehmen können, aber jetzt, wo er hier war, funktionierte es nicht mehr. Etwas stimmte absolut nicht und das machte ihn nervös.
»Sagen Sie mir nicht, dass ich jetzt noch jemanden zum Essen überreden muss«, ärgerte sich Mary. »Seit Benjamin krank ist, musste ich Tristan immer schon dazu zwingen. Dabei war der Junge sowieso schon so dünn, als er hier ankam, und Sie sind kein Stück besser.«
Der Gedanke daran, dass jemand Tristan zum Essen zwingen musste, brachte Will zum Lächeln. In seiner Erinnerung sah er seinen sechsjährigen Bruder vor sich, der seine Lippen fest zusammenpresste, weil Gram ihm Spinat verabreichen wollte.
Im nächsten Moment wurde er von der plötzlich aufwallenden Energie seines
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