Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)
Kopf des großen schwarzen Wolfes.
»Master Benjamin!«, stieß Mary hervor. Ihr Blick wanderte von dem Mann, der seit über einer Woche das Bett nicht verlassen hatte, zu dem Durcheinander auf dem Küchenboden.
Der Wolf beschloss, das Problem kurzerhand auf seine eigene Art zu lösen: Er sprang vor und verschlang die Würstchen, so schnell er konnte, ehe er auch das Fett aufleckte.
Mary lächelte. »Offenbar geht es ihm auch besser. Letzte Nacht hat er kaum was von der Fleischbrühe runterbekommen.«
Mit einem leisen Lachen ließ sich Benjamin in einen Stuhl sinken. Die Tatsache, dass sein Wolf bei ihm war, hatte ihn stärker werden lassen, aber er war noch lange nicht wieder gesund und der weite Weg die Stufen hinunter hatte ihn ermüdet. Seine Beine zitterten von der kurzen Anstrengung.
»Scheint so, als hätte er sich unser Frühstück geschnappt. Glauben Sie, es gibt noch was für uns langsamere Menschen, Mary?«, neckte er sie.
»Aber natürlich, Sir, ist mir ein Vergnügen.« Geschäftig werkelte Mary in der Küche herum, holte weitere Würstchen aus dem Kühlschrank, um sie zu braten, während sie in einer anderen Pfanne Rührei zubereitete und dicke Scheiben selbstgebackenes Brot in den Toaster schob.
Tristan konnte sie leise vor sich hinsummen hören, während sie arbeitete. Die Aura um ihren Körper glühte und verriet eine Freude, die man selbst aus zwei Meter Entfernung noch spüren konnte. Er lehnte sich über Benjamins Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: »Du hast ihr die ganze Woche versüßt, weißt du das? Gleich zwei auf einmal, die wieder aufgepäppelt werden müssen. Ich prophezeie, dass wir binnen zwanzig Minuten genug Essen auf diesem Tisch haben werden, dass er zusammenbricht.«
Benjamin lächelte und schmiegte seine Wange an Tristans. »Wenn sie uns fertig gefüttert hat, werde ich so schwer sein, dass ich mich nicht mehr die Treppe hoch schleppen kann.«
Der Wolf beendete seine Mahlzeit und ließ einen saubergeleckten Boden zurück. Er duckte sich unter den Tisch, um sich auf Benjamins Füßen zusammenzurollen. Seit Tristan ihn letzte Nacht hergebracht hatte, suchte er ständig den Körperkontakt mit Benjamin. Wenn es sich einrichten ließ, versuchte er eine Position zu finden, in der er sowohl Benjamin als auch Tristan berühren konnte.
Seufzend vergrub Benjamin seine nackten Zehen in das warme Fell, als Will in der Tür erschien, die nach hinten raus führte. Seine Wangen waren von der kühlen Morgenluft gerötet, einige Haarsträhnen hatten sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst und umspielten sein Gesicht in wilden, dunklen Locken.
»Rieche ich da etwa Würstchen?«, fragte er gut gelaunt und drückte Mary einen Kuss auf die Wange, was ihm ein Kichern und einen kleinen Klaps einbrachte.
»Ja, aber das war, bevor der Wolf sie zwischen die Zähne gekriegt hat«, lachte Tristan.
Demonstrativ bedachte Will das Tier unter dem Tisch mit einem grimmigen Blick. »Mach nur weiter so, Fellknäuel, und du wirst wieder in den Wald verbannt.« Er ließ sich in den Stuhl gegenüber Benjamin fallen, verschränkte die Hände vor dem Bauch und erklärte: »Ich habe nachgedacht.«
»Was bei dir selten eine gute Idee ist«, stichelte Tristan und rückte mit seinem Stuhl näher an Benjamin heran, der bereitwillig einen Arm um seine Schultern legte.
»Halt die Klappe. Willst du den genialen Plan hören, der mir eingefallen ist, oder nicht?«, fragte Will.
»Natürlich wollen wir ihn hören«, antwortete Benjamin. Er war ohnehin ziemlich neugierig auf Wills Sicht der Dinge.
»So wie ich es sehe, müssen wir zwei verschiedene Dinge beachten. Erstens: Du hattest ein spirituelles Tier in dir, deinen Wolf. Als Tristan den Exorzismus durchgeführt hat, hat er den Wolf in einen eigenen Körper gebannt, aber ihr teilt noch immer ein und dieselbe Seele. Das ist der Grund, weshalb ihr beide unter der Trennung gelitten habt, aber jetzt, wo ihr euch körperlich nahe seid, seid ihr auch wieder etwas stärker.
Der zweite Teil ist ein wenig komplizierter. Der Fluch hat dich verändert, hat dich zu einem Werwolf gemacht. Das ist etwas anderes, als nur ein spirituelles Tierwesen in sich zu haben. Es bedeutet, dass man seine Eigenschaften teilt und seine Gestalt wechseln kann. Dieser Teil von dir hat sich erst verändert, als der Fluch gebrochen wurde. Ich denke, Tristan hat recht mit dem, was er gesagt hat. Eure Liebe hat diesen Fluch gebrochen.« Will stand auf und ging zur Anrichte, um sich eine Tasse
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