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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht eine ehrbare Mutter und Hausfrau werden?«
    Wer ihn so hörte, betrachtete Hadschar als einen Wohltäter der armen Mädchen.
    »Komm mit –«, sagte er jetzt zu Saada, die bockig neben ihm stand. »Ich will dir auch noch etwas anderes zeigen.«
    Er führte sie über viele Treppen und Flure wie durch ein Labyrinth in ein Zimmer, das wie ein Büro aussah. Dort öffnete er einen Panzerschrank und entnahm ihm ein Kuvert mit Fotos.
    »Sieh sie dir an!« sagte er und setzte sich. »Es war deine Vorgängerin, die schöne Fatma. Sie war wirklich schön –«
    Schon das erste Bild ließ Saada erstarren. Es zeigte ein wunderbar gewachsenes Mädchen, dunkelhäutig, mit einer Haut wie Seide. Ein Körper wie aus der Vision eines verliebten Malers … aber das schmale, stolze Gesicht war entstellt, breite Streifen hatten beide Wangen aufgeschlitzt, das Blut lief in Bächen über Schultern und Brüste.
    »Mit einem Rasiermesser«, erklärte Hadschar gemütlich. »Es werden Narben, die nie vergehen. Fatma weigerte sich, mit Hussein zu schlafen. Zugegeben, Hussein ist ein Schwein. Er ist alt und stinkt, aber er ist reich. Als Mensch konnte ich Fatma verstehen, aber nicht als meine Angestellte. Ungehorsam breche ich! Und ich mußte ihn auch bei Fatma brechen.«
    »Du Hund!« knirschte Saada. Sie zerknüllte das Foto in ihrer Hand und schleuderte es Hadschar in das dicke Gesicht. »Du Krüppel von einem Hund! Ich habe keine Angst vor deinem Rasiermesser! Jeden Schrei, den ich ausstoße, wirst du eines Tages wiederholen! Und ich werde daneben stehen und jeden Schrei mit einem Jauchzen begrüßen.«
    »Das sind fromme Wünsche.« Hadschar warf das zerknüllte Foto in den Papierkorb. Er hatte noch mehr davon … sie waren immer das letzte Mittel, störrische Mädchen davon zu überzeugen, daß das Paradies gleich neben der Hölle liegt, etwas, das Mohammed verschwiegen hat. »Ich mahne dich zum letztenmal zur Vernunft, Saada. Ich habe ein Vermögen für dich bezahlt, aber ich werfe dieses Vermögen auch mit der gleichen Ruhe weg, wenn es den Gang der Dinge hemmt. Du verstehst mich?«
    »Genau!« Saada warf die langen Haare in den Nacken. Ihre Augen funkelten wie bei einem Tiger. »Wo hast du dein Messer?«
    Hadschar zog den kugeligen Kopf zwischen die Schultern.
    »Warum?« fragte er dumm zurück.
    »Du kannst mit dem Aufschlitzen der Wangen beginnen. Ich werde nie, nie vor deinen Gästen tanzen –«
    Mut ist etwas Seltenes … meist zerbricht er an der Verzweiflung oder am Schmerz.
    Auch Saada erging es nicht anders, als der Abend ihres ersten Auftritts gekommen war. Was sie nicht wußte, waren die großen propagandistischen Vorbereitungen, die Hadschar getroffen hatte. Er hatte von Saada heimlich Fotos anfertigen lassen, mit Kameras, die sie nicht gesehen hatte. Aber sie hielten alle ihre Bewegungen fest … ihr Aus- und Anziehen, ihr Baden, ihr Kämmen, ihre intimsten Stunden, und es waren Fotos, die Hadschar selbst mit einer Wonne betrachtete, die ihm sonst fremd war. Diese Bilder hingen in keinem seiner Schaukästen, sondern er zeigte sie selbst an den Tischen herum wie verbotene, schweinische Fotos. Er nannte auch keinen Namen, sondern sammelte ohne große Worte Vorbestellungen auf Saada.
    »Morgen wird sie tanzen«, sagte er bloß. »Es ist wie in einer Lotterie, Freunde. Gebt eure Stimme ab, ich werde sie mit den anderen mischen und dann auslosen. Eine solche Frau verkauft man nicht für lumpige Dinare! Eine solche Frau will erobert sein vom Glück!«
    Aber Hadschar wäre kein Halunke gewesen, wenn er nicht doch auf die Dinare gesehen hätte. Sieger in der Lotterie wurde der steinreiche Bauunternehmer Amar ben Fezzan, ein schöner Mann mit Spitzbart, der Hadschar nicht nur sein Los, sondern auch 500 Dinare in die Tasche schob. Bei diesem Preis weiß Fortuna im voraus, wer gewinnt.
    »Du Glücklicher!« rief Hadschar nach der Verlosung und umarmte Amar ben Fezzan. »Morgen ziehst du ein in das Paradies.«
    Nun war der Abend gekommen, und die beiden ›Hausdamen‹ Hadschars, so vornehm ging es bei ihm zu, daß er die Wärterinnen Hausdamen nannte – hatten Saada eingekleidet.
    Man hatte sie ganz ausgezogen, in einem Bad, dessen Wasser nach Rosen duftete, gebadet und dann mit einer stark nach süßen Blüten riechenden Salbe eingerieben. Dann brachte man die Gewänder, goldbestickte Seiden, geschnitten im Stil der alten orientalischen Märchen; Ketten aus echtem Gold und mit schweren Goldmünzen, die das Kleid wie hundert

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