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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nun liegt er seit einer Woche herum und kotzt und wird immer dünner. Da wurde es Navrimont unheimlich. Ein dünner Serrat … da geht ja die Welt unter. Es tut mir leid … ihr müßt sofort weiter zum Camp. Morgen fliegt ihr wieder zurück … und dann beginnen die Flitterwochen.« Blétioth hob Cathérine in den Hubschrauber und hielt Dr. Bender zurück. »Bist du verrückt?« sagte er leise. »Gibt es keinen anderen Platz für Ehepaare als dieses Mistland? Wir haben vierundzwanzig neue Hadjar-Fälle –«
    »Was?« Bender fuhr herum. »Davon weiß man in Algier gar nichts!«
    »Wir haben auch die Schnauze gehalten, weil es immer hieß, du kommst zurück. Aber keiner glaubte daran. Nun bist du da, und wir werden nächste Woche einen fröhlichen Abend in Hassi veranstalten, mit einer Verlosung. Erster Preis: Besichtigung eines Vollidioten. Und da stellen wir dich auf! Bis morgen –«
    Bis morgen … es wurde nichts daraus.
    Auf dem großen Platz in Camp XI stand Ingenieur de Navrimont allein und winkte, als der Hubschrauber niederschwebte. Die Schichten waren an den Bohrtürmen, die Nachtschicht schlief noch. Nur in der Küchenbaracke war schon Betrieb … dort rauchte der Kamin. Fetter, dunkler Qualm. Rohöl. Man hatte ja genug davon.
    »Willkommen –«, sagte Navrimont und umarmte Bender und Cathérine. »So versoffen ich meinen Geist auch habe … ich habe gewußt, daß Sie wiederkommen. Fragen Sie mich nicht, warum. Man spürt so etwas. Auch wenn es gegen alle Logik ist … aber die Wüste frißt auch die Logik.«
    Sie gingen durch den Sand zur Krankenbaracke, über der wieder die zerfetzte Fahne mit dem Roten Kreuz wehte. Am Fenster der Schreibstube stand der kleine Ungar Molnar und grinste breit und glücklich.
    »Wie geht es Serrat?« fragte Bender.
    »Gut –«, antwortete Navrimont kurz.
    »Das freut mich.«
    »Er ist tot.«
    Bender blieb ruckartig stehen. »Wann?«
    »Vor einer Stunde. Es mußte so sein … es war schrecklich, wie er sich auflöste … er floß weg in Blut, Kot und einer schwarzen, bestialisch stinkenden Soße. Sie erkennen ihn kaum wieder, Doktor … er ist schmal wie ein Jüngling. Völlig fremd.«
    Dr. Bender und Cathérine betraten allein die Krankenbaracke. Navrimont blieb zurück … er konnte den Gestank, den Serrat im ganzen Haus hinterließ, nicht mehr ertragen.
    Serrat lag im Zimmer 2. Allein, lang hingestreckt auf einem Bett, über das man zwei Gummimatten gezogen hatte. Er hatte die Hände über der Brust gefaltet und sah wirklich wie ein Junge aus. Bevor der Tod ihn erlöste, mußte er Schreckliches durchgestanden haben. Im Zimmer lag ein Geruch wie aus einer Kloake.
    »Die Hadjar-Krankheit«, sagte Bender leise und schob Cathérine aus dem Zimmer. »Es ist wie damals, als ich ankam … ich fange wieder von vorn an.«
    »Aber jetzt ist es anders.« Sie lehnte sich an ihn und legte den Arm um seinen Rücken. »Damals wünschten wir dich in die Hölle … jetzt bin ich bei dir, und Gnade Gott dem, der dich auch nur schief ansieht …«
    »Du würdest ihn erschießen.«
    »Sofort.«
    »Das wird ein Massenmord.«
    »Die Wüste wird auch das ertragen –«
    Sie kamen aus dem Haus und trafen Navrimont, der an der Verwaltungsbaracke schon mit einer Flasche lauerte. Es war unmöglich, den Willkommenstrunk zu umgehen … Navrimont freute sich wie ein Kind, das ein guter Onkel besucht.
    Als die Nacht über die Wüste fiel, ohne lange Dämmerung, ohne Abschied von dem Tag, denn plötzlich wird der Himmel fahl, dann dunkel, dann klar und mit Sternen übersät, und die Kälte bricht herein, die Hyänen klagen von Bou Akbir her, die Geier auf den Barackendächern schlagen mit den Flügeln, von den fündigen Bohrtürmen III und V leuchten die Flammen des brennenden Erdgases, und die Dünen der Wüste sind silberüberhauchte Berge, schön geschwungen wie Brüste von Riesenweibern, und man spürt, wie wahr es ist, von der Mutter Erde zu sprechen … als diese Nacht kam, in der die Sahara zu einer großen Wiege wird, saßen Bender und Cathérine wie damals auf der Bank vor dem Haus und blickten über die Wüste, die ›Große Schweigende‹, wie der Araber sie nennt.
    »Saada ist in El Goléa –«, sagte Bender plötzlich.
    »Ich weiß.« Cathérine lächelte ihn an. »Navrimont hat es auch mir gesagt, sofort, als ich allein war.«
    »Sie ist bei ihrer Tante und soll den Sohn des reichsten Händlers von El Goléa heiraten.«
    Dann schwiegen sie wieder und sahen hinauf in die Sterne, die

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