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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tränen rannen ihr über die Schminke und lösten die schwarzen Augenumrandungen auf, zwei schwarze Bäche flossen ihr über die Wangen zum Mund und zerstörten das Ebenmaß ihres Gesichts.
    Dort sitzt er, dachte sie. Amar ben Fezzan. Er hat für mich bezahlt. Ein Stück Ware bin ich jetzt, für ein paar Dinare ausgeliehen wie eine Wasserpfeife. O mein Liebster, mein weißer Doktor … das ist das Ende unserer Liebe. Ich werde unter den Leibern anderer, fremder Männer liegen, ihre schweißigen Hände ertragen und dann ein paar Scheine mit dem entweihten Schoß auffangen, Trinkgeld für eine Verdurstende. O mein Liebster, ich werde dich nie, nie mehr lieben können. Mein Leib wird zu einem Sumpf werden …
    Sie tanzte weiter, mit eckigen Bewegungen, und betrachtete den großen schlanken Mann neben Hadschar. Er sah nicht aus, als ob er Mitleid kannte.
    Amar ben Fezzan sah genau, daß Saada weinte. Er saß ganz nahe an der Bühne und erlebte das Entstehen der schwarzen Bahnen über ihre Wangen. Auch Hadschar sah es natürlich und nahm sich vor, Saada bei nächster Gelegenheit mit der Peitsche zu erziehen.
    »Vierzigtausend«, sagte Fezzan plötzlich. Hadschar zuckte zusammen. Die Zahl kam zu plötzlich und vor allem ungeahnt.
    »Was vierzigtausend?« fragte er zurück.
    »Für sie. Ich kaufe sie dir ab.«
    Hadschars Gesicht wurde zu einem glänzenden Mond. Er will sie ganz haben, dachte er glückselig. Wenn Fezzan so etwas bietet, habe ich den Kauf meines Lebens getan. Laß dich umarmen, ferner Jussuf ben Rahman!
    »Sie ist unverkäuflich«, sagte er leise. Seine Stimme bebte dabei.
    »Alles ist käuflich. Sechzigtausend.«
    »Nicht für Hunderttausend.«
    »Gut. Du sagst es, Ali. Hunderttausend.«
    »Ich sage gar nichts!« Ali sprang auf. »Ich verkaufe sie nicht! Man verhökert keine Wunder, und sie ist ein Wunder!«
    Amar ben Fezzan erhob sich abrupt. »Man sollte darüber in Ruhe sprechen, Ali«, sagte er und legte Hadschar seine Hand auf die Schulter. »Es gibt gute Wunder, und es gibt böse Wunder. Das hier ist für dich ein böses Wunder, glaube es mir.«
    »Sie ist ein Wunder der Houris im Paradies«, widersprach Hadschar. »Allah hat ein Auge auf mich geworfen.«
    »Ein Auge, das dich zermalmt!«
    Hadschar begriff langsam. Er wurde ernst und steckte die Hände in die Taschen seines Maßanzuges. In der rechten Tasche umfaßte er den Kolben eines kleinen Brownings. »Soll das eine Drohung sein?«
    »Freunde sollten sich helfen.« Fezzan blieb an der Tür des Saales stehen und blickte zur Bühne zurück. Noch immer bewegte sich Saada hin und her, ein weinendes, verstörtes Wesen im Wirbel von Scheinwerferlicht. »Ich will dir helfen zu überleben, Ali. Weißt du, wie ein Mensch aussieht, der unter flüssigem Beton begraben wird?«
    »Es kommt darauf an, wer schneller von uns beiden ist.«
    »Ich, mein liebster Ali. Sieh dich um.« Hadschar fuhr herum. An der Bar, neben den Türen, vor dem Orchester lehnten gut gekleidete, fast vornehme Herren an der Wand und blinzelten ihm zu. Fezzan lächelte mild.
    »Du bist ein Schuft!« knirschte Hadschar. »Aber auch ich habe zehn Männer herumstehen.«
    »Vier, mein Guter. Sechs habe ich vorhin gekauft.« Fezzan legte wieder den Arm um Hadschar, als sei er sein bester Freund. »Ärgere dich nicht«, sagte er dabei. »Ich habe ihr Bild gesehen, und es fiel Feuer in mein Herz. Weißt du, was das bedeutet, wenn das Herz eines Fezzan brennt? Hunderttausend, ein ehrliches Geschäft … oder dein Fuchsbau wird ausgeräuchert, wie es ihm zukommt! Ich gehe nicht von deiner Seite, bis wir uns einig sind.«
    »Allah verfluche dich!« stammelte Hadschar. Er spürte die Todesangst in seinem Nacken. Er kannte Fezzans unüberwindliche Kälte. »Selbst die Hölle soll dich ausspucken!«
    »Sie wird es, mein Freund, ich bin unverdaulich.« Er verstärkte den Druck seiner Finger auf Hadschars Schulter. Die Fingernägel gruben sich durch den Anzugstoff in das Fleisch. »Gehen wir zu ihr, nicht wahr?« sagte er leise. »Wie heißt sie?«
    »Saada –«, keuchte Hadschar. Er sah sich hilfesuchend um, aber wo er hinblickte, erkannte er nur die Leute Fezzans. Sie kamen hinter die Bühne, und Hadschar lehnte sich zitternd an die Wand. »Du bist kein Mörder, Amar«, stammelte er. »Denk doch darüber nach … für eine Frau morden, das ist das Widersinnigste überhaupt.«
    »Saada ist ein Wunder, du hast es selbst gesagt.« Fezzan gab Hadschar einen Stoß. »Wunder erlebt der Mensch nicht mehr

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