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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie immer noch den Glauben an den Menschen haben. Das ist ein Luxus, an dem Sie noch zugrunde gehen wie andere am Roulett oder an einer teuren schönen Frau. Der Mensch ist ein Stück Dreck … merken Sie sich das.«
    Er gab Bender einen mächtigen Stoß, der Arzt flog zwischen die Tischreihen des Cafés, Stühle und Geschirr klirrten auf das Pflaster, zwei Kellner erschienen und rissen Bender hoch und schleppten ihn in das Lokal. Im Nu war er umgeben von schreienden, gestikulierenden Algeriern, die ihn an den Ärmeln rissen, bespuckten und bedrohten. Erst ein Polizist, der unter den Kolonnaden gestanden hatte und durch den Lärm herangelockt wurde, befreite Bender aus der schreienden Menge und nahm ihn mit zum nächsten Revier. Serrat war längst in den Gassen untergetaucht … noch im Fallen hatte Bender gesehen, daß er die Richtung zur Kasbah nahm, zu dem uralten Viertel Algiers, in dessen miteinander verschachtelten Häusern ein Mensch sicherer war als ein Fuchs in seinem Bau.
    »Zu Ihnen wollte ich«, sagte Bender, als er dem Polizeikommissar der großen Wache am Hafen gegenübersaß. »Ich höre, Sie sprechen gut französisch. Lassen Sie mich alles der Reihe nach erzählen … Sie werden es sonst nicht begreifen –«
    Von dieser Stunde an wurde Dr. Bender weitergereicht wie ein besonders erfolgreiches Call-Girl. Nur ging ihm nicht der Ruf besonderer Liebeslust voraus, sondern der Geruch eines Menschen, der überall nur Mühe, Arbeit und Unbequemlichkeiten macht. Aber es war notwendig, ihn anzuhören, denn schließlich war Algerien jetzt ein geordneter, demokratischer Staat.
    Dr. Bender durchlief alle Instanzen einer perfekten Verwaltung, die ihm geradezu erschreckend deutsch vorkam. Wie in der Heimat war keiner, dem er die Geschichte Saadas erzählte, zuständig, so wie es kaum einen Beamten gibt, der sich für unangenehme Dinge kompetent erklärt. Es war ein Weg quer durch Algier, den Bender an diesem Tag zurücklegte. Von der Polizeiwache am Hafen zur Polizeikommandantur, von der Kommandantur zur Staatsanwaltschaft, von dort zu einem Ministerialrat, der sich Notizen machte, in der kehligen Sprache der Araber mit jemandem durchs Telefon sprach und Bender weiterreichte an einen Ministerialdirektor. Auch dieser hörte sich alles an, telefonierte und brachte Bender in ein Zimmer, in dem zwei hohe Offiziere und ein schmaler, kleiner Mann auf ihn warteten. Den kleinen Mann nannte man Minister. Bender war bereits so müde, daß es ihm gleichgültig war, welcher Minister es war. Er sank auf einen rot gepolsterten Stuhl und rief flehend:
    »Jetzt erzähle ich die Sache zum neuntenmal! Begreift denn das keiner? In Algerien wurde ein Mädchen auf einem Sklavenmarkt verkauft –«
    »In Tunis, monsieur«, sagte der kleine Minister steif.
    »Von algerischen Händlern.«
    »Das werden wir nachprüfen. Einheiten der Luftwaffe sind bereits unterwegs nach El Oued. Auch wird der Scheich Ali ben Achmed im Hospital verhört. Stellt es sich heraus, daß Ihre Anzeige wahr ist, werden wir alles tun, um diesen Lumpen das Handwerk zu legen.«
    »Und Saada? Wer sucht Saada?« Bender sprang auf. Er erkannte plötzlich, daß Saada hier gar nicht so wichtig war, daß keinen ihr Schicksal rührte, daß es nur um die Jagd nach diesem rätselhaften Jussuf ben Rahman ging.
    »Das ist eine schicksalshafte Frage.« Einer der Offiziere trat an Dr. Bender heran. »Wie wollen Sie ein Mädchen suchen und finden, das bereits verkauft worden ist? Wenn es sich nicht von allein meldet, werden wir nie mehr etwas von ihm hören. Auch wenn wir Rahman finden … er kann immer sagen, er wüßte die Namen seines Käufers nicht, was auch meistens der Fall ist. Von der Stunde an, wo Saada verkauft wurde, erlischt sie für uns alle wie eine ausgeblasene Kerze. Wo, monsieur, wollen Sie suchen? Verraten Sie uns das.«
    »Von Matmahira aus –« Bender wischte sich über das Gesicht; es war überzogen mit kaltem Schweiß. »Jemand muß sie doch gesehen haben –«
    »Jemand –« Der Offizier lächelte schief. »Finden Sie diesen Jemand erst einmal! Wir sind hier nicht in Europa, wo man durch Radio und Fernsehen suchen kann, wo die Zeitungen Aufrufe bringen. Die Bauern und Viehtreiber an der Grenze werden lieber hundertmal zu Allah beten, als ein Wort der Polizei aussagen. Ihr Jemand, monsieur, bleibt ein Phantom –«
    »Und Pierre Serrat?«
    »Den haben wir schnell. Alle unsere Spitzel in der Kasbah sind alarmiert. Glauben Sie nicht, wir hätten in den

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