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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verzog, standen Ingenieur de Navrimont und ein fremder Mann im Sand und husteten; de Navrimont war schlechtester Laune. Er war um seine morgendliche Flasche gekommen, verspürte einen ungeheuren Brand im Hals und im Magen, gegen den der brennende Ölturm ein Feuerchen fürs Indianerspiel war, und trank gegen diese ekelhafte Trockenheit Fruchtsaft, was ihn bei jedem Schluck durchschüttelte. Aber der Besuch aus Ouargla war zu explosiv, um sich an den Schnaps zu schleichen.
    »Leute, das ist Oberingenieur Brennot.« Alain de Navrimont machte eine vorstellende Handbewegung. »Und das ist nun der Mist, monsieur.« Er nickte zu der gewaltigen Rauchwolke, durch die die Flammen zuckten und in der der Stahlturm glühte, als sei er aus rotem Glas.
    »Wir werden uns das genau ansehen«, sagte Oberingenieur Brennot und blickte in die Runde. »Mir ist nur unverständlich, wie das passieren konnte. Wir stehen alle vor einem Rätsel. Mit der Regierung haben wir das beste Einvernehmen, die einzelnen Berberstämme sind friedlich wie nie zuvor, extremistische Gruppen richten sich gegen die Regierung, aber niemals gegen das Öl. Jeder weiß hier: Öl bedeutet Reichtum! Was hier geschehen ist, ist völlig widersinnig.«
    »Aber der Turm brennt«, sagte de Navrimont überflüssig. »Und es waren Berber, die uns überfielen. Saubande!«
    Ein Glas Pernod, dachte er dabei. Nur ein Gläschen. Einen Hauch von Pernod, wie das Parfüm einer schönen Frau. O Himmel, und wenn ich nur die Zunge hineinhängen kann … wie soll ich mit Fruchtsaft meinen Brand löschen?
    Dr. Bender war zurückgerannt in die Baracke. Im behelfsmäßigen Operationssaal regierte bereits Cathérine. Er hörte sie schon vor dem Haus … sie kommandierte ihre Helfer und gebrauchte dabei Ausdrücke, die nicht in einen zarten Mund gehörten. Aber man war's von ihr gewöhnt und wunderte sich nicht mehr darüber.
    Doch als Bender ins Zimmer kam, veränderte sie sich plötzlich. Ihre Stimme wurde freundlicher, die Kraftausdrücke unterblieben. Sie sagte sogar: »Watteau, geben Sie mir bitte ein Handtuch herüber –«
    Bitte! Cathérine sagte bitte!
    Henry Watteau sperrte den Mund auf und gehorchte verwirrt.
    Nach zehn Minuten war der Narkoseapparat einsatzbereit. Cathérine hockte auf einem Schemel vor dem Kopf Luigis, hatte seine Zunge mit einer Klammer herausgezogen und an ein Tuch geklemmt, damit er nicht erstickte, und gab nun mit einer Ruhe, als täte sie das immer, die Narkose. Dr. Bender kontrollierte die Reflexe Luigis, horchte das Herz ab und fühlte den Puls. Luigi reagierte nicht mehr auf äußere Reize, er lag in vollkommener Betäubung.
    »Los denn!« sagte Dr. Bender. Er pinselte das Gebiet des Einschusses mit Jod ein und griff dann nach dem Skalpell.
    »Ich bin gespannt«, sagte Cathérine in diesem Augenblick. Das Skalpell zuckte vom Rücken Luigis zurück.
    »Worauf?« Dr. Bender sah hinunter zu Cathérine. Sie manipulierte mit Luigis Zunge, die immer wieder aus der Klammer rutschte.
    »Wie Sie operieren. Der alte Doktor vor Ihnen sagte immer: ›Ganz gleich, wie man den Körper offenkriegt … Hauptsache, man hat ihn offen.‹ So war's auch. Es sah manchmal aus, als kratze er Fleisch von einem Kotelett.«
    »Vielleicht mache ich's auch so –«
    Dr. Bender beugte sich über Luigis Rücken und machte den ersten Schnitt quer durch den Einschuß. Der Sanitäter reichte ihm Tupfer, die mit einem blutstillenden Mittel getränkt waren.
    Eine halbe Stunde dauerte die Operation. Die Kugel hatte sich in der Schale des Schulterblattes festgesetzt, und Bender mußte das Knochenloch mit dem kleinen Meißel erweitern, um das Projektil endlich herauszuholen. Dann säuberte er die Wunde, streute Penicillinpuder hinein und begann, sie wieder zu vernähen.
    Wortlos, mit Augen, die einem bettelnden Hund gehören konnten, sah ihm Cathérine zu.
    Welche Hände, dachte sie. Wie elegant sie arbeiten, wie leicht, wie technisch perfekt. Mit welcher Sicherheit das alles geht, leise, eine Bewegung in die andere greifend.
    Herrliche, männliche Hände.
    Kunstwerke der Natur.
    Sie senkte den Blick, sah auf den roh gehobelten Holzboden und zwang sich, nicht schneller zu atmen.
    Auf diese Hände würde ich nicht schießen, wenn sie nach mir greifen. Auf diese Hände nicht.
    Wie wunderbar muß es sein, wenn sie streicheln –
    »Noch einen Faden –«, hörte sie Dr. Bender sagen.
    Sie fuhr hoch, erwachte wie aus einem Traum und kümmerte sich wieder um die zuckende, heraushängende Zunge

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