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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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da, nur zwei Meter vom Tisch entfernt.
    »Begreifst du das denn nicht, du verdammtes Luder?« knurrte er. Er blinzelte ihr zu, und beide dachten in diesem Augenblick an den unglücklichen Bob Miller, der in seinem versteckten Grabe im Wüstensand verdorrte. Du bist mitschuldig, hieß das Grinsen Serrats. Du hast den Toten nicht gemeldet, obgleich das deine Aufgabe als Leiterin der Sanitätsstation war. Du hast den Mund gehalten, als wir ihn verscharrten. Du bist nicht anders als wir, du gehörst zu uns … auch wenn du jetzt das große Jucken hast, sobald du an den jungen Doktor denkst. Cathérine – du bist ein Teil der Wüste! Du bist verdammt wie wir!
    Sie verstand den Blick Serrats und hielt die Pistole ungerührt weiter in Richtung seiner Stirn.
    Ob sie wirklich schießt, dachte er. Wenn ich noch einen Schritt mache, wenn ich diesen Idioten von Idealisten an dem Kragen packe und aus dem Fenster werfe … ob sie schießt?
    Serrat zögerte. Seine Fäuste hieben gegen seine dicken Schenkel. Er senkte den Kopf, und der Lauf der Pistole lief mit.
    Oh, du Hure, dachte er. Du kriegst es fertig und machst mir ein Loch in die Stirn.
    »Gib den stinkenden Kadaver her –«, knurrte er, und seine Bärenaugen sahen kalt auf Dr. Bender. »Wozu diese Schwierigkeiten? Hier geschieht, was ich will! Du kannst dir die Arbeit sparen, Doktor … leg dich lieber ins kalte Wasser und erhol dich. Was du jetzt da aus dem Kerl 'rausholst, wird nie jemand erfahren. Dafür sorge ich! Los, roll ihn vom Tisch –«
    Dr. Bender schüttelte den Kopf. Er wußte nicht, daß Cathérine hinter ihm mit der Pistole stand, und er drehte sich auch nicht nach ihr um, denn diesen Augenblick hätte Serrat zu einem Sprung ausgenutzt. Er hob nur sein Skalpell, als Serrat die Arme vorstreckte.
    »Bleiben Sie dort stehen, wo Sie sind, Pierre!« sagte er hart. »Ich wehre mich … mit diesem Messer …«
    Serrat lächelte böse. »Damit können Sie Apfelsinen schälen, aber mich nicht erschrecken.«
    »Mag sein … aber mit diesem Messerchen habe ich den Bauch Abdallahs geöffnet. An ihm klebt Leichengift. Wissen Sie, was das bedeutet, Pierre? Ein Schnitt nur, ein Ritz in Ihre Haut, und Sie kann keiner mehr retten. Nicht hier in der Wüste … und ehe Sie in Algier sind, ist es zu spät.« Dr. Bender hielt das Skalpell Serrat vor die Nase. »Glauben Sie mir … so stark Sie auch sind, einen Schnitt bekomme ich bei Ihnen los, und der genügt –«
    Serrats Augen wurden ratlos. Er tappte zurück zur Tür und baute sich dort wieder auf. Die Röte in seinem Gesicht war unterdrückte Wut über seine vorläufige Niederlage. Im Hintergrund des Zimmers senkte Cathérine die Pistole und steckte sie weg unter die Gummischürze.
    »Gut«, sagte Serrat gepreßt. »Schnippeln Sie Ihre Leiche auseinander, wenn's Ihnen Spaß macht. Viel haben Sie nicht davon … Sie Phantast! Wer Sie in die Wüste geschickt hat, verdient Prügel. Sie sind hier so fehl am Platze wie ein Stier auf der Stute.«
    Mit einem Fußtritt stieß er die Tür auf und verließ knurrend das Zimmer. Dr. Bender wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Dann erst drehte er sich zu Cathérine um. Sie stand am Tisch, hatte den gespaltenen Abdallah wieder aufgedeckt und war dabei, den Magen vom Gallengang zu lösen. Sie handhabte Skalpell und Schere wie eine geübte Chirurgin. Dabei würgte ihr der Ekel im Mund und betäubte der widerlich süße Geruch fast ihre Gedanken.
    Dr. Bender sah ihr ein paar Augenblicke zu, griff dann selbst nach den Instrumenten und präparierte den ganzen Magen heraus. Sie legten ihn in einen Plastiksack auf den Nebentisch. Mit zuckendem Mund trat Cathérine von dem Toten zurück, rannte zum Fenster, riß es auf und steckte tief atmend den Kopf in die heiße Luft.
    Wie köstlich war der Wind, wie rein, wie erfrischend gegen den Totengestank. Dieser Wüstenwind, tausendfach verflucht, war plötzlich eine kühlende Wonne.
    Dr. Bender trat hinter Cathérine und legte sein Kinn auf ihren Kopf. Die Berührung durchrann sie wie Feuer.
    »Sie schlagen sich tapfer, Cathérine«, sagte er leise. »Sie sind eine Frau ganz besonderen Formates. Man muß Sie bewundern …«
    »Aber jetzt mache ich schlapp.«
    »Das steht Ihnen zu.« Er schwieg abrupt. Über den großen Platz des Camps rannte Pierre Serrat zu den Wohnbaracken. »Was wird hier eigentlich gespielt, Cathérine?«
    »Serrat wird Sie hindern, Meldungen nach Ouargla zu schicken. Für ihn existiert die

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