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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hadjar-Krankheit nicht.«
    »Weil es um sein Geld geht.«
    »Ja. Und die anderen denken genauso.«
    »Sind hier denn nur Hohlköpfe? Sehen sie denn nicht, daß sie mit ihrem eigenen Krepieren leben?«
    »Das kümmert sie nicht. Krepieren werden sie früher oder später, das ist ihnen egal. Aber solange sie leben, wollen sie alles genießen, was ihr Leben ausmacht: Geld – Saufen – Weiber. Wenn sie in die Grube müssen, wollen sie sagen: Es hat sich gelohnt auf dieser Welt.«
    »Mit diesen drei Dingen? Es gibt noch anderes –«
    »Nicht in der Wüste, Doktor. Ich weiß, woran Sie denken: Ein eigenes Häuschen, einen Garten, liebe Kinderchen, ein Auto, Ferien an der See oder im Gebirge, schwimmen und skilaufen, ein gut gedeckter Tisch, ein Fläschchen Wein, Zufriedenheit, Sicherheit, Sattsein, eine rosarote Welt, die Welt eines Ferkelchens, eines schmatzenden Säuglings … das ist ein Lebensziel, was? Zum Kotzen ist das, Doktor! So ist das Leben auch nicht … Das wirkliche Leben ist dreckig, ein Jauchenpfuhl, ein stinkendes Loch wie der Bauch Abdallahs.« Sie fuhr herum und sah das Gesicht Dr. Benders so nahe vor sich, daß ihre Lippen sich berührten, wenn sie sie spitzten. »Gehen Sie zurück nach Algier«, sagte sie heiser. »Ich bitte Sie … ich … ich flehe Sie an … Fahren Sie weg –«
    »Nun fangen Sie auch noch an, Cathérine.« Das klang traurig und schnitt ihr ins Herz. »Ich dachte, ich hätte in Ihnen eine Verbündete.«
    »Warum sollen wir beide vor die Hunde gehen?«
    »Cathérine, warum sprechen Sie so? Ich zucke jedesmal zusammen, wenn aus Ihren schönen Lippen solche Worte kommen. Sie sind doch gar nicht so …«
    »Doch! Ich bin so!« Sie stieß ihn mit den Ellbogen zur Seite und lief zum Tisch zurück. Jetzt hätten wir uns küssen können, dachte sie und verfluchte diese Stunde. Aber jetzt haben wir Leichengift an unseren Gummihandschuhen, und neben uns liegt der stinkende Abdallah, der die Luft verpestet. Wie pervers das Schicksal sein kann –
    »Machen wir weiter!« schrie sie und warf Dr. Bender eine große Schere zu. Er fing sie auf, verwirrt, betreten, ratlos. »Ich habe keine Lust, länger als nötig das zu riechen. Wir wissen ja nun, daß es die Hadjar-Krankheit ist. Viel nützen wird es Ihnen nicht.«
    »Abwarten.« Dr. Bender begann, die Därme in verschiedenen Stücken herauszunehmen. »Es ist völlig unmöglich, die Wahrheit aufzuhalten.«
    Was möglich war, erlebte er am Abend.
    Pierre Serrat hatte eine Versammlung aller Arbeiter im Speisesaal abgehalten. Was sie beschlossen hatten, erfuhr Dr. Bender im einzelnen nie; er spürte nur die praktischen Auswirkungen.
    Als er einen Kurzbericht telegrafisch nach Ouargla durchgeben wollte, weigerte sich der Funker, ihn zu senden.
    Die Leitung des Telefons der Sanitätsstation war tot. Dr. Bender stellte fest, daß man sie einfach durchgeschnitten hatte. Alle Gespräche mußten über die Zentrale in der Verwaltungsbaracke laufen. Hier aber saß der Ungar Molnar und grinste, als Dr. Bender ein Gespräch nach Algier verlangte.
    »Nein«, sagte Molnar freundlich. »Für Sie nicht.«
    Es hatte keinen Sinn, zu streiten … Dr. Bender lief weiter ins Zimmer von Ingenieur de Navrimont.
    Aber auch hier war nichts auszurichten; de Navrimont lag wie immer mit seiner Flasche im Bett, war stockbetrunken und erkannte Dr. Bender gar nicht. Als Bender ihn schüttelte, um ihn wenigstens etwas ins Bewußtsein zu bringen, grunzte er, rülpste Bender an und nannte ihn einen Hurensohn.
    Im Schreibzimmer, wo die Post gesammelt wurde, die einmal wöchentlich vom Hubschrauber abgeholt wurde, saß der Südfranzose Pinpin und warf das Päckchen mit einem Stück Darm – Bender hatte es als ›Testpaket‹ gepackt – unter den Tisch. Dabei nickte er fröhlich und drehte die Musik in seinem Radio lauter.
    Auf dem großen Platz traf Bender schließlich auf Serrat, der ihn wie einen armen Irren mitleidig belächelte.
    »Nun?« fragte er. »Wann geben Sie auf, Doktor?«
    »Nie!« Dr. Bender unterdrückte seine helle Wut. Er gab sich gelassen, überlegen, unerschüttert. »Was Sie da machen, sind Mätzchen, Serrat. Kein Telefon, keine Funkverbindung, keine Post … Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, daß Sie mich von der Außenwelt abschneiden können?«
    »Genau das kann ich.« Serrat lachte dröhnend. »Sie werden wie ein Säugling sein, den man vergessen hat, vom Töpfchen zu nehmen. Alles Schreien nutzt nichts.«
    »Aber wehe, wenn ich Verbindung zu Ouargla

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