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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht wiederkommt.«
    »Vertrau auf Allah und Pierre Serrat.« Serrat setzte den Wirt ab und legte ihm die Riesenpranke auf den Kopf. Es war, als habe ein Löwe sein Opfer geschlagen. Der Wirt verdrehte die Augen und seufzte tief.
    »Das ist eine billige Versicherung«, stotterte er.
    »Gut.« Serrat griff in seine Rocktasche. »Ich lasse dir meinen Paß hier, du Wüstenfloh. Genügt das? Ohne Paß ist der Mensch kein Mensch mehr.«
    »Das genügt.« Der Wirt nickte unter der Hand Serrats. »Wann soll der Wagen bereitstehen?«
    »Heute abend um 22 Uhr.«
    »Wo?«
    »Vor der Tür, du Esel. Wie sich's gehört. Aufgetankt.«
    »Es wird alles getan, wie Sie sagen.«
    Serrat ging zurück zu Saada, die an der Theke wartete und der dieses Loch von Hotel wie ein Palast vorkam. »Wir sehen uns die Stadt an«, sagte Serrat und umarmte Saada wie ein Vater sein Kind. »Zuerst trinke ich ein Bier … bei Laroche, dem Patron der ›Sahara-Bar‹. Er hat das beste, kühlste Bier in der Wüste.«
    »Und dann gehen wir in die Moschee, nicht wahr?« Die Augen Saadas glänzten voller Glück. Sie trippelte neben Serrat her und glaubte, sie gehe über Rosen.
    »In die Moschee? Warum?«
    »Ich will Allah bitten, daß er uns beschützt …«
    Serrat nickte und zog das Kinn an. Nicht schwach werden, redete er sich vor. Pierre, schluck diese verdammte Sentimentalität herunter. Du willst ein Satansgeschäft machen, denk daran. Wenn du morgen früh zurückkommst, bist du um 10.000 Francs reicher.
    Um 22 Uhr, wie befohlen, stand vor der Tür des Hotels ›Goléa‹ ein kleiner, gelb gestrichener Wagen. Ein für Wüstenfahrten umgebauter Renault. Serrat umkreiste ihn, öffnete die Motorhaube, betrachtete den Motor, ließ ihn probelaufen und gab dann dem Wirt seinen Paß und 100 Francs.
    Saada wartete im Eingang. Als Serrat winkte, kam sie herangelaufen und stieg in das Auto.
    »Wann werden wir da sein?« fragte sie. Sie glaubte, es ginge jetzt weiter nach Algier.
    »In vier Stunden.«
    »Mein Herz blutet vor Freude.«
    Serrat gab Gas und raste hinaus in die Wüstennacht. Mit gesenktem Kopf starrte ihnen der Wirt nach, spuckte auf den Paß und steckte die 100 Francs in die Hosentasche.
    »Der Teufel hole euch alle!« sagte er laut. »Allah verdamme euch.«
    Er war, ohne es zu wissen, ein Prophet, denn wohin Serrat jetzt fuhr, war wirklich der Teufel zu Hause.
    Sie fuhren die ganze Nacht durch die schweigende, von einem herrlichen Sternenhimmel überwölbte Wüste. Die Straße nach El-Oued war sehr belebt, was man in der Sahara darunter versteht, daß Serrat in den vier Stunden neun Wagen entgegenkamen, meistens Militärfahrzeuge, und ein Lastwagen der Internationalen Transportgesellschaft in Tunis. Es war ein Möbelwagen, und Serrat schüttelte den Kopf.
    »Da zieht einer um«, brummte er. »Mit einem Möbelwagen wie im guten alten Europa. Ein Idiot muß das sein! Möchte wissen, was der mit Polstermöbeln und Nußbaumschränken in der Wüste will. Die fallen ihm auseinander, oder die Termiten zernagen sie ihm.« Er schielte zu Saada, die neben ihm saß, den Kopf nach hinten auf die Lehne geworfen. »Müde, mein Schätzchen?«
    »Ja, monsieur.« Sie legte einen dünnen Seidenschal über das Gesicht. Durch die offenen Fenster zog der Fahrtwind. Es war kalt. »Sehr müde.«
    »Dann schlaf. Die Fahrt ist langweilig genug.«
    »Sie wecken mich rechtzeitig, wenn wir in Algier sind?«
    »Ich wecke dich zur rechten Zeit.« Serrat knirschte mit den Zähnen, beugte sich vor, starrte auf die einsame Wüstenstraße und gab mehr Gas.
    Es ist eine ausgesprochene Scheiße, Gangster zu werden, dachte er wieder. Man muß dazu geboren sein, das sehe ich jetzt ein. Aber ein Zurück gibt es nicht mehr. Im Camp soll Ruhe herrschen wie bisher. Dr. Bender ist bereits erledigt. Saada kann ich nicht mehr zurückbringen, hol's der Teufel … es bleibt einem nichts anderes übrig, als ein Saukerl zu werden, ein ganz verdammter Hund. Und 10.000 Francs gibt's auch noch obendrein.
    Saada legte den Kopf müde an seine breite Schulter und schlief sehr schnell ein. Serrat bemühte sich, sie möglichst wenig zu schütteln, aber einmal – nach ungefähr einer Stunde – mußte er scharf bremsen und an den äußersten Straßenrand ausweichen. Eine Kamelkarawane versperrte die Piste.
    »Hurensöhne!« schrie Serrat aus dem Fenster. »Warum schlaft ihr nicht? Wieso ziehen Karawanen jetzt schon durch die Nacht?! Farbiges Pack!« Er hupte anhaltend, fuhr rücksichtslos zwischen die

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