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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    Jussuf ben Rahman war das Gegenteil dessen, was man bisher über Mädchenhändler gehört hatte. Filme und Romane schildern als finstere Gesellen, brutal, verschlagen, mordgierig, bullenhaft oder hypervornehm, dumm oder superklug, aber immer so, daß man weiß: Das da ist ein infamer Lump.
    Jussuf war ganz anders. Er war ein höflicher, fast stiller Mensch, sehr gebildet, mit besten Manieren, einer leisen Sprache und einem Maßanzug, wie ihn sonst nur italienische Schneider machen können. Wenn Jussuf auf dem Sessel eines Bankdirektors gesessen hätte oder im Vorstand einer Aktiengesellschaft … man hätte es für angemessen gehalten. Er wirkte auf den ersten Blick sympathisch, und das verlor sich auch nicht bei längerer Unterhaltung. Serrat war so verblüfft über ihn, daß er zunächst Hemmungen hatte, Saada anzubieten.
    »Sie sind Jussuf?« fragte er, als er in dem großen Zelt ben Rahmans saß und seine Zigarette rauchte. Ein Diener servierte trotz der frühen Stunde herrlichen duftenden Kaffee auf arabische Art, zweimal gekocht und gefiltert, einen schwarzen Sud, der Serrat in die Knochen und übers Herz rann wie ein Narkotikum.
    »Es scheint so, monsieur.« Jussuf lächelte zartfühlend. Er hatte gepflegte, manikürte Hände und sprach ein Französisch, das nach Sorbonne roch. »Ihre Blume der Wüste, wie mir mein Freund Amar sagte, ist wirklich etwas Schönes.«
    Serrat zog den Kopf zwischen die Schulter. Als er ins Zelt ging, schlief Saada noch. Was hatte man in der Zwischenzeit mit ihr gemacht? Es gab Serrat wirklich einen Stich ins Herz, als er daran dachte.
    »Wo ist sie jetzt?«
    »In einem Extrazelt.« Jussuf lächelte höflich. »Goldstücke verwahrt man in Samtkästen, monsieur.«
    »Moment mal!« Serrat sprang auf. »Noch ist es mein Goldstück. Wir haben über den Preis nicht gesprochen.«
    »Ist das nötig, monsieur?« Jussuf holte ein Bündel Scheine aus der Rocktasche und warf sie Serrat vor die Füße. Er tat es elegant, mit einem netten Lächeln, aber es war doch wie eine Ohrfeige: Da, nimm den Judaslohn, du Schwein. Ich werf's dir vor die Füße wie einer Sau das Fressen.
    Serrat lief rot an, aber er bückte sich nicht, sondern trat das Geld zurück zu Jussuf. Das Geldscheinbündel zerflatterte.
    »Wieviel?« fragte Serrat.
    »Achttausend.«
    »Zehn, Jussuf.«
    »Acht.« Jussuf trank seinen Kaffee, ruhig, gesittet, wie auf der Terrasse des ›Transatlantique‹ von Touggourt. »Es gibt bei allen Geschäften obere Grenzen, die zu überschreiten unmoralisch wäre.«
    »Unmoralisch! Das sagt er!« Serrat brüllte auf. »Jussuf, spielen Sie hier nicht den Gentleman! Sie sind eine ganz miese Type, ein Mädchenhändler, ein Sklaventreiber, ein Sauhund sind Sie! Zehntausend.«
    »Acht – oder die Peitsche …«
    »Wie bitte?« Serrat beugte sich vor. »Sagtest du Peitsche?«
    »Genau. Ich lasse Sie auspeitschen und wegjagen. Wer will mich hindern?!«
    »Keiner. Aber zwei Stunden später haben Sie das Militär auf dem Hals.«
    »Wenn Sie's überleben, ja. Und was dann? Wer hat mir ein Mädchen verkauft? Ich Ihnen oder Sie mir?«
    Serrat schnaufte laut durch die Nase. Diese Lumpen, dachte er. Diese braunhäutigen Schakale. Warum hat man damals mit Napalm nicht alle ausgeräuchert und die Wüste mit Weißen besiedelt?!
    »Gut, achttausend«, knirschte er. »Für die restlichen zweitausend gerbe ich Ihnen das Fell, wenn ich Sie wieder mal treffe.«
    »Das wird kaum möglich sein.« Jussuf lächelte höflich. »Nach diesem Pilgerzug setze ich mich zur Ruhe. Ich habe mir einen Landsitz an der Côte d'Azur gekauft. Wenn Sie mich dort besuchen wollen, bitte. Sie können dreihundert Meter tief ins Meer abstürzen … das hält der beste Sportler nicht aus.«
    »Saukerl!« Serrat zögerte, aber dann bückte er sich doch. Er sammelte die Geldscheine auf, unter den ruhigen, aber in seinem Nacken wie Feuer brennenden Blicken Jussufs, zählte das Geld durch, und es waren genau achttausend neue französische Francs. »Stimmt!«
    »Jussuf betrügt nie.« Ben Rahman erhob sich abrupt. »Ich nehme an, Monsieur, Sie möchten schnell wieder zurück nach El-Oued.«
    Serrat verstand und knirschte laut mit den Zähnen. Zu allem auch noch ein Hinauswurf. O könnte man diesen Jussuf mit beiden Fäusten doch in die Fresse schlagen.
    »Kann ich Saada noch einmal sehen?« fragte er. Jussuf nickte.
    »Wenn es Ihren Sadismus befriedigt … bitte. Ich begleite Sie.«
    Sie verließen das große Zelt Jussufs

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