Der Gefangene der Wüste
neuen Herren.
Wie sahen sie aus?
Dort wartete das Schicksal der nächsten fünf oder zehn Jahre auf sie. Dort standen die Männer, denen sie Untertan sein würden … als Sklavin, als Geliebte, als Hilfe, vielleicht einmal sogar als Herrin, wenn die Reize ihrer Körper stärker waren als der Wille der Männer.
Vierzehn Wagen, zählten die Frauen.
Das war enttäuschend. Was geschah mit den anderen? Sie waren 210 Frauen!
Von diesem Augenblick an begann in den Bussen bereits der Kampf um das Licht. So eng sie auch saßen, sie bemühten sich, sich herauszuputzen. Sie kämmten die Haare mit den gespreizten Händen, sie rissen die dünnen Hemden auf, um ihre Brüste zu zeigen, nur die älteren Frauen starrten resignierend vor sich hin. Für sie ging die Fahrt weiter … sie waren die wirklichen Sklaven, denn unter der Schar der jungen schönen Fohlen waren sie die grauen, ewig getretenen Arbeitsesel.
Mit erhöhter Geschwindigkeit verließ Jussuf den engen Sumpfpfad. Der feste Boden war auch für ihn eine Befreiung von einem inneren Druck. Jedesmal spürte er ein dumpfes Gefühl im Nacken, wenn er eintauchte in den salzigen schwappenden Tod, und jedesmal war er bereit, Allah überschwenglich zu danken, wenn er wieder die gute, harte Erde unter sich fühlte.
Aus der Wagenburg kamen ihm die vierzehn Herren entgegen. Würdig, ein Pilgerzug für sich, fast feierlich. Nur die Augen glühten erwartungsvoll. Was brachte Jussuf diesmal aus der Wüste mit? Welche Blumen hatte er eingesammelt?
An der Spitze lief Ali Hadschar, über seinen Glatzkopf die Kapuze der Dschellabah gezogen. Jussuf erkannte ihn schon von weitem. Dick und massig stampfte Hadschar durch den Salzsand.
Nicht unter dreißigtausend, schwor sich Jussuf in diesem Moment. Oder ich behalte Saada wirklich für mich. Er wird ein Vermögen für sie hinlegen … und selbst dann sollte man ihn noch anspucken. Er ist ein widerlicher Mensch, ein Geier, ein Aasfresser.
Der weiße Cadillac hielt. Jussuf sprang hinaus und kam Hadschar die letzten zehn Schritte entgegen.
»Mein Freund!« rief er dabei und breitete die Arme aus. »Welche Freude, dich zu sehen! Gesund wie immer!«
Sie umarmten und küßten sich.
Dreißigtausend, dachte Jussuf dabei. Er stinkt widerlich nach saurer Milch –
Der Handel war nicht so glatt, wie es sich Jussuf von Ali Hadschar erhofft hatte. Schuld daran war wieder Saada, aber nicht ihre Gegenwehr, sondern ihr Preis.
Nachdem Hadschar drei hübsche junge Mädchen gekauft hatte und für sie zusammen zehntausend Francs bezahlte, blickte er in den weißen Cadillac und lächelte Jussuf wissend an.
»Ein Privatgeschäft, mein Freund?« fragte Hadschar. »Die besten Bissen für den Gastgeber … nennt man so etwas Gastfreundschaft? Darf man nicht einmal einen Blick auf die Blume der Wüste werfen?«
»Sogar drei und vier … sie ist zu verkaufen.« Jussuf beugte sich in den Wagen, löste Saada die Fesseln an den Füßen und Händen und zog sie hinaus in die Sonne. Dort zögerte er, aber dann dachte er daran, daß alles nur ein Geschäft sei, und riß Saada die Bluse vom Körper. Ali Hadschar wölbte die Lippen vor, auf seiner Glatze sammelte sich Schweiß. Welche Brüste, dachte er. Welcher geschmeidige Körper! Hier liegt eine Quelle, die man zum Sprudeln bringen kann. Jede Nacht wird sie sprudeln, harte gute Francs … zuerst als Attraktion auf der Tanzfläche, umzuckt von den sich drehenden bunten Scheinwerfern, später an den Tischen und in den Zimmern, wo sie Schlange stehen werden, die alten, fetten, geilen Kerle, die tagsüber das Geld schaufeln und nachts es wieder wegwerfen für einen keuchenden Tanz auf festem Fleisch.
Hadschar trat nahe an Saada heran und griff nach ihrem Rock. Aber im gleichen Augenblick klatschte es, Hadschar taumelte zwei Schritte zurück und drückte die Hand gegen seine linke Backe. Jussuf verbiß sich ein Lächeln … er warf Saada einen fast dankbaren Blick zu.
»Dieses Luder!« schrie Hadschar und starrte Jussuf an. »Hast du das gesehen … sie schlägt mich! Eine Frau schlägt mich! Das ist noch nie vorgekommen! Fünftausend für sie allein … und ich lasse sie durch das Salz kriechen wie einen Wurm!«
»Sie kostet dreißigtausend …«, sagte Jussuf ruhig. »Nicht einen Centime weniger. Und in bar. In französischer Währung. Spare dir alle Worte … ich handle nicht um Saada.«
»Euch wird der Teufel holen!« schrie Saada dazwischen. »Ich bin die Tochter des Scheichs von Bou Akbir! Die Köpfe
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