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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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bestritten und häufig stundenlang gebrüllt hatte, dass er unschuldig sei.
    Nach einem kurzen Mittagessen befragte Peterson die OSBI-Beamten in der gleichen Reihenfolge wie im Prozess gegen Fritz. Jerry Peters war als Erster an der Reihe. Er schilderte, wie er nach der Exhumierung von Debbies Leiche noch einmal Abdrücke von ihren Händen genommen habe, weil er sich bei einem kleinen Bereich ihrer linken Hand nicht ganz sicher gewesen sei. Barney versuchte, ihn darauf festzunageln, wie und warum dieser Umstand viereinhalb Jahre nach der Autopsie zum Problem geworden war, doch Peters wich ihm geschickt aus. Machte er sich nach so langer Zeit Sorgen wegen seiner ursprünglichen Untersuchungsergebnisse? Oder hatte Bill Peterson eines schönen Tages 1987 ganz zufällig angerufen und diesbezüglich einige Andeutungen gemacht? Peters blieb vage.
    Larry Mullins vertrat die gleiche Meinung wie Peters -der blutige Abdruck auf der Rigipsplatte gehöre zu keinem geheimnisvollen Mörder, sondern zu Debbie Carter. Mary Long sagte aus, dass Ron Williamson Nichtsekretor sei und daher zu einer Minderheit von etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung gehöre. Zu dieser Gruppe gehöre vermutlich auch Debbies Vergewaltiger. Mit etwas Mühe gelang es Barney, die Zeugin auf die genaue Zahl der von ihr getesteten Personen festzunageln - zwanzig, einschließlich des Opfers. Von diesen zwanzig waren zwölf Nichtsekretoren, also sechzig Prozent ihrer potenziell Verdächtigen. Danach stellte Barney ein paar lustige Zahlenspielereien an.
    Die Aussage von Susan Land war recht kurz. Sie habe die Haaranalyse im Fall Carter begonnen, dann aber an Melvin Hett abgegeben. As Barney den Grund dafür wissen wollte, antwortete sie: »Damals habe ich sehr viele Tötungsdelikte bearbeitet. Ich stand unter starkem Stress und bezweifelte, dass ich objektiv sein konnte, und Fehler machen wollte ich auch nicht.«
    Nach ihr wurde Melvin Hett vereidigt, der sofort zu derselben wissenschaftlichen Abhandlung ansetzte, die er einige Tage zuvor im Prozess gegen Fritz gehalten hatte. Er beschrieb den komplizierten Ablauf des mikroskopischen Vergleichs von Haaren eines Verdächtigen mit am Tatort gefundenen Haaren und tat so, als wäre die Haaranalyse vollkommen zuverlässig. Das musste sie auch sein, denn schließlich verwendete man sie bei Strafprozessen ständig. Hett sagte, an die Geschworenen gewandt, er habe »Tausende« von Fällen bearbeitet, in denen es um Haare gegangen sei. Dann zeigte er ein paar Grafiken von unterschiedlichen Haartypen und erklärte, dass jedes Haar zwischen fünfundzwanzig und dreißig unterscheidbare Merkmale besitze. As er schließlich zu Ron Williamson kam, sagte er aus, dass zwei auf dem Bett gefundene Schamhaare mikroskopisch gesehen übereinstimmten und von derselben Quelle - Ron Williamson - stammen könnten. Darüber hinaus seien zwei Kopfhaare, die man an dem blutigen Waschlappen gefunden habe, mikroskopisch gesehen übereinstimmend und könnten von derselben Quelle - Ron Williamson - stammen. Es war durchaus möglich, dass die vier Haare nicht von Ron stammten, aber das erwähnte Hett nicht.
    Mit einem kleinen Versprecher fing Hett zu schwindeln an. Als es um die beiden Kopfhaare ging, sagte er: »Das waren die einzigen Kopfhaare, die mit denen von Ron Williamson übereinstimmten, also mit ihnen identisch waren.«
    Das Wort »identisch« ist in der Haaranalyse tabu, da es äußerst irreführend ist. Laien in einer Jury haben zwar Schwierigkeiten mit der Formulierung, dass Haare »mikroskopisch gesehen übereinstimmen« können, aber »identisch« begreifen sie sofort. Man versteht es viel schneller und einfacher. Und wie bei Fingerabdrücken gibt es keinen Zweifel mehr, wenn Haare »identisch« sind.
    Nachdem Hett das Wort »identisch« zum zweiten Mal benutzt hatte, legte Barney Einspruch ein. Richter Jones lehnte ihn ab und meinte, er könne beim Kreuzverhör darauf eingehen.
    Das Ungeheuerlichste an Hetts Gutachten war jedoch die Art und Weise, wie er aussagte. Anstatt die Geschworenen zu informieren, entschied sich Hett dafür, sie mit seiner Meinung zu beglücken.
    Um der Jury bei der Beurteilung der Beweise zu helfen, bringen die meisten Haaranalytiker vergrößerte Fotos des fraglichen Haares mit in den Gerichtssaal. Ein Foto vom Haar eines Verdächtigen wird neben das Foto eines am Tatort gefundenen Haares gestellt, und der Gutachter erklärt, welche Ähnlichkeiten und Unterschiede vorliegen. Wie Hett sagte, gibt es beim

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