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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Todestrakt stattfand und von vielen Gefangenen besucht wurde. An Händen und Füßen gefesselt, wurden die Häftlinge in einem kleinen Raum zusammengepfercht, in dem ein Geistlicher namens Charles Story mit ihnen zusammen betete. Ron und Greg versäumten kaum einen Gottesdienst und saßen immer nebeneinander.
    Greg Wilhoit war seit neun Monaten in McAlester. Der gewerkschaftlich organisierte Stahlarbeiter war hart im Nehmen und mehrfach wegen Marihuanabesitzes vorbestraft, aber nie wegen Gewalttaten angeklagt worden.
    Greg und seine Frau Kathy hatten sich 1985 getrennt. Sie hatten zwei kleine Töchter und eine Menge Probleme. Greg half Kathy dabei, in eine andere Wohnung zu ziehen, und kam fast jeden Abend vorbei, um seine Mädchen zu besuchen. Die beiden hofften, ihre Ehe wieder kitten zu können, brauchten aber beide etwas Zeit für sich allein. Sie schliefen weiterhin miteinander und blieben sich treu; keiner hatte eine andere Beziehung. Am 1. Juni, drei Wochen nach der Trennung, fiel einer Nachbarin in Kathys Apartmentgebäude auf, dass die beiden Töchter ständig weinten. Die Nachbarin klopfte an die Tür, und als niemand antwortete, rief sie die Polizei. Auf dem Boden in der unteren Etage wurde Kathys Leiche gefunden. In der oberen Etage lagen die beiden Kleinkinder in ihren Gitterbetten und schrien vor Hunger und Angst.
    Kathy war vergewaltigt und erwürgt worden. Der Todeszeitpunkt lag irgendwann zwischen ein und sechs Uhr morgens. Als die Polizei Greg befragte, sagte dieser, er sei zu Hause gewesen und habe geschlafen. Einen Zeugen für sein Alibi hatte er nicht. Er bestritt rigoros, etwas mit dem Mord an seiner Frau zu tun zu haben, und nahm es der Polizei übel, dass er befragt wurde.
    Bei den Ermittlungen wurde ein Fingerabdruck auf dem Telefon gefunden, das aus der Wand gerissen worden war und auf dem Boden neben Kathys Leiche lag. Der Fingerabdruck stammte weder von Greg noch von seiner Frau. Die Polizei fand Schamhaare und einen Bissabdruck auf Kathys Brust, der die wichtigste Spur war. Ein Gutachter des kriminaltechnischen Labors bestätigte, dass der Mörder sich in die Brust seines Opfers verbissen hatte.
    Greg als von seiner Frau getrennt lebender Ehemann war natürlich der Hauptverdächtige, obwohl der Fingerabdruck nicht von ihm stammte. Melvin Hett vom kriminaltechnischen Labor des Bundesstaates kam zu dem Ergebnis, dass die am Tatort gefundenen Schamhaare mikroskopisch gesehen nicht mit denen Gregs übereinstimmten. Die Polizei forderte Greg auf, einen Abdruck seiner Zähne vorzulegen, damit er mit dem Bissabdruck verglichen werden konnte.
    Greg gefiel es gar nicht, als Verdächtiger behandelt zu werden. Er war unschuldig und traute der Polizei nicht. Mithilfe seiner Eltern brachte er fünfundzwanzigtausend Dollar auf und engagierte einen Anwalt.
    Der Polizei gefiel es gar nicht, dass Greg sich einen Anwalt genommen hatte. Sie holte sich einen Gerichtsbeschluss, der ihn zwang, einen Abdruck seiner Zähne vorzulegen. Nachdem Greg seiner Verpflichtung nachgekommen war, hörte er fünf Monate lang nichts mehr von den Behörden. Er kümmerte sich um seine beiden Töchter, rackerte sich in Vollzeit als Stahlarbeiter ab und hoffte, nie wieder etwas mit der Polizei zu tun zu haben. Doch im Januar 1986 stand sie plötzlich mit einem Haftbefehl vor seiner Tür. Die Anklage lautete auf Mord, und darauf stand die Todesstrafe.
    Sein erster Anwalt ließ sich zwar gut bezahlen und hatte auch einen guten Ruf, zeigte jedoch ein auffälliges Interesse daran, eine Absprache mit der Staatsanwaltschaft auszuhandeln. Einen Monat vor dem Prozess beendete Greg das Mandat und beging dann den großen Fehler, George Briggs zu engagieren, einen kaputten, alternden Anwalt, der ganz am Ende einer langen, ereignisreichen Karriere stand. Als Honorar wollte er zweitausendfünfhundert Dollar haben, was geradezu lächerlich wenig war und bei Greg sämtliche Alarmglocken hätte auslösen müssen.
    Briggs gehörte zur alten Schule der Landanwälte. Du beschaffst dir deine Zeugen, ich beschaffe mir meine, dann treffen wir uns vor Gericht und schlagen uns die Köpfe ein. Keine Offenlegung der Beweise in der Voruntersuchung. Im Zweifelsfall verlässt sich man sich auf sein Bauchgefühl und improvisiert.
    Darüber hinaus war Briggs Alkoholiker und von den Medikamenten abhängig, die er seit einem Motorradunfall, bei dem er einen leichten Hirnschaden davongetragen hatte, nehmen musste. An guten Tagen stank er nach Alkohol, brachte es

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