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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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den Mut, ihre Gefühle zu zeigen. Die Zuschauer waren begeistert.
    Vier Männer, vier durchschnittliche Weiße aus guter Familie, waren in die Mühlen des Systems geraten und insgesamt dreiunddreißig Jahre lang eingesperrt worden. Ihre Botschaft war klar: Solange die Fehler im System nicht behoben sind, kann das jedem passieren.
    Nach ihrer Rede blieben sie auf dem Gelände, hörten Musik, aßen Eis und genossen die Sonne und ihre Freiheit. Wie aus dem Nichts tauchte Bruce Leba auf und schloss seinen alten Kumpel Ron in die Arme. Bruce war weder zu Rons Verhandlung gegangen, noch hatte er ihn im Gefängnis besucht. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er seinen besten Freund aus Highschooitagen so vernachlässigt hatte, und entschuldigte sich aufrichtig. Ron verzieh ihm sofort.
    Er war bereit, allen zu vergeben. Der berauschende Duft der Freiheit ließ ihn seinen alten Groll und seine Rachegelüste vergessen. Zwölf Jahre lang hatte er davon geträumt, alle zu verklagen, aber das war vorbei. Er hatte keine Lust, diesen Albtraum noch einmal zu erleben.
    Die Medien konnten nicht genug von der Geschichte bekommen. Ihre Aufmerksamkeit galt besonders Ron. Als Weißer aus einer weißen Stadt, der von weißen Polizeibeamten schikaniert, von einem weißen Staatsanwalt angeklagt und von weißen Geschworenen verurteilt worden war, kam er Reportern und Journalisten wie gerufen. Eine derartige Behandlung mochte für Arme und Minderheiten normal sein, aber nicht für Kleinstadthelden.
    Die vielversprechende Baseballkarriere, das hässliche Abrutschen in den Wahnsinn in der Todeszelle, die Hinrichtung, der er nur knapp entgangen war, die unfähige Polizei, die den Mörder, auf den alles deutete, nicht fand - seine Geschichte bot die verschiedensten Facetten.
    In Mark Barretts Büro gingen Interviewanfragen aus der ganzen Welt ein. Nach sechs Tagen in der Wildnis stellte sich Glen Gore freiwillig. Er nahm Verbindung mit einem Anwalt in Ada auf, der das Gefängnis anrief und die entsprechenden Arrangements traf. Gore hatte ausdrücklich darauf bestanden, dass er nicht an die Behörden in Ada ausgeliefert wurde.
    Eine überflüssige Sorge. Die Leute, die dort so gründlich danebengegriffen hatten, legten keinen Wert darauf, Gore in Ada vor Gericht zu stellen. Sie waren damit beschäftigt, ihr schwer gekränktes Ego zu pflegen. Peterson und die Polizei verschanzten sich hinter der offiziellen Sprachregelung, es sei ein neues Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Angeblich suchten sie mit neuem Eifer nach dem Mörder oder den Mördern. Gore sei dabei nur einer von mehreren Verdächtigen. Da Staatsanwalt und Polizei nicht eingestehen wollten, dass sie sich geirrt hatten, klammerten sie sich an die aussichtslose Hoffnung, dass sie vielleicht doch recht hatten. Vielleicht taumelte irgendwann ein Drogensüchtiger in eine Polizeidienststelle und gestand oder beschuldigte Ron und Dennis. Oder sie fanden einen passenden Spitzel. Vielleicht konnten die Cops einem Zeugen oder Verdächtigen ein weiteres Traum-Geständnis entlocken.
    Schließlich war man in Ada. Da konnte solide Polizeiarbeit die erstaunlichsten neuen Spuren aufdecken.
    Ron und Dennis waren als Verdächtige nicht ausgeschlossen worden.
16. Kapitel
    Im Yankee-Stadion von New York verändert sich die tägliche Routine, wenn die Mannschaft nicht in der Stadt ist. Ohne den Druck der Menge und der Kameras, die ein makelloses Spielfeld erwarten, erwacht die alte Anlage nur langsam zum Leben. Erst am späten Vormittag kümmern sich die Platzwarte ohne übertriebene Hast um das Feld. Grantley, der oberste Herr über den Rasen, hantiert mit einem spinnenähnlichen Toro-Mäher, während Tommy, der Bodenspezialist, die Erde hinter der Home Plate verdichtet und glättet. Dan schiebt einen ldeineren Mäher durch das Blaugras entlang der First-Base-Linie. Rund um das Spielfeld fahren in genau abgestimmten Intervallen Rasensprenger aus. Ein Führer schart hinter der Reservebank seine Gruppe um sich und deutet auf etwas in der Ferne hinter der Anzeigetafel.
    Die siebenundfünfzigtausend Sitze sind leer. Leise Geräusche hallen durch das Stadion: der gedämpfte Motor eines Rasenmähers, das Lachen eines Platzwarts, das ferne Zischen eines Sprühgeräts, mit dem auf den oberen Rängen die Sitze gereinigt werden. Direkt hinter der Mauer am Right Field rattert ein Zug der U-Bahn-Linie vier vorbei, in der Nähe der Pressekabine wird gehämmert. Diejenigen, denen die Pflege des Stadions obliegt,

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