Der Gefangene
häufig genannt. Der von Billy Charley ungefähr dreißigmal. Er wurde zum Verhör ins Police Department gebeten und traf dort in Begleitung seiner Eltern ein, die zu Protokoll gaben, ihr Sohn sei am Samstagabend und während der ganzen Nacht bei ihnen zu Hause gewesen.
Der andere Name, ebenfalls von ungefähr dreißig besorgten Bürgern genannt, war der von Tommy Ward, einem jungen Mann aus der Stadt, den die Polizei gut kannte. Er war einige Male wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit oder wegen kleinerer Diebstähle festgenommen worden, aber nie durch Gewalttätigkeit aufgefallen. Er hatte überall in Ada Verwandte, und die Wards waren als im Allgemeinen anständige Leute bekannt, die hart arbeiteten und sich ansonsten um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerten. Tommy war vierundzwanzig, das zweitjüngste von acht Kindern, und hatte die Highschool abgebrochen.
Er kam freiwillig ins Police Department. Smith und Baskin fragten ihn, wo er am Samstagabend gewesen sei. Seinen Worten zufolge hatte er mit einem Freund namens Karl Fontenot geangelt, anschließend waren sie angeblich bis vier Uhr morgens auf einer Party gewesen und dann nach Hause gegangen. Tommy hatte kein eigenes Auto. Den Detectives fiel auf, dass Wards blondes Haar sehr kurz geschnitten war, aber unregelmäßig und alles andere als professionell. Sie machten ein Polaroidfoto von seinem Hinterkopf und versahen es mit dem Datum 1. Mai.
Die auf den Phantombildern dargestellten Verdächtigen hatten beide langes, helles Haar.
Detective Baskin trieb Karl Fontenot auf, den er nicht kannte, und bat ihn vorbeizukommen, um ein paar Fragen zu beantworten. Fontenot sagte zu, ließ sich aber nicht blicken. Baskin verfolgte die Sache nicht weiter. Fontenot hatte langes, schwarzes Haar.
Während die Suche in Pontotoc County und Umgebung intensiv fortgesetzt wurde, erhielten die Strafverfolgungsbehörden im ganzen Land Denice Haraways Personenbeschreibung. Von überall gingen Anrufe ein, aber keiner war von Nutzen. Denice war spurlos verschwunden.
Wenn Steve Haraway nicht gerade Flugblätter verteilte oder auf abgelegenen Landstraßen nach seiner Frau suchte, saß er mit ein paar Freunden in seiner Wohnung. Das Telefon klingelte ständig, und jedes Mal keimte für einen Augenblick Hoffnung auf.
Denice hatte keinen Grund, von zu Hause wegzulaufen. Sie waren noch kein Jahr verheiratet und sehr verliebt. Beide standen kurz vor dem Abschluss ihres Studiums und wollten Ada danach verlassen, um anderswo ein neues Leben zu beginnen. Steve Haraway war sich sicher, dass sie verschleppt worden war.
Mit jedem vergehenden Tag stieg die Wahrscheinlichkeit, dass Denice nicht mehr lebend gefunden werden würde. Wenn sie einem Vergewaltiger in die Hände gefallen war, hätte der sie nach der Tat wahrscheinlich laufen gelassen. Falls man sie entführt hatte, wäre Lösegeld verlangt worden. Zeitweilig gab es Gerüchte über einen ehemaligen Liebhaber aus Texas, dann über irgendwelche Drogenhändler, doch derlei Spekulationen gehören bei den meisten merkwürdigen Verbrechen dazu. Wieder war ganz Ada geschockt. Seit dem Mord an Debbie Carter waren siebzehn Monate vergangen, und die Stadt hatte sich gerade etwas von dem Albtraum erholt. Jetzt wurden die Türen wieder verschlossen, manchmal gleich doppelt, die Teenager litten unter strengen Ausgehverboten, und bei den örtlichen Pfandleihern stieg die Zahl der verkauften Schusswaffen sprunghaft an. Was war aus der netten kleinen Universitätsstadt geworden, in der es an jeder Straßenecke zwei Kirchen gab? Wochen vergingen, und für die meisten Einwohner von Ada schien sich das Leben langsam wieder zu normalisieren. Es war Sommer, die Kinder hatten Ferien. Die Gerüchte wurden leiser, verstummten aber nie ganz. In Texas hatte ein Verdächtiger damit geprahlt, zehn Frauen getötet zu haben, und Polizisten aus Ada fuhren umgehend los, um ihn zu verhören. In Miami wurde die Leiche einer Frau gefunden, die Tätowierungen an den Beinen hatte. Denice Haraway war nicht tätowiert. So ging es den ganzen Sommer weiter, bis in den Herbst hinein. Es gab keinen Durchbruch, keine einzige Spur, die der Polizei helfen konnte, Denice Haraways Leiche zu finden.
Und keine Fortschritte im Mordfall Carter. Zwei spektakuläre Morde, beide ungelöst, sorgten bei der Polizei von Ada für eine gedrückte und angespannte Stimmung. Es wurden jede Menge Überstunden gemacht, doch man hatte nichts vorzuweisen. Alte Spuren wurden erneut überprüft,
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