Der Gefangene
Denice Haraway gewesen sei, er kenne sie vom Sehen, weil er häufig bei McAnally's einkaufe. Dennis Smith lag bereits im Bett, als sein Telefon klingelte. »Gehen Sie vor wie an einem Tatort«, sagte er, bevor er sich auf die andere Seite drehte. Seine Anordnung wurde allerdings nicht befolgt. Bald traf der Geschäftsführer von McAnally's ein, der ganz in der Nähe wohnte. Der Safe war nicht geöffnet worden. Unter der Theke fand er vierhundert Dollar in bar, die darauf warteten, im Safe deponiert zu werden, in einer zweiten Registrierkasse weitere hundertfünfzig Dollar. Während sie auf einen Detective warteten, begann der Geschäftsführer Ordnung zu machen. Er leerte den Aschenbecher, in dem nur die eine Zigarette lag, und warf die Bierdose weg. Der Streifenbeamte gebot ihm keinen Einhalt. Falls es Fingerabdrücke gegeben hatte, waren sie jetzt verschwunden.
Steve Haraway saß über seinen Büchern und wartete darauf, dass seine Frau nach Hause kam, denn McAnally's schloss um elf Uhr abends. Der Anruf der Polizei verdutzte ihn, und kurz darauf war er vor Ort, wo er das Auto seiner Frau, ihre Lehrbücher und die Handtasche identifizierte. Er gab der Polizei eine Personenbeschreibung und versuchte, sich zu erinnern, was sie trug - Bluejeans, Tennisschuhe und eine Bluse, über die er nichts zu sagen wusste.
Am frühen Sonntagmorgen musste jeder einzelne Beamte aus Adas dreiunddreißigköpfiger Polizeitruppe zum Dienst antreten. Kollegen aus angrenzenden Bezirken kamen als Verstärkung, und Dutzende von örtlichen Gruppen, darunter auch eine Studentenverbindung, beteiligten sich freiwillig an der Suche nach Denice Haraway. Gary Rogers vom OSBI leitete die Nachforschungen auf bundesstaatlicher Ebene, Dennis Smith organisierte den Einsatz der Polizei von Ada. Die County wurde in Bereiche aufgeteilt, denen jeweils ein Team zugewiesen wurde. Straßen, Flüsse, Gräben, Felder, die ganze Umgebung musste gründlich durchkämmt werden.
Eine Angestellte von JP's, einem anderen Laden, der siebenhundert Meter von McAnally's entfernt lag, meldete sich und berichtete der Polizei von zwei seltsamen jungen Männern, die kurz vor Denice Haraways Verschwinden aufgetaucht und ihr unheimlich gewesen seien. Beide seien Anfang zwanzig, hätten lange Haare und ein merkwürdiges Verhalten an den Tag gelegt. Sie hätten eine Runde Poolbillard gespielt und seien dann in einem alten Pick-up davongefahren.
Der Kunde von McAnally's hatte Denice in Begleitung nur eines Mannes gesehen, und bei ihm hatte sie nicht den Eindruck hinterlassen, als hätte sie Angst. Aber seine allgemeine Beschreibung passte halbwegs zu der der beiden Männer, die bei JP's aufgetaucht waren, und so hatte die Polizei etwas in der Hand, das sich zu einer Spur entwickeln konnte. Sie suchte nach zwei weißen Männern zwischen zweiundzwanzig und fünfundzwanzig, von denen einer zwischen eins fünfundsiebzig und eins achtzig groß war, blondes, bis über die Ohren reichendes Haar und eine helle Hautfarbe hatte. Der andere war schlank und hatte schulterlanges, hellbraunes Haar.
Bei der angestrengten Suche am Sonntag kam nichts heraus, kein einziger Anhaltspunkt. Dennis Smith und Gary Rogers bliesen die Aktion nach Einbruch der Dunkelheit ab und vereinbarten, sie am nächsten Morgen fortzusetzen. Am Montag erhielten sie von der Universität ein Foto der hübschen Denice, das sie auf Flugblättern vervielfältigten und mit einer allgemeinen Personenbeschreibung versehen ließen - eins fünfundsechzig groß, Gewicht knapp fünfzig Kilogramm, braune Augen, dunkelblondes Haar, helle Haut. Zusätzlich enthielt das Flugblatt die Beschreibung der beiden Männer, die bei JP's aufgetaucht waren, außerdem eine des alten Pick-ups. Es wurde von Polizisten und Freiwilligen in jedem Ladenfenster in Ada und Umgebung ausgehängt.
Ein Polizeizeichner fertigte nach Angaben der Angestellten von JP's zwei Skizzen an. Als sie dem Kunden von McAnally's gezeigt wurden, sagte er, einer der beiden komme zumindest »infrage«. Die beiden Phantombilder wurden an den örtlichen Fernsehsender weitergereicht, und als die Stadt einen ersten Blick auf die möglichen Verdächtigen warf, klingelten die Telefone bei der Polizei ohne Unterlass. Zu jener Zeit gab es in Ada vier Detectives - Dennis Smith, Mike Baskin, D.W. Barrett und James Fox -, und sie wurden mit Anrufen überschüttet. Bei mehr als einhundert Telefonaten fielen rund fünfundzwanzig Namen von potenziell Verdächtigen. Zwei Namen wurden
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