Der Gefangene
gestehen wolle. Man drückte ihm ein Formblatt für freiwillige Geständnisse in die Hand, und er begann zu schreiben. Er gab zu, vier Jahre zuvor im Coachlight ein Portemonnaie und bei einem Hauseinbruch eine Waffe gestohlen zu haben, zwei Mädchen an die Genitalien gefasst zu haben sowie eine junge Frau in Asher geschlagen und fast vergewaltigt zu haben. Doch dann ließ er sein Geständnis liegen und ging. Officer Rick Carson lief ihm nach und holte ihn ein paar Querstraßen weiter ein. Ron versuchte zu erklären, was er um diese Uhrzeit draußen machte, war aber sehr durcheinander. Am Ende sagte er, er sei auf der Suche nach einem Mähjob. Carson erwiderte, er solle lieber nach Hause gehen, bei Tageslicht sei es sicher leichter, einen zu finden.
Am 13. April ging Ron zum Mental Health Service, wo er die Angestellten in Schrecken versetzte. Einer von ihnen beschrieb ihn als »geifernd«. Er wollte zu Dr. Snow und ging umstandslos zu dem Flur, in dem ihr Büro lag. Als er erfuhr, dass sie nicht da war, verschwand er, ohne Schwierigkeiten zu machen.
Drei Tage später erschien Mayers Buch The Dreams of Ada.
Sosehr sich die Ermittler auch wünschten, Ron Williamson den Carter-Mord anhängen zu können, so schwierig war die Beweislage. Im späten Frühjahr 1987 hatten sie kaum mehr in der Hand als im Sommer 1983. Das OSBI hatte zwei Jahre nach dem Mord endlich die Haaranalyse abgeschlossen, aber damit ließ sich wenig anfangen. Einige der Proben von Ron und Dennis stimmten mit Haaren vom Tatort »mikroskopisch gesehen überein«, doch Haarvergleiche waren wenig aussagekräftig.
Und dann gab es noch ein lästiges Problem: den blutigen Handabdruck auf dem kleinen Stück Rigipsplatte aus Debbie Carters Schlafzimmer. Anfang 1983 hatte Jerry Peters vom OSBI diese Spur sorgfältig untersucht und war zu dem Schluss gekommen, dass sie weder von Dennis Fritz noch von Ron Williamson stammte, ebenso wenig von Debbie Carter. Den Abdruck musste also die Hand des Mörders hinterlassen haben. Aber was, wenn Jerry Peters sich geirrt, wenn er in der Eile geschludert oder nur etwas übersehen hatte? Falls der Abdruck doch von Debbie Carter stammte, konnten Fritz und Williamson als Verdächtige nicht ausgeschlossen werden.
Peterson kam auf die Idee, die Leiche zu exhumieren und den Handabdruck erneut zu untersuchen. Mit ein wenig Glück waren ihre Hände noch einigermaßen intakt. Ein paar neue Abdrücke könnten, vielleicht aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, zu Erkenntnissen führen, die der Staatsanwaltschaft dienlich wären und die Mörder endlich vor Gericht bringen würden.
Peggy Stillwell erhielt einen Anruf von Dennis Smith. Er bat sie, zum Police Department zu kommen, erklärte aber nicht, weshalb. Sie dachte wie so oft, es habe vielleicht einen Durchbruch in dem Fall gegeben. As sie ankam, saß Bill Peterson hinter seinem Schreibtisch, ein Blatt Papier vor sich. Er erklärte, dass man Debbies Leiche exhumieren wolle und sie mit einer Unterschrift ihr Einverständnis dazu geben müsse. Charlie Carter sei bereits da gewesen und habe unterzeichnet.
Peggy war entsetzt. Die Vorstellung, die Ruhe ihrer Tochter zu stören, war schockierend. Sie sagte Nein, doch darauf war Peterson vorbereitet. Er begann zu argumentieren und fragte Peggy, ob sie denn nicht wolle, dass der Mord aufgeklärt werde. Doch natürlich, aber gab es denn keinen anderen Weg? Nein. Wenn sie wollte, dass Debbies Mörder gefasst und bestraft wurde, musste sie der Exhumierung zustimmen. Nach wenigen Minuten setzte Peggy ihren Namen unter das Schriftstück, verließ eilends das Police Department und fuhr zu ihrer Schwester Glenna Lucas. Sie erzählte Glenna von ihrem Treffen mit Bill Peterson, und dass die Leiche ausgegraben werden sollte. Inzwischen war sie regelrecht begeistert von der Sache und brannte darauf, ihre Tochter wiederzusehen. »Ich werde sie noch mal berühren und im Arm halten können«, sagte sie immer wieder.
Glenna teilte ihren Enthusiasmus nicht. Sie war nicht davon überzeugt, dass eine solche »Wiedervereinigung« klug und sinnvoll wäre. Außerdem hatte sie Zweifel an den Beamten, die die Ermittlungen leiteten. In den viereinhalb Jahren seit dem Mord hatte sie mehrmals mit Bill Peterson über den Fall reden müssen. Peggy war psychisch nicht stabil. Sie hatte die Tatsache, dass Debbie tot war, nie akzeptiert. Deshalb hatte Glenna die Polizei wiederholt gebeten, neue Ermittlungsergebnisse zunächst ihr oder einem anderen
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