Der Gefangene
Eindruck. Zu den nächsten beiden Treffen allerdings erschien er nicht, und als er am 9. Dezember wieder auftauchte, wollte er zu Dr. Marie Snow. Er habe seine Medikamente abgesetzt, weil er ein Mädchen kennengelernt habe, das nicht an deren Wirkung glaube. Dr. Snow versuchte, ihn zu überzeugen, die Pillen wieder zu nehmen, doch er erwiderte, Gott habe ihm aufgetragen, die Finger von Alkohol und Drogen zu lassen. Die Termine am 18. Dezember und 14. Januar verpasste er wieder. Am 16. Februar rief Annette bei Norma Walker an und sagte, dass er unberechenbar geworden sei. Sie beschrieb ihn als »psychotisch« und erzählte, dass er angekündigt habe, sich mit einer Waffe zu töten. Am nächsten Tag kam er vorbei, sehr nervös, aber irgendwie vernünftig wirkend. Er verlangte eine neue Medikation. Drei Tage später erhielt Norma Walker einen Anruf von der McCall's Chapel, einer Anlaufstelle für Bedürftige, die auch Arbeit vermittelte. Ron machte gerade eine Szene, brüllte herum und verlangte einen Job. Sie riet dem Anrufer, ihn mit Vorsicht zu behandeln und, wenn nötig, die Polizei zu holen. Am selben Nachmittag brachten ihn Annette und Renee bei Norma Walker vorbei. Die Schwestern waren verstört und baten verzweifelt um Hilfe.
Norma Walker hielt fest, dass Ron unmedikamentiert, verwirrt, orientierungslos, wahnhaft, realitätsfremd und vollkommen unfähig war, sich selbstständig um seine Unterbringung und Verpflegung zu kümmern. Sie bezweifelte sogar, dass er mit geeigneter Medikation allein lebensfähig war. Ihre Lösung lautete:
»Langzeit-Hospitalisierung aufgrund eingeschränkter geistiger Fassungskraft und unkontrollierbaren Verhaltens.«
Die drei gingen ohne Therapieplan und ohne Medikamente. Ron irrte ziellos in Ada herum, bis er schließlich aus der Stadt verschwand. Gary Simmons war an jenem Abend zu Hause in Chickasha und hatte Freunde zu Besuch, als es an der Tür läutete. Er öffnete, und herein stürmte sein Schwager und brach im Wohnzimmer zusammen. »Ich brauch Hilfe«, sagte Ron immer wieder. »Ich bin verrückt und brauch Hilfe.« Er war unrasiert und ungewaschen, seine Haare verfilzt, er hatte keine Orientierung und war nicht sicher, wo er sich befand. »Ich halt das nicht mehr aus«, klagte er.
Garys Freunde kannten Ron nicht und waren schockiert über seinen Auftritt und seinen desolaten Zustand. Der eine ging, der andere blieb. Ron beruhigte sich und verfiel in Lethargie. Gary versprach Ron, ihm irgendwie zu helfen, und schließlich konnten ihn die beiden Männer in ein Auto verfrachten. Der erste Weg führte sie zum nächsten Krankenhaus, wo sie zum örtlichen Mental Health Center geschickt wurden. Dort verwies man sie an das Central State Hospital in Norman. Auf der Fahrt dorthin verfiel Ron in eine fast katatonische Starre. Er brachte mit Mühe heraus, dass er einen Riesenhunger habe. Gary kannte ein Steakhouse, das für seine großen Portionen berühmt war. Doch als sie auf dem Parkplatz hielten, fragte Ron: »Wo sind wir?«
»Wir gehen was essen«, antwortete Gary. Ron versicherte, dass er nicht hungrig sei, und so fuhren sie weiter Richtung Norman.
»Warum haben wir da gehalten?«, wollte Ron wissen.
»Weil du gesagt hast, du hättest Hunger.«
»Hab ich nicht.« Ron begriff nicht, was Gary sagte und tat.
Ein paar Kilometer weiter sagte Ron erneut, er sei sehr hungrig. Gary entdeckte ein McDonald's und hielt. »Was machen wir hier?«, fragte Ron.
»Wir holen was zu essen«, erklärte Gary.
»Warum?«
»Weil du gesagt hast, dass du Hunger hast.«
»Ich hab keinen Hunger. Können wir jetzt bitte schnell zum Krankenhaus fahren?« Sie fuhren weiter und kamen schließlich in Norman an, wo Ron erneut verkündete, dass er Hunger habe. Geduldig suchte Gary wieder ein McDonald's, woraufhin Ron - wenig überraschend - erneut fragte, warum sie anhielten.
Der letzte Stopp vor dem Krankenhaus war an einer Vickers-Tankstelle in der Main Street. Gary kam mit zwei großen Schokoriegeln zurück, die Ron an sich riss und in Sekundenschnelle verschlang. Gary und sein Freund waren fassungslos über das Tempo, mit dem er sie in sich hineinstopfte.
Im Central State Hospital verfiel Ron wiederholte Male in einen Zustand katatonischer Starre. Der erste Arzt gab frustriert auf, da er nicht kooperieren wollte. Nachdem er den Raum verlassen hatte, machte Gary seinem Schwager schwere Vorwürfe. Ron reagierte, indem er sich mit dem Gesicht zu einer kahlen Wand stellte, seine Arme zu einer albernen
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