Der Gefangene
unmittelbar belastete. Indem er ihm den Kontakt und einen Konflikt mit Debbie Carter nur Stunden vor ihrer Ermordung nachsagte, stellte er formal die Verbindung zwischen Täter und Opfer her. Alle andere Beweise gründeten sich allein auf Indizien.
Nur ein Ankläger, der so fest entschlossen war wie Bill Peterson, konnte schamlos genug sein, um einen Kriminellen wie Glen Gore überhaupt in die Nähe seines Falls zu lassen. Gore war in Handschellen und Ketten zu der Anhörung gebracht worden. Er verbüßte eine vierzigjährige Haftstrafe wegen Einbruchs, Menschenraubs und versuchten Mordes an einem Polizeibeamten. Fünf Monate zuvor war Gore in das Haus seiner Exfrau Gwen eingedrungen und hatte sie zusammen mit der kleinen Tochter als Geisel genommen. Betrunken bedrohte er sie fünf Stunden lang mit vorgehaltener Pistole. Als ein Polizist - es war Rick Carson - durch ein Fenster spähte, zielte Gore auf ihn, drückte ab und traf ihn im Gesicht. Zum Glück waren die Verletzungen nicht schwer. Ehe er wieder nüchtern war und aufgab, schoss er auf einen weiteren Polizeibeamten.
Es war nicht der erste gewaltsame Übergriff auf Gwen. 1986 - gegen Ende ihrer stürmischen Ehe - wurde Gore angeklagt, in Gwens Haus eingedrungen zu sein und mehrmals mit einem Schlachtermesser auf sie eingestochen zu haben. Sie überlebte und erstattete Anzeige. Gore wurde zweimal wegen schweren Einbruchs und einmal wegen tätlichen Angriffs mit einer gefährlichen Waffe angeklagt.
Zwei Monate zuvor war Anklage gegen ihn erhoben worden, weil er Gwen angefallen und gewürgt hatte.
1981 war er unter Anklage gestellt worden, weil ersieh gewaltsam Zutritt zum Haus einer anderen Frau verschafft hatte. Es gab außerdem eine Klage wegen Körperverletzung aus seiner Zeit bei der U.S. Army und eine lange Liste von Verurteilungen wegen geringfügiger Delikte. Eine Woche, nachdem sein Name in die Liste der Zeugen gegen Ron Williamson aufgenommen war, kam es zu einer Absprache mit dem Staatsanwalt über eine Strafminderung. Gleichzeitig wurden die Klage wegen Menschenraubs und die Klage wegen Tätlichkeit mit einer gefährlichen Waffe abgewiesen. Als Gore verurteilt wurde, sandten die Eltern seiner Exfrau einen Brief an das Gericht, in dem sie um eine lange Haftstrafe baten. Hier Auszüge aus diesem Brief:
Sie sollen wissen, wie gefährlich dieser Mann unserer Ansicht nach ist. Er hat vor, unsere Tochter, unsere Enkelin und uns zu töten. Das hat er zu uns gesagt. Wir haben uns große Mühe gegeben, das Haus unserer Tochter einbruchsicher zu machen, es war alles vergeblich. Es würde den Rahmen eines Briefes sprengen, wollten wir all die Male aufzählen, die er unsere Tochter angegriffen hat. Bitte geben Sie unserer Tochter genügend Zeit, das Kind großzuziehen, ehe er wieder freikommt und der Terror von Neuem beginnt. Die Kleine soll das nicht noch mal durchmachen.
Seit Jahren hegte Barney Ward den Verdacht, dass Glen Gore in den Carter-Mord verwickelt war. Er war ein Berufsverbrecher und notorisch gewalttätig gegen Frauen. Und er war die letzte Person, die mit dem Opfer gesehen worden war. Es war völlig unverständlich, dass die Polizei so wenig Interesse an ihm zeigte.
Gores Fingerabdrücke waren nie ins OSBI-Labor gelangt. Die Fingerabdrücke von vierundvierzig Personen waren analysiert worden, seine nicht. Er hatte sich einmal bereit erklärt, einen Lügendetektortest zu machen, der aber nie durchgeführt wurde. Die erste Haarprobe von Gore hatte die Polizei von Ada verschlampt, woraufhin er eine zweite abgab. Und vielleicht auch eine dritte. So genau wusste das keiner mehr.
Barneys Aufnahme- und Erinnerungsvermögen für Gerichtsklatsch war verblüffend. Er wusste genug, um davon überzeugt zu sein, dass Gore von der Polizei hätte überprüft werden müssen.
Genauso wie er wusste, dass sein Mann, Ronnie Williamson, unschuldig war. Erst Jahre später wurde das Rätsel um den nachlässigen Umgang mit Gore zumindest teilweise gelüftet. In einer beeideten schriftlichen Erklärung sagte er - noch immer inhaftiert - aus, dass er Anfang der Achtzigerjahre in Ada Drogen verkauft habe, insbesondere Methamphetamin. In seine Geschäfte seien zum Teil auch Polizeibeamte aus Ada verwickelt gewesen, vor allem ein gewisser Dennis Corvin, den er als »Hauptlieferant« bezeichnete und der im Harold's verkehrt sei, wo er, Gore, gearbeitet habe.
Wenn er den Beamten Geld geschuldet habe, hätten sie ihn unter einem Vorwand festgenommen, doch überwiegend
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