Der Gefangene
sie plötzlich ein paar erstaunliche Neuigkeiten für die Ermittler hervor. Sie habe im Gefängnis nicht nur Fontenot belauscht, sondern auch Williamson. Auch er habe ein volles Geständnis abgelegt.
Was für ein unfassbares Glück für die Cops! Sie hatten nicht nur ein Traum-Geständnis zuwege gebracht - ihr bevorzugtes Ermittlungsinstrument -, sondern jetzt auch noch einen Spitzel an der Hand, ihr zweitliebstes Werkzeug.
Holland hielt sich bedeckt, warum sie erst jetzt, im Frühjahr 1987, mit Rons Geständnis kam. Über zwei Jahre hatte sie kein Wort darüber verloren. Warum sie mit Fontenots Eingeständnis dagegen sofort zu Smith und Rogers gelaufen war, wollte niemand von ihr wissen.
Als Zeugin in der Voruntersuchung konnte sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Da Ron nicht an dem Verfahren teilnahm, konnte sie erdichten, was sie wollte. Sie berichtete etwa, dass er seine Mutter einmal am Telefon angebrüllt habe: »Ich bringe dich um, wie ich Debbie Carter umgebracht habe!«
Das einzige Telefon des Gefängnisses war an einer Wand in der Aufnahme angebracht. Es kam selten vor, dass Insassen telefonieren durften. Wenn sie an den Apparat konnten, mussten sie sich über einen Tresen lehnen und mit ausgestrecktem Arm nach dem Hörer greifen. Wer auch immer gerade am Empfangsschalter arbeitete, wurde unweigerlich Zeuge des Gesprächs. Dass ein anderer Gefangener zufällig etwas mitbekam, war unwahrscheinlich, wenn nicht ganz und gar ausgeschlossen. Terri Holland sagte außerdem aus, dass Ron bei einer Kirche angerufen habe, dort jemanden um Zigaretten gebeten und gedroht habe, die Bude anzuzünden, wenn man ihm keine bringe.
Erneut konnte niemand die Aussage bestätigen. Allerdings fragte auch niemand nach der Raumaufteilung des Gefängnisgebäudes oder wie es sein konnte, dass ein weiblicher Häftling so nahe an die männlichen Insassen herankam.
Stattdessen betätigte sich Peterson als Stichwortgeber. »Haben Sie ihn jemals darüber reden hören, was er Debbie Carter angetan hat?«
»Ja, im Trakt mit den Gemeinschaftszellen hat er geredet«, erwiderte sie. »Gleich nachdem sie Tommy Ward und Karl Fontenot reinbrachten.«
»Was hat er in den Gemeinschaftszellen gesagt, in Bezug auf das, was er Debbie Carter angetan hat?«
»Er sagte nur, dass ... ich weiß nicht, wie ich's ausdrücken soll. Er sagte, sie dachte, sie wäre was Besseres als er, und dass er der Hure gezeigt hat, dass sie's nicht ist.«
»Noch etwas?«
»Er sagte, er hat sie gezwungen, mit ihm zu schlafen. Na ja, so hat er's nicht gesagt. Ich weiß nicht mehr, wie er es ausgedrückt hat. Er sagte, er hat ihr eine Cola... eine Ketchupflasche in den Hintern und ihren Slip in den Rachen gestopft, und er hat ihr eine Lektion erteilt.«
Peterson gab weiter mit Suggestivfragen die Richtung vor. »Hat er in Bezug auf Debbie Carter gesagt, dass sie den Mund halten soll oder so etwas?«
»Ja, er wollte es mit ihr machen, aber sie wollte nicht, und da sagte er, es wäre besser für sie, wenn sie den Mund halten und es ihm besorgen würde.«
»Damit er nicht gezwungen wäre, was zu tun?«, half Peterson seiner stockenden Zeugin auf die Sprünge.
»Sie zu töten.«
Unglaublich, dass Bill Peterson, seines Zeichens Organ der Rechtspflege und betraut mit der Pflicht, die Wahrheit zu finden, sich auf so einen Mummenschanz eingelassen hatte.
Der entscheidende Part beim Spitzeln ist die Belohnung. Das Strafmaß für Terri Holland wurde in Absprache mit dem Staatsanwalt herabgesetzt. Damit war sie auf freiem Fuß und alle Probleme los. Sie stimmte einer Entschädigungszahlung in monatlichen Raten zu, kam aber ihren Verpflichtungen schon bald nicht mehr nach. Die wenigsten wussten damals, dass Terri Holland mit Ron Williamson noch eine Rechnung offen hatte. Jahre vorher, zu der Zeit, als Ron in Ada als Vertreter von Rawleigh-Produkten unterwegs war, bot sich ihm einmal unerwartet die Gelegenheit zum Sex. Als er an einer Tür klopfte, bat ihn eine weibliche Stimme herein. Er trat ein und sah sich einer splitternackten Frau gegenüber, Marlene Keutel. Es schien sonst niemand im Haus zu sein, und so kam man schnell zur Sache.
Marlene Keutel war psychisch labil, und eine Woche nach dieser Episode beging sie Selbstmord. Ron kam noch ein paarmal bei ihr vorbei, um seine Produkte anzubieten, fand sie aber nie zu Hause vor. Dass sie tot war, wusste er nicht.
Ihre Schwester war Terri Holland. Kurz nach dem sexuellen Kontakt erzählte Marlene Terri davon und
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