Der Gefangene
stammte, musste er zu Debbie gehören.
Mary Long war Gerichtsmedizinerin und hatte sich auf Körperflüssigkeiten spezialisiert. Sie erklärte den Geschworenen, dass sich die Blutgruppe bei etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung nicht anhand von Körperflüssigkeiten wie Speichel, Sperma und Schweiß feststellen lasse. Fachsprachlich nenne man diese Personengruppe »Nichtsekretoren«. Nachdem sie Blut- und Spermaproben von Ron und Dennis untersucht habe, sei sie sicher, dass die beiden Nichtsekretoren seien.
Die Person, die das Sperma am Tatort hinterlassen habe, sei vermutlich ebenfalls ein Nichtsekretor, obwohl Long aufgrund von zu wenig Beweismaterial nicht sicher war. Daher würden achtzig Prozent der Bevölkerung aus dem Kreis der Verdächtigen ausscheiden. Oder »etwa« achtzig Prozent, vielleicht ein paar mehr, vielleicht ein paar weniger. Trotzdem trugen Fritz und Williamson jetzt das ominöse Etikett »Nichtsekretoren«.
Longs Zahlenangaben wurden beim Kreuzverhör durch Greg Saunders widerlegt, der sie zwang zuzugeben, dass die meisten Blut- und Speichelproben, die sie im Fall Carter analysiert hatte, von Nichtsekretoren stammten. Von den zwanzig Proben, die Long untersucht hatte, stammten zwölf von Nichtsekretoren, einschließlich Fritz und Williamson.
Sechzig Prozent der potenziellen Verdächtigen in diesem Fall waren Nichtsekretoren, während es im nationalen Durchschnitt lediglich zwanzig Prozent waren. Es spielte keine Rolle. Longs Aussage schloss viele aus, die für die Tat infrage kamen, und ließ Dennis Fritz noch verdächtiger erscheinen.
Der letzte Zeuge der Anklage war bei weitem der effektivste. Peterson hatte sich seinen K.-o.-Schlag für die letzte Runde aufgehoben, und als Melvin Hett mit seiner Aussage fertig war, hatte er die Geschworenen überzeugt.
Hett war der Haarexperte des OSBI, ein erfahrener Sachverständiger, der schon oft vor Gericht ausgesagt und mitgeholfen hatte, viele Kriminelle ins Gefängnis zu schicken. Die kriminaltechnische Untersuchung von menschlichem Haar war bereits bei ihren Anfängen 1882 ein kontroverses Thema. In diesem Jahr verglich bei einem Fall in Wisconsin ein »Experte« im Auftrag der Anklage das Haar eines Verdächtigen mit einem Haar, das man am Tatort gefunden hatte, und sagte anschließend aus, beide Haare würden von derselben Quelle stammen. Die »Quelle« wurde verurteilt, doch in der Revision hob der Supreme Court von Wisconsin das Urteil mit folgender Begründung auf: »Ein solcher Beweis ist von höchst gefährlicher Natur.« Tausende unschuldiger Angeklagter wären nie verurteilt worden, wenn man diesen Rat befolgt hätte. Stattdessen machten Polizei, Ermittler, kriminaltechnische Labors und Staatsanwälte mit der Analyse von Haaren unverdrossen weiter, die häufig die einzige echte Spur an einem Tatort waren. Im zwanzigsten Jahrhundert waren Haaranalysen derart gebräuchlich und umstritten, dass zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema durchgeführt wurden.
Viele dieser Untersuchungen belegen eine hohe Fehleranfälligkeit, und als Reaktion auf die Diskussion rief die Law Enforcement Assistance Administration - eine Verwaltungsbehörde, die für die Koordination der kriminologischen Forschung zuständig ist - 1978 ein Qualitätsprogramm für die kriminaltechnischen Labors ins Leben. Landesweit beteiligten sich zweihundertvierzig der besten Labors an dem Programm, bei dem die Analysen der Labors untersucht wurden, die diese für verschiedene Arten von Beweismitteln einschließlich Haaren durchführten.
Die Haaranalysen waren eine Katastrophe. In den meisten Labors waren sie in vier von fünf Fällen falsch.
Andere Untersuchungen heizten die Diskussion über die Zulässigkeit von Haaren als Beweismittel vor Gericht weiter an. Eine Studie belegte, dass die Fehlerfreiheit stieg, wenn ein Haar von einem Tatort mit dem Haar fünf verschiedener Männer verglichen und nicht angegeben wurde, wen die Polizei am meisten verdächtigte. Auf diese Weise wurde die Möglichkeit einer unbeabsichtigten Voreingenommenheit ausgeräumt. Diese Studie bewies aber auch, dass die Fehlerfreiheit sich erheblich verringerte, wenn dem Kriminaltechniker gesagt wurde, wer der »Verdächtige« war. In diesem Fall kann eine vorgefasste Meinung die Ursache dafür sein, dass das Ergebnis der Haaranalyse zuungunsten des Verdächtigen beeinflusst wird.
Sachverständige für Haare bewegen sich juristisch gesehen auf sehr dünnem Eis, und in ihren
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