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Der gefrorene Rabbi

Der gefrorene Rabbi

Titel: Der gefrorene Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Stern
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überlistet und gefangen den Todesengel Samael, aber hob ich ihn freigelassen, damit es gibt noch in der Welt das Böse und damit den freien Willen? Dann bei der Flut bin ich gestorben, und bin ich aufgewacht im Paradies, woß is meine Belohnung, dass nichts mehr ich muss befolgen. Asoj erzähle ich dem ganzer klal, auch den gojim, is es schon der Himmel auf dem Planeten Erde. Steht es alles in meinem Buch.«
    Bernie fand, dass die vom Rabbi geschilderten Taten erstaunliche Ähnlichkeit mit den Werken der Meister aus Martin Bubers Die Erzählungen der Chassidim hatten. »Das bringen Sie Ihren Schülern bei?«, fragte er.
    »Seelenfrieden geb ich ihnen zu tauschen gegen goldene Sicherheit und den Kredit mit dem variablen Zins, damit sie fühlen sich gut mit sich selbst und nicht schuldig, weil sie schlagen die kinder, betrügen die Frau oder verraten den Freund. Dann ich lass sie schnuppern die Göttlichkeit, damit sie genießen a bißl Glück. Gott sei gelobt, woß erlaubt doß Verbotene. Lebt, als wäre der Tag schon gekommen. ›Vor deinem Fleisch verstecke dich nicht.‹«
    »Und was ist mit ›Handle nicht gegen andere, wie es dir selbst verhasst wäre‹?« Bernie bemerkte, dass er ein wenig frömmlerisch klang.
    »Will ich die gojim nicht machen verlegen mit zu viel jüdischem Zeug«, entgegnete der Rabbi, »aber wenn wir schon reden von Hillel, woß is mit ›Wenn nicht jetzt, wann sonst‹?« Bei diesen Worten kniff er Messalina, die fröhlich kicherte, in den breiten Hintern.
    »Das hilft mir nicht weiter«, murmelte Bernie vor sich hin.
    »Schezenju, bist du ganz farmischt, weil du so leidest von den dicken bejzim.« Mitfühlend berührte er seine Hoden. »Entspannst du dich und legst du ab in der passenden weiblichen Öffnung deinen Samen. Is die Natur. Ich selbst, hob ich auf Erden nie gehabt a Frau und Kinder; wie die Karaiten, woß von sich machen einen Eunuchen, war ich rein. Bis zu dem Leben nach dem Tod hob ich gewartet, zu sein ein Mann, und muss ich jetzt wieder aufholen die verlorene Zeit. Hörst du endlich auf zu kwetschn, und fängst du an zu jenzn; is doß mein Rat, woß ich dir gebe gratis und dazu eine erste Ausgabe von meinem Buch, woß heißt Der Weise aus dem Eis , die Abenteuer von Rabbi Elieser ben Zephir und Gott. Rosalie, sißkajt, holst du mir ein Exemplar von dem Buch, woß kostet neunundzwanzig fünfundneunzig in dem Einzelhandel.«
    Bernie nahm den im Eigenverlag veröffentlichten Band entgegen. Auf dem Hochglanzumschlag prangte ein Porträt des Rabbis mit dem schtrejml aus Waschbärenfell. »Danke«, sagte er unsicher. Wenigstens etwas Handfestes, was er von dem Besuch nach Hause mitnehmen konnte. Lag ihm Lou nicht ständig damit in den Ohren, dass er ihr etwas Wertvolles von seinen Reisen mitbringen sollte? Es reichte nicht, ihr von der Einheit zu erzählen, die die Erlösung alles Seienden ist. Erlösung konnte man sich in Rabbi ben Zephirs Haus der Erleuchtung abholen, wenn man einen angemessenen jährlichen »Zehnten« entrichtete. Für ein angemessenes Honorar war der Rabbi bereit, die Seele seiner Klienten wiederherzustellen. Was konnte man da mehr verlangen? Genau das war die Frage, die der immer noch frustrierte Bernie dem Meister stellte.
    Dieser seufzte ungeduldig. »Chomer …«
    »Bernie«, korrigierte der Junge.
    »Weiß ich deinen Namen. Chomer heißt Materie; die materielle Welt, genannt auch pardess, der Garten, und is er alles, woß uns muss interessieren.«
    Bernie packte allmählich die Verzweiflung. »Aber ist sie nicht ziemlich hoffnungslos, die Welt, meine ich?«
    »Woß für eine Botschaft doß is? Weißt du, dass sie dieselben sind hebräisch, die Wörter für Bote und Engel? Is es für den Lehrer seine Verantwortung, zu bringen die gute Nachricht.«
    »Auch wenn es eine Lüge ist?«
    Der Rabbi ignorierte ihn. »Hob ich keine Zeit mehr, muss ich mich jetzt treffen mit meiner Gruppe von der tantrischen Kabbala.« Die Damen halfen ihm aus dem Stuhl und hinein in die rituellen Gewänder, dann bearbeiteten sie ihn wieder mit Puderquaste und Pinsel. »Bin ich sehr dankbar für unser Gespräch, baruch ha-schem, und so weiter.«
    Er war schon fast durch die Tür, ehe sich Bernie so weit gefasst hatte, dass er ihm nachrufen konnte: »Rabbi, warten Sie!«
    Der Alte drehte sich nur halb um. »Woß du willst?«
    »Ihren Segen?«
    »Klar, klar. Gej in gesunterhejt. Tobst du dich aus.« Dann war er verschwunden.

1908
    W ie Brüder schliefen sie zusammen im selben Bett,

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