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Der Gegenschlag - Extreme Measures

Der Gegenschlag - Extreme Measures

Titel: Der Gegenschlag - Extreme Measures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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leichtfertig oder gar aus dem perversen Vergnügen heraus, ihre Macht auszunutzen. Solche Entscheidungen wurden stets mit großer Sorgfalt und nach reiflicher Überlegung getroffen, doch sie wurden getroffen, und Irene Kennedy musste mit ihnen leben - mit den Entscheidungen und mit den Lügen. Sie wusste, dass Rapp damit umgehen konnte, aber um Nash machte sie sich zunehmend Sorgen. Während Rapp nach der Ermordung seiner Frau allein lebte, war die Sache für Nash um einiges schwieriger. Er war verheiratet und hatte vier Kinder und wechselte ständig zwischen dem alltäglichen Familienleben und nächtlichen Verhören hin und her.
    Teilweise hatten sie sich auch eine eigene Ausdrucksweise angewöhnt, um mit ihren weniger noblen Taten klarzukommen. So sprachen sie von extremen Verhören ,
weil das einfach harmloser klang als Folter , und ein Verdächtiger wurde ausgeliefert und nicht einfach entführt . Rapp hatte für solche beschönigenden Worte nichts übrig. Es war nun einmal ein schmutziges Geschäft, das sie zu erledigen hatten, ein Geschäft, in dem man es nicht unbedingt mit ehrbaren Leuten zu tun hatte. »Wir sind keine Bullen«, pflegte Rapp den anderen gelegentlich in Erinnerung zu rufen. »Und wir sind auch keine Soldaten. Wir sind Spione, und Spione machen üble Sachen mit üblen Typen.«
    Es stand nirgendwo geschrieben, dass sie einen fairen Kampf zu führen hatten. Für ihre Feinde hatte Fairness ohnehin keine Bedeutung, und trotzdem wurden sie von ihren Leuten als Helden gefeiert. In Amerika wurden jede Menge Konferenzen und Sitzungen abgehalten, so wie die im Justizministerium, an der sie gerade teilgenommen hatte. Sitzungen mit Leuten, die keinen blassen Schimmer hatten von dem beinharten Kampf, der im Verborgenen tobte. Als Belohnung für seinen Einsatz wurde man dann von irgendeinem eitlen Mistkerl wie diesem Wade Kline verfolgt. Das Mindeste war, dass die Medien über einen herfielen, und wenn man Pech hatte, landete man auf der Anklagebank. Kennedys Besorgnis wuchs, als sie an Rapp und Nash dachte. Ein kleiner Fehler, und die Geier würden sich auf sie stürzen.
    Der Mann, mit dem sie verabredet war, erschien oben auf der Treppe mit einem entschuldigenden Lächeln auf dem Gesicht. Kennedy war kein bisschen verärgert, dass er sich zwanzig Minuten verspätet hatte. Sie schob ihren Stuhl zurück, um aufzustehen, doch der Mann eilte zu ihr und bedeutete ihr mit einer Geste, sitzen zu bleiben.
    »Es tut mir leid, dass ich so spät komme«, sagte er und beugte sich vor, um sie auf die Wange zu küssen.

    »Das macht überhaupt nichts. Ich bin ganz froh, wenn ich mal einen Moment für mich allein habe.«
    Der Mann lachte herzlich und setzte sich ihr gegenüber. Er knöpfte sein Anzugjackett auf und zog eine Lesebrille aus der Innentasche. William Barstow leitete eine Investmentfirma hier in der Stadt und war seit etwas mehr als einem Jahr geschieden. Kennedy hatte seine Exfrau und die beiden Kinder noch nie gesehen und hatte es auch nicht eilig damit. Kennengelernt hatte sie ihn auf einer Benefizveranstaltung für das Kennedy Center, als sie neben ihm saß und er sie zum Lachen brachte. Den meisten Leuten mochte das recht wenig erscheinen, aber es gab nicht allzu viel zu lachen in ihrem Leben. Gegen Ende der Veranstaltung hatte er sie gefragt, ob sie mit ihm ausgehen würde, und sie hatte geantwortet, warum nicht, und nun war es bereits das fünfte Mal, dass sie sich trafen.
    Sie saßen in Ruth’s Chris Steak House in der Connecticut Avenue. Der Service war ausgezeichnet und das Essen ebenso, aber das Wichtigste war, dass es als eines der wenigen Restaurants in der Stadt ein gutes Arbeitsverhältnis zu Langley hatte. Unweit der Embassy Row gelegen, wurde das Etablissement oft für Sitzungen benutzt, und man munkelte, dass es von vorn bis hinten verkabelt war. Kennedy mochte es, weil es einen Raum im ersten Stock gab, der einem mit seinen zwei Glaswänden wenigstens die Illusion vermittelte, dass man mittendrin in dem meist vollbesetzten Restaurant war. Der Raum war viel weniger stickig als andere Privaträume in der Stadt, wo man sich manchmal vorkam, als würde man in einem Wandschrank sitzen. Ihr Sicherheitsteam war mit dem Restaurant bestens vertraut und konnte es leicht absuchen und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen treffen.

    Kennedy sah den Mann über den Tisch hinweg an. Er war eindeutig der John-Wayne-Typ mit seiner breiten Brust, seinen warmen braunen Augen und seinem entwaffnenden Lächeln,

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