Der Gegenschlag - Extreme Measures
Linie, dass alle gleich behandelt wurden.
Rapp wurde in der großen zehn mal drei Meter messenden Zelle keine fünf Minuten in Ruhe gelassen. Ein drahtiger schwarzer Krimineller, offensichtlich schwer drogensüchtig, ging auf ihn los, kaum dass er die Zelle betreten hatte. Anstatt mit dem Mann zu reden, schickte ihn Rapp mit einer blitzschnellen Geraden in den Solarplexus zu Boden, wo er nach Luft rang wie ein Fisch auf dem Trockenen. Zwei etwas kräftigere und jüngere schwarze Männer nahmen daran Anstoß und schlenderten gemächlich durch die Zelle, während sie laut darüber plauderten, was sie alles mit ihrem neuen Opfer machen würden. Binnen fünf Sekunden taxierte Rapp die beiden und wusste, was er zu tun hatte. Der Mann zur Linken trat einen halben Schritt vor den anderen und schlug zu. Rapp bewegte seinen Kopf höchstens fünfzehn Zentimeter zur Seite und ließ die Faust ins Leere gehen. Mit einer leichten Drehung hob er das rechte Bein und trat dem Mann gegen die Außenseite des rechten Knies. Nachdem der Faustschlag des Mannes sein Ziel verfehlt hatte, ruhten für eine Sekunde fünfundneunzig Prozent seines Körpergewichts auf dem vorderen Fuß. Als Rapps Fuß gegen das Knie krachte, knickte der Mann ein, als wäre er auf dünnen Stelzen gegangen.
Der andere stürzte sich augenblicklich auf ihn und erwischte ihn auch für eine Sekunde am Overall, bevor Rapp sich mit einer Serie von Schlägen gegen verschiedene wichtige Organe befreien konnte. Dann packte er den Mann am Handgelenk, drehte es um hundertachtzig Grad und streckte den Arm durch, so dass der Ellbogen nach oben zeigte. Ein rascher Tritt in den Magen schickte den Mann zu Boden. Einen Moment lang war es völlig still im Raum. Rapp sah sich in der Zelle um und versuchte die Stimmung unter den anderen Häftlingen zu erahnen. Sie verfolgten das Geschehen aufmerksam, und einige sahen so aus, als wollten sie sich einmischen. Rapp beschloss, dass er die Gewalt am ehesten stoppen konnte, indem er ein Exempel statuierte. Er hatte den ausgestreckten Arm des Mannes immer noch fest im Griff, als er sich auf sein rechtes Knie niederließ, den linken Arm hob und mit voller Wucht mit dem Ellbogen nach unten stieß. Das Ellbogengelenk des Mannes explodierte förmlich, so als würde ein Stück Holz unter einem zu großen Gewicht bersten.
Als die Wärter auftauchten, kam der erste der drei Angreifer gerade wieder zu Atem, doch die beiden anderen wälzten sich am Boden und schrien vor Schmerz. Die Wärter besprachen sich kurz und beschlossen, Rapp in eine der Verhörzellen zu bringen. Dort hatte er schließlich von ein Uhr morgens bis jetzt gesessen. Er war an Händen und Füßen gefesselt und an den Metalltisch gekettet. Die Wände waren völlig weiß. Nachdem es nichts zu sehen und zu tun gab außer warten, legte Rapp den Kopf auf den Tisch und versuchte zu schlafen. Er hätte nicht mehr genau sagen können, wie lange er schon hier drin saß, doch es kam ihm vor wie zehn Stunden, was wiederum hieß, dass es wahrscheinlich eher fünf Stunden
waren. Allein mit sich und seinen Gedanken, fragte er sich, wie Irene Kennedy reagieren würde. Es war durchaus anzunehmen, dass sie Himmel und Hölle in Bewegung setzte, aber in dieser Stadt konnte man nie wissen.
Als schließlich die Tür aufging, blickte Rapp auf und sah einen Mann ungefähr in seinem Alter in einem blauen Anzug und einer mintgrün und blau gestreiften Krawatte. Er sah gut aus, aber nicht unbedingt auf eine männliche Weise. Er war einfach zu perfekt, zu gestylt, so als widme er seinem Äußeren viel Aufmerksamkeit. Mit einer Tasse Kaffee und einem Scone in den Händen und einer Ledermappe unter dem Arm kam er zu ihm in die Zelle. Er trat die Tür mit dem Fuß zu und setzte sich Rapp gegenüber.
Nachdem er seine Krawatte zurechtgerückt und einen Schluck Kaffee getrunken hatte, sagte er: »Sie haben es geschafft, sich eine Menge Ärger einzuhandeln.«
Rapp sah ihn mit seinen dunkelbraunen Augen an und sagte nichts.
»Einen Offizier der United States Air Force zu schlagen ist ein gravierendes Vergehen.« Er sah Rapp mit seinem ernstesten Gesichtsausdruck an und schlug die Aktenmappe auf. »Ganz zu schweigen davon, dass Sie sich in der Uniform eines Colonels unbefugt Zutritt zu einer Militäranlage der Vereinigten Staaten verschafft haben. Ich würde sagen, das Glück hat Sie verlassen, Mr. Rapp.«
Rapp sagte nichts. Er sah den Mann nur an und fragte sich, ob er wirklich glaubte, ihm Angst machen zu
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