Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
Seite, bei dem es sich um den Jünger Thomas handelte, wie Timon Jona zuraunte.
»Das genügt!«, erklärte Jesus und stürzte seine Anhänger in noch größere Verständnislosigkeit. Doch er schien es überhaupt nicht zu bemerken, sondern trug ihnen auf: »Sag den Leuten, sie sollen sich zu je fünfzig und hundert in Gruppen setzen. Nicht einer wird hungrig von dannen ziehen!« Dann nahm er die Brote und die beiden Fische, blickte zum Himmel auf, segnete sie, brach die Brote wie auch die Fische, gab sie seinen Jüngern und forderte sie auf, sie an die Männer und Frauen zu verteilen.
Jona sah, wie die Jünger mit den wenigen Broten und Fischen kopfschüttelnd hinunter in die Menge schritten und damit begannen, Stücke davon abzubrechen. Fast wollte er in Gelächter ausbrechen, weil es ihm lächerlich erschien. Nicht einmal die erste Gruppe würde von diesen fünf Broten und zwei Fischen genug abbekommen, um auch nur halbwegs satt zu werden!
Dann jedoch stockte ihm der Atem. Denn Petrus und seine Männer kehrten nicht wie erwartet schon von der ersten Reihe mit leeren Händen zu ihnen zurück. Ganz im Gegenteil! Und mit ungläubigem Blick verfolgte er, wie die Jünger immer tiefer in die Menge hineingingen - und ohne Unterlass von dem Stück Brot und dem Stück Fisch, das Jesus jedem zugeteilt hatte, an die Menschen austeilten. Und jeder bekam mehr als genug, um seinen Hunger zu stillen. Bis in die hintersten Reihen gingen sie und das Brot und der Fisch nahmen noch immer kein Ende.
Es war ein Wunder, das ihn fassungslos machte. Auch Timon und den anderen, die bei ihnen oben auf dem Hügel standen, verschlug es die Sprache.
Als alle reichlich gegessen hatten, forderte Jesus seine von der Essensausteilung zurückgekehrten und nicht weniger verstörten Jünger auf: »Und jetzt geht herum und sammelt ein, was übrig geblieben ist!«
Es waren zwölf Körbe, die sie, mit Brocken randvoll gefüllt, zu ihm zurückbrachten.
Jesus gab keine Erklärung für das Wunder, das er vor so vielen Augen vollbracht hatte. Es war, als ahnte er die vielen Fragen, mit denen man ihn bedrängen würde. Denn noch bevor einer von ihnen den Mut gefasst hatte, ihn zu fragen, wie er diese unglaubliche Brotvermehrung 11 vollbracht hatte, wies er Petrus an, die Menge zu entlassen. Dann fügte er noch knapp und unmissverständlich hinzu, dass er nun die Stille des nächsten Berges aufsuchen werde, um allein zu beten und mit seinem Vater im Himmel zu reden. Und damit verschwand er.
Jonas Erschütterung war so groß, dass er darauf bestand, sofort nach Kapernaum zurückzukehren. »Das ist mehr, als ich an einem Tag verkraften kann«, murmelte er. »Sei mir nicht böse, aber ich glaube, es ist besser so. Bleib du nur bei deinen Freunden. Wir sehen uns bestimmt bald wieder. Du hast ja gesagt, dass Jesus mit euch bald wieder nach Kapernaum kommen will, schon weil Petrus und Andreas nach ihren Familien sehen möchten.«
Timon war selbst so verstört, dass er erst gar keinen Versuch unternahm, ihn zum Bleiben zu überreden. Sie verabschiedeten sich mit einer hastigen Umarmung, dann eilte Jona im Strom der anderen davon.
Es war schon dunkel, als er Kapernaum erreichte und die Grenzstation passierte. Vor dem Häuserkomplex der Fischer, der seit einem guten halben Jahr sein Zuhause war, traf er auf Jakob.
»Gut, dass du schon so früh wieder zurück bist!«, rief Jakob erfreut, als er ihn erblickte. »Du kommst nämlich wie gerufen!«
»Ist etwas passiert?«, fragte Jona besorgt, zugleich aber auch froh über jede Art von Ablenkung, die seine Gedanken von dem befreite, was ihn seit dem Wunder der Brotvermehrung bei Betsaida aufwühlte und beschäftigte.
»Nichts, was dich beunruhigen müsste!«, versicherte Jakob eiligst. »Aber da ist ein Mann, der unbedingt mit dir sprechen möchte. Und zwar so schnell wie möglich. Die Sache eilt nämlich! Komm, ich bringe dich zu ihm!«
7
»Wer ist dieser Mann, zu dem du mich so dringend führen musst? Kenne ich ihn?«, fragte Jona nun doch beunruhigt. Zwar hatte er sich in den vergangenen Monaten mit einigen der jüngeren Männer angefreundet. Aber es verband ihn doch mit keinem eine so große Freundschaft wie mit Timon, und er wusste keinen, der nach ihm in einer dringlichen Angelegenheit hätte fragen können.
»Nein, sein Name ist Esra ben Haschum«, teilte Jakob ihm mit, während sie in die Gasse zum Markt einbogen. »Er ist Fischhändler. Keiner von den vielen kleinen, die hier im Ort ihre Geschäfte
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