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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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ihrer Tasche. «Geschenk, mein kleines Geburtstagskind, ein Abo für das beste Fitnessstudio der Stadt. Sieben Saunas, Swimmingpool, Jacuzzi.»
    «Trainieren wir zusammen?», fragte ich.
    Sie grinste. «Frauen von neun Uhr morgens bis drei Uhr nachmittags, Männer von halb fünf bis zehn.»
    «Was für ein Spaß für Homos», lachte ich, «da kann man schlecht trennen.»
    «Deine Stimme hat so viel Licht», sagte Nilu, während sie sich alle Mühe gab, mich mit Liebe zu erdrücken. Dann bestellte sie eine große Schachtel vom «Pizza Express» und öffnete dem Lieferjungen in einem dünnen weißen Hemd, das knapp die Unterhose bedeckte und durch das man die Brustwarzen sehen konnte, wenn man sich anstrengte, und ich prüfte die ganze Zeit über, ob es mir gelang, mich an Babak zu erinnern. Dann gingen wir ins Bett, und ich schlief tief ein.
    Am Morgen fand ich endlich den Mut, zu ihr zu sagen: «Komm, lass uns mit deinem Vater reden. Er ist Parlamentsmitglied, er kann Nachforschungen anstellen lassen wegen Babak. Wenn ein Parlamentsmitglied nachforschen würde, wäre das eine Hoffnung.»
    «Sicher, keine Sorge, ich werde mit ihm reden», sagte sie schnell. Und als sie sah, dass ich nicht sofort lächelte, flüsterte sie: «Du kannst ganz beruhigt sein, mein Tschutschu», und küsste mich. Ich wusste, alles würde wieder in Ordnung kommen.

20
    Der dicke Mas’ud Nadschafian saß nun fast ununterbrochen im Treppenhaus. Egal, wann ich kam oder ging, er war da, strickte einen orangefarbenen Pullover, langsam, stierte mich vorsätzlich feindselig an, brütete böse Pläne aus, misstrauisch und gierig auf Beute lauernd.
    Mein Mobiltelefon klingelte. Ich antwortete. Schweigen. Lange schwere Atemzüge am anderen Ende, jemand versuchte, mich zu erschrecken. «Hallo, hallo», rief ich ungeduldig. Jemand hörte mir zu. Eine männliche Stimme voller Sicherheit und vielleicht auch Boshaftigkeit in der Stimme sagte mit hörbarem Grinsen: «Ich verstehe, junger Mann, ein Irrtum, wie schade.» Eine irritierende Formulierung. Er dehnte die Worte langsam, hatte seine Freude an der eigenen, anmaßenden Bassstimme, und dann schnaubte er in den Hörer und trennte die Verbindung.
    In den Korridoren der Universität zeigte mir Mehramiz von der muslimischen Studentenvereinigung die kalte Schulter und warf mir während der Vorlesungen verstohlene Blicke mit vor Hass und Abscheu gerümpfter Nase zu. Er war ein Verbindungsmann, das wusste ich, wenn gegen mich also Verdachtsmomente auf subversive Umtriebe vorlagen, dann hatte das Sicherheitsministerium ihn bestimmt informiert. Sollte Babak in Haft sein, würde er beim Verhör garantiert zusammenbrechen, und dann würden auch wir einer nach dem anderen verschwinden. Wir alle waren verdächtige Elemente, Sittenverbrecher, Subversive, Konsumenten westlicher Korruption, Ketzer. Die Strafe würde auf dem Fuß folgen.
    Ob sie mich schon beschatteten?
     
    In den nächsten anderthalb Wochen war Zahra pausenlos krank. Sie stopfte sich wahllos mit Antibiotika voll, und ich betete darum, dass das alles nur psychosomatisch sei, denn wenn es das nicht war, konnte es sein, dass sie vorsätzlich infiziert worden war. Es waren schließlich zehn Jahre seit der Hinrichtung von Schriftstellern mittels einer Kaliumspritze vergangen, und in zehn Jahren hatten die staatlichen Wissenschaftler ihre Tötungsmethoden garantiert perfektioniert. Welchen Grund gab es schon, überflüssige Menschen wie uns am Leben zu lassen, die sich in den Gedanken verliebt hatten, man könne ein Loch in das Haupt der Herrschaftsstabilität bohren. Man konnte uns hier alle miteinander in aller Stille wegräumen. Am Donnerstag war auch ich erkältet, die Seuchentheorie schien konkreter denn je. Mein Herz sagte, gib auf, finde dich ab, warte auf Nachrichten von Babak, sei geduldig, lass die subversiven Gespräche in der Wohnung abkühlen und lebe dein Leben. Ich musste mich im Studium auszeichnen, etwas Großes werden, mächtig, dann könnte ich vielleicht Einfluss nehmen, nicht als ein törichter Junge, der Detektiv spielte.
    Es gab Augenblicke, da wollte ich überhaupt nicht nach oben, da war ich bereit, auf den Traum von Macht und Einfluss zu verzichten, um einfach ein kleiner Mensch zu sein. Ich ging nicht mehr nach Anbruch der Dunkelheit allein zur Apotheke, trieb mich nach Sonnenuntergang nicht mehr auf der Straße herum. Ich ließ Beweise verschwinden, verwischte Spuren, erkundigte mich freundlich nach der Familie Nadschafian,

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