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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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beleidigtes Gesicht zu machen, und schämte mich gleichzeitig, dass ich so war. Ein kleines Tablett mit Kokain tauchte aus einem Versteck hinter der Bar auf, eine Aufmerksamkeit der Gastgeber. Mein Herz klopfte vor Abscheu. Vielleicht auch vor Eifersucht.
    Die Partygäste fassten einander an den Hüften und hüpften in einer Reihe wie eine Dampflokomotive, brüllten «ah-ha, mi-wa-wa!». Ich fühlte mich idiotisch. Wenn laute Musik dröhnt, kann man nie wissen, was kommt. Doch da kam Nilu mit zwei Gläsern Champagner und setzte sich auf meine Knie. Wir aßen Hamburger und hielten vor aller Augen Händchen. Sie lehnte sich an mich, legte ihren Kopf auf meine Schulter, und keine Augenbraue ging in die Höhe. «Wir sollten für immer so bleiben», schrie ich ihr ins Ohr. Lagerfeuer brannten bis zum ersten Morgengrauen, die Musik wurde dumpfer, und wir saßen aneinandergeschmiegt am Wasserrand. «Wenn du am Kaspischen Meer sitzt, denkst du sicher an zu Hause», sagte sie, «an Amir, deine Mutter, an euren Hafen.»
    «Eigentlich denke ich gerade an Zahra», erwiderte ich, «es gibt Fotos von ihr, in einem Album, wie sie hier in der Königlichen Jagdhütte zu Gast ist. Der Schah traf sie und Arian auf einem Nouruzfest im Ballsaal des Saad-Abad-Palasts, und am nächsten Tag schickte er ein Privatflugzeug, um sie zu sich bringen zu lassen. Sie landeten in Ramsar. Ein Hoffotograf erwartete sie dort, dokumentierte Zahra unter einem Paar alter blauer Propeller und anschließend, wie sie in einem Hauskleid durch die Reisfelder hüpft, Hollywood-like. Ein Schwanz von Bediensteten brachte das junge Paar zum Grand Hotel, und am Abend dinierten sie mit dem Schah. Er war so an ihnen interessiert, dass er sie eineinhalb Tage lang nicht mehr gehen ließ, Zahra sogar eigenhändig fotografierte, auf den Felsen am Strand, an einem Wasserfall auf dem Weg nach Dschawardijeh, und er überschüttete sie mit einer Gastfreundschaft, die sonst Thronfolgern vorbehalten war. Und jetzt rennt Zahra in ihrer Wohnung dem Kater hinterher, damit er sich auf den Arm nehmen lässt. Alles ist vorübergehend.»
    «Wenn alles vorübergehend ist, dann haben wir keine Zeit, wir müssen schnell genießen», erwiderte sie erheitert und streckte wieder die Hand aus im Versuch, mich auf die Tanzfläche zu ziehen.
    «Ja, aber um zu genießen, muss man vergessen, dass alles vorübergehend ist, und ich bin ganz schlecht im Vergessen.»
    «Aber das Vorübergehende macht jeden Augenblick viel erregender.»
    «Dazu bin ich nicht fähig, ich lebe nicht so.»
    «Ach ja, ich habe es dir noch gar nicht erzählt, ich habe ein Angebot erhalten, in den Vereinigten Staaten Rennen zu fahren. Das erfordert, dort zu wohnen, in Texas, für mindestens zwei Jahre.» Sie berichtete das ganz beiläufig, als hätte ich nichts damit zu tun. «Was ist los, Kami, bist du beunruhigt?»
    Ich schwieg. Ich sah, wie vergeblich alles war, ich würde zurückbleiben mit dem Bedauern, dass überhaupt etwas gewesen war. «Glückwunsch», sagte ich laut, «und fährst du?» Dabei strengte ich mich an, meinen Stimmbändern einen kaltblütigen Klang zu verleihen.
    «Hast du schon Angst, mich zu verlieren?» Sie lächelte.
    «Im Ernst, das klingt doch traumhaft, das lohnt sich für dich.»
    «Ich glaube, ich bleibe.»
    «Nein, warum, du wirst das Gefühl haben, etwas versäumt zu haben, wenn du hier bei uns bleibst.»
    «Wegen der Karriere? Ja, das ist ein Versäumnis, es gibt kaum ein größeres, aber es werden noch eine Menge Versäumnisse in der Zukunft folgen.»
    «Wieso verzichtest du dann?»
    «Ich liebe es, hier zu leben. Es geht mir gut.»
    Ich streichelte ihren Oberschenkel, damit sie begriff, wie froh ich war, aber ich bemühte mich, sachlich zu bleiben. «Du hast recht, wenn die Guten den Iran verlassen, wer wird ihn aufbauen? Das ist unser einziges Zuhause, im Guten wie im Schlechten. Schau dir an, wie in der letzten Zeit sogar Leute, die von hier weggegangen sind, die überall im Ausland Geld gemacht haben, plötzlich zurückkommen, privatisierte Firmen kaufen und Geschäfte mit dem Regime machen, vor dem sie geflohen sind.»
    Nilu blickte mich mit einem vieldeutigen Lächeln an, das ich nicht zu interpretieren vermochte, vielleicht dachte sie im Stillen, du lieber Gott, wie naiv dieser Junge ist, oder sie war von meiner Argumentation gelangweilt. Schnell schlug ich eine andere Richtung ein: «Ich würde mich freuen, wenn du bleibst, es wäre schade, dich nicht hier zu wissen, nur übers

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