Der geheime Basar
wir zu den Frauen zurückkehrten, die ruhelos wie ein Paar ausgehungerter Wölfe auf Sensationen warteten, fragten sie uns: «Na, was fangen wir heute Nacht an?»
Babak schlug vor, dass jeder in der Runde einen Internetwunsch äußern sollte. Zahra wollte einen Blitzkurs in Katzenerziehung. «Erstens, starre sie nicht an, das ist eine Provokation, die zum Kampf herausfordert», las sie vor. «Zweitens, schreibe ihr keine menschlichen Eigenschaften oder deine eigenen Gedanken zu, es ist eine Katze, bei Allahs Leben. Und lass sie in Ruhe, sie lieben das Alleinsein. Was für ein Kurs ist das denn? Und hast du das gewusst – in der Brunstzeit kann ein Hase versuchen, sich mit einer Katze zu paaren?»
Frau Safureh zündete Kerzen an und bat Zahra um eine Tanzstunde. Die alte Dame schunkelte mit Babak engumschlungen zu Simon & Garfunkel, und Zahra zog mich an ihre Schulter, sagte: «Du bist hinreißend», und ihre feste Hand mit den feinen Falten umfasste meinen Nacken, hielt mich an sich gedrückt.
Babak brachte uns alle in Verlegenheit, als wir auf seinen Wunsch hin gemeinsam einen Videoclip von Zainab Ibrahim, dem Telenovelastar, zweiundzwanzig Jahre alt, anschauen mussten, die den Bildschirm des nationalen Fernsehen mit einer Vielzahl von Rollen als frommes, züchtiges Mädchen ausgefüllt hatte, bis jemand ein Sexvideo mit ihr ins Internet stellte und Zainab vom Erdboden verschwand. Ihr Freund, der mit ihr gefilmt worden war, flüchtete außer Landes, versteckte sich in den Vereinigten Emiraten, wurde jedoch gefasst und ausgeliefert, und nun zerrissen sich alle das Maul über die beiden. «Nun, die Regierung wird das Mädel schon zu Tode steinigen», murmelte Frau Safureh mit zynischer Verzweiflung. «Dieses Volk ist zu sexbesessen, das ist das ganze Problem.»
«Schluss damit», sagte ich beruhigend, «kein Gericht steinigt irgendeinen Gläubigen zu Tode, sie steinigen Frauen, die ihre Männer ermordet haben, oder Prostituierte, die ihre Kunden umgebracht haben, doch nicht normale Leute.» Mir schien, als hörte ich mich überheblich an.
In dem Clip zogen sie sich vor der Kamera aus, bezaubernd unschuldig, weder gewaltsam noch wild, mit vielen Küssen und Umarmungen. Babak gab zu, dass das vielleicht zu intim sei, doch die alten Damen kannten kein Halten, der Bildschirm lief heiß.
Plötzlicher Stromausfall. Das passierte manchmal, auch in der Großstadt. Zum Teufel mit dem Licht, aber wie lebt man ohne Internet? Zum Verrücktwerden. Wir kochten Tee. Warteten ungeduldig auf den Sofas. «Anstatt untätig herumzulungern, könnten wir vielleicht ein Geschäft eröffnen», schlug Frau Safureh vor. «Vielleicht eine Bierbrauerei? Eine Weinkelterei? Unmöglich, Nadschafian würde es sofort riechen und uns verpetzen. Vielleicht eine Pension, ein kleines Hotel für die Katzen reicher Leute auf Urlaub? Vielleicht einen Attentatservice, stellt euch nur vor, hier in der Wohnung, die Klienten würden zur gegebenen Zeit über eine Internet-Hotline eingeschleust, und wir würden sicherstellen, dass es nur richtige Schurken trifft, wer sollte uns schon erwischen, bei den Unschuldsgesichtern, die wir drei haben.»
«Aber wie unschuldig …», winkte Zahra grinsend ab, und Babak machte den Vorschlag, neue Lieder von Zahra zu produzieren. «Vielleicht machen wir einen Laden für illegale Hemden auf», schlug ich vor, «wir drucken subversive Aufschriften und verbreiten sie im Netz. Ich habe nämlich, um die Wahrheit zu sagen, schon angefangen, etwas zu organisieren», gestand ich zögernd, «ich habe eine Kampagne für die Rennfahrerin Nilufar Chalidian eröffnet. Sie will mit den Männern an den Start gehen, was man aber nicht zulässt. Wenn euch das interessiert, könnten wir die Sache zusammen durchführen, ein öffentlicher Protest, wir richten einen eigenen Blog ein.» Ein stolzes Lächeln breitete sich für den Bruchteil einer Sekunde über meinem Gesicht aus, bis Frau Safureh aufbrüllte: «Nein! Unter keinen Umständen!» Sie schlug auf den Tisch und schoss von ihrem Platz hoch.
«Keine Sorge», sagte ich, «es läuft unter fiktivem Namen. Wenn ich online bin, heiße ich Brandon.»
Zahra griff beruhigend ein: «Das ist in Ordnung, es ist innerhalb der Spielregeln.»
Doch die alte Dame schwang eine geballte Faust in der Luft und fiel über mich her. «Nein, du dummer Junge!»
Ich kam mir vor wie ein gescholtenes Kleinkind, starr vor Demütigung, begriff nicht, was ich falsch gemacht hatte und was in der Frau
Weitere Kostenlose Bücher