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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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die rasend schnelle Kreatur. Vielleicht rannte er einfach, wenn er reisen wollte. Unsichtbar und unmenschlich schnell.
    Wie lange würde er wohl brauchen, bis er von der Lüneburger Heide hierherkam? War er so schnell wie ein Auto? Bestimmt.
    Fina hoffte plötzlich, dass er kam. Dass er sie mitnahm und zu Mora brachte. Vielleicht würde er aufhören, seinen Diener zu quälen, wenn er sie endlich bei sich hatte?
    Welche Rolle spielte eigentlich Mora in der Geschichte? Fina kniff die Augen zusammen, blickte zwischen den beschnittenen Büschen hindurch über den See, bis zu dem gläsernen Pavillon. Für einen Moment kam es ihr vor, als bewegte sich etwas in der Spiegelung des Glases. Konnte es sein, dass er das war? Dass Moras Herr jetzt kam, um sie zu holen?
    Das Flackern erlosch, falls es überhaupt da gewesen war. Dafür wusste sie plötzlich, woher Mora stammte: Er musste ein anderes Kind sein, das Rumpelstilzchen durch einen Pakt erworben hatte.
    Fina schloss die Augen. Wenn ihre Mutter ihr Versprechen gehalten hätte – dann wäre sie zusammen mit Mora bei seinem Herrn aufgewachsen. Sie würde ihm dienen, er würde sie schlagen und wahrscheinlich sogar missbrauchen. Bestimmt würde Mora versuchen, sie zu schützen. Vielleicht würden sie sich schon seit ihrer Kindheit lieben. Doch vermutlich hätte der Herr sie dafür schon längst umgebracht, zumindest einen von ihnen: Mora.
    Fina wollte zurück zu ihm! Um sein Leben zu retten, um ihn zu befreien.
    Aber zuerst musste sie ihre Eltern loswerden, musste aus dieser Festung fliehen und gegen die schwarzen Gorillas bestehen, die vor dem Schlösschen auf und ab liefen. Sie hatte keine Ahnung, wie das gelingen sollte.
    Es sei denn, ihre Eltern vertrauten ihr.
    »So langsam verstehe ich die Geschichte«, flüsterte sie. Sie sah zu ihrem Vater, versuchte, ihre Frage so zu formulieren, dass kein Vorwurf darin mitschwang. »Als du angefangen hast, von Rumpelstilzchen zu träumen – hast du ihr da geglaubt?«
    Robert nickte. »O ja. Wir haben Ewigkeiten telefoniert, und sie hat mir alles erklärt. Es hat uns enger zusammengeschweißt als all die Jahre zuvor. Von da an wollten wir gemeinsam für dich sorgen. Aber es wäre nicht möglich gewesen zusammenzuleben. Ihr musstet fliehen, und ich konnte nicht selbst darüber bestimmen, in welches Land ich entsendet wurde. Außerdem musste irgendwer den Bösewicht spielen, vor dem ihr flieht. Ich war der Einzige, der dafür in Frage kam. Wir waren uns einig darin, dass wir dir die Wahrheit nicht sagen wollten. Du solltest lernen, zwischen Realität und Märchen zu unterscheiden. Wir wollten nicht, dass du dich bald vor allen finsteren Märchenfiguren fürchtest.«
    Fina lachte leise. »Also deshalb sollte ich nicht allzu viel Fantasy lesen.«
    Wieder patrouillierte der Bodyguard an dem großen Fenster vorbei, den Blick hinaus auf den Park gerichtet.
    »Warum habt ihr mir nicht die Wahrheit gesagt, als ich älter wurde?«
    Ihre Mutter trat wieder näher. »Wenn ich es dir letztes Jahr gesagt hätte – hättest du mir geglaubt?« Sie legte ihre Hand auf Finas Schulter.
    Fina lachte auf. »Nein! Ich hätte dich für verrückt erklärt.«
    »Siehst du.« Ihre Mutter zog die Hand zurück. Ein schuldbewusstes Schimmern schwamm in ihren Augen. »Außerdem konnte ich dir nicht sagen, dass ich dich so einer furchtbaren Kreatur versprochen hatte. Wie hätte ich dir das erklären sollen, ohne dass du mich dafür hassen würdest?«
    Fina wandte sich von ihr ab. Ihre Mutter hatte recht. Sie hasste sie dafür – auch wenn sie die Geschichte verstehen konnte. Aber sie durfte es nicht verraten, musste ihre Eltern in Sicherheit wiegen, damit sie aufhörten, so gewissenhaft auf sie aufzupassen.
    Fina deutete aus dem Fenster. »Und? Wissen die Männer da draußen, dass der Feind unsichtbar ist? Dass er sich mit einer Tarnkappe anschleicht und als einzigen Hinweis Fußspuren im Schnee hinterlässt? Hübsche Fußspuren mit sechs Zehen daran.«
    Roberts Stuhl quietschte, als er aufstand. Auch er kam zum Fenster. »Nein, das wissen sie nicht. Ich will doch nicht, dass sie mich für verrückt halten.« Ein verwegenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Aber sie sehen doch beeindruckend aus, wenn sie so um das Haus laufen. Meinst du nicht? Ich dachte mir, unser unsichtbarer Freund überlegt es sich zweimal, bevor er angreift.«
    Fina war sich nicht sicher. So wie Mora seinen Herrn beschrieben hatte, war er gefährlich und nahezu unbesiegbar. Und

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