Der geheime Name: Roman (German Edition)
aus den Höhlen hervor und glotzten sie an. Seine riesigen Lider schoben sich darüber, als müssten sie dafür sorgen, dass die Augäpfel nicht aus dem Kopf fielen.
»So ist sie also doch noch zu ihm gekommen. Wie schön.« Das Schwarz seiner Pupillen weitete sich, verdrängte das wässrige Grau seiner Iris wie die Linse einer Kamera. »Ein gutes Weibchen ist sie, schön und gehorsam.«
Finas Furcht explodierte, Adrenalin fegte durch ihren Körper. Sie wich zurück, wollte rennen, schreien, wollte den hässlichen Anblick aus ihrem Kopf schütteln. Doch sie musste ruhig bleiben, musste sich fügen, um Mora zu retten.
Der Wicht sprang näher, stach seine spitze Nase in die Luft. »Und wie gut sie riecht.« Sein Kinn streckte sich ihr entgegen, verjüngte sich zu einem spitzen Bart, der über ihre Jacke kitzelte. Plötzlich griff er nach ihrer Hand, umschloss sie von allen Seiten.
Fina fühlte die beiden Daumen, die sie umklammerten. Zähe Kraft strömte aus seinen Fingern, ließ sie ganz stillhalten.
»Sein kleines Weibchen ist sie.« Er schob die Nase an ihrer Jacke aufwärts, stellte sich auf die Zehenspitzen und stieß mit der Nase gegen ihren Hals. »Und noch dazu so ein wohlriechendes Weibchen.«
Ein Ekelschauer zuckte über Finas Haut. Sie wich zurück, spürte den Druck seiner Hand.
Das Lächeln fiel von seinem Gesicht, seine Augen verengten sich. »So bleib sie doch«, knurrte er. »Sie ist doch seine Braut.« Er schob die Finger in ihren Ärmel. Wie kalte Schnecken glitten sie ihren Arm hinauf.
Abscheu legte sich über Finas Gesicht, ließ es zu einer Grimasse erstarren. Seine Finger erreichten ihren Oberarm, krabbelten weiter.
»So lange hat er auf sie gewartet.« Er schloss die Augen, streckte seine Nase noch näher, bis sie fast ihre Wange berührte.
Panik wirbelte durch ihren Brustkorb, wollte ihre Kraft sammeln, um sich loszureißen.
Seine Finger schienen es zu ahnen, schlossen sich so fest um ihren Arm, dass es weh tat. Eine seltsame Kälte strömte daraus … und plötzlich zog er seine Hand zurück.
Fina sprang zur Seite, starrte ihn an. Sie wollte davonlaufen, durch das Moor zu ihrer Großmutter, vielleicht sogar zu ihren Eltern! Es war ein Fehler gewesen, hierherzukommen!
Der Wicht kniff die Augen zusammen, bannte sie in seinen Blick, bis sie sich nicht mehr rühren konnte. »Komm sie mit! Er zeigt ihr sein Heim. Er hat alles für sie vorbereitet.«
Fina schloss die Augen. Sie dachte an Mora, an das Bild seines nackten Körpers, wie er am Boden kauerte, während die Peitsche über seinen Rücken wirbelte. Vielleicht war er dort, wo sein Herr wohnte. Vielleicht wäre sie endlich wieder bei ihm, wenn sie dem Wicht folgte.
»Nun komm sie schon!«, schnurrte Moras Herr, versuchte, sie mit sich zu locken.
Fina fühlte sich seltsam, während sie hinter ihm herging, als würde sich eine Glaswand um sie herum ziehen, die sie gegen ihn schützte. Sie war bis hierher gekommen, und jetzt musste sie weitermachen, musste Mora retten, wenn es irgendwie möglich war.
Das Männlein führte sie durch den Moorwald, bis der Boden unter ihren Füßen fester wurde. Fina verlor jegliches Zeitgefühl, während sie hinter ihm herstapfte, bis vor ihnen zwischen großen Buchen und knorrigen Eichen eine Hütte auftauchte. Moras Herr sprang mit langen Sätzen darauf zu, öffnete die Tür und hielt sie auf.
Fina musste sich ducken, um hindurchzutreten. In der Hütte war es finster. Alle Fenster schienen mit dicken Stoffen verhangen zu sein, und das Feuer glimmte nur schwach. Fina richtete sich vorsichtig auf, um nicht an die Decke zu stoßen, die nur wenige Zentimeter über ihr war.
Ein Keuchen löste sich aus der Dunkelheit. Das Licht aus dem Türspalt fiel auf einen Käfig.
Fina erkannte eine menschliche Gestalt darin, die sich zu einem kleinen Häuflein zusammenkrümmte. Eine dunkle Blutkruste überzog den Körper und klebte in den schwarzen Haaren.
Fina schrie auf: »Mora!« Sie rannte zum Käfig und fiel auf die Knie. »Mora! Ich bin’s. Ich bin zurückgekommen!«
Ein leises Wimmern durchdrang seinen Atem, fast so, als wollte er antworten und könnte es nicht.
Er lebte noch! Fina streckte ihre Hand durch das Gitter, berührte die Blutkrusten auf seiner Haut und zuckte zurück.
Er fühlte sich heiß an!
Er lebte noch, aber nur noch gerade so.
Tränen strömten in ihre Augen, vernebelten ihre Sicht, während sie durch Moras Haare strich. Die Haut an seiner Stirn glühte.
Wilder Zorn loderte in
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