Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
Vom Netzwerk:
zusammen, mit ihrem Lächeln, das sie einander nachts an dem Feuer vorbei zusandten.
    An den Tagen erschien es Fina, als würde sich jede Faser ihres Körpers auf ihn ausrichten – es war ein Gefühl, als würde sie zerrissen, wenn sie nicht endlich zu ihm gelangen konnte. Sie wusste immer, wo er war und was er tat, und sie versuchte, aus seinen Blicken zu lesen, was er fühlte. Fast ahnte sie, dass Mora auf die gleiche Weise zerrissen wurde. Einer von ihnen würde bald unvorsichtig werden, wenn es so weiterging.
    Der Geheime blieb stehen, sprang von einem Bein auf das andere und ließ Fina zusammenzucken. Er erzählte ihr etwas – allem Anschein nach hatte sie schon den ganzen Anfang seiner Rede verpasst. »… so ist er der Hüter des Moores! Hat sie das gewusst?«
    Fina räusperte sich, schüttelte den Kopf. »Nein.« Sie musste sich zusammenreißen, musste zuhören! Er gab ihr Antworten, die sie vielleicht gebrauchen konnte.
    Das Männlein machte eine ausschweifende Geste. »Und der ganze Wald ist das Schutzschild des Moores. Hier geht der Geheime um. Dies ist sein Revier, das er kontrolliert.«
    Fina spähte zwischen schmalen Birken und Kiefernstämmchen hindurch, entdeckte die Moortümpel und die Schwimmgräser auf dem Grund. Sie hatten den Moorwald erreicht. »Wovor hütet er das Moor denn?«
    Der Geheime neigte den Kopf und blitzte sie an. »Vor den Menschen!«
    Natürlich! Fina senkte hastig den Kopf. Natürlich vor den Menschen, vor wem sonst!
    »Ein Hüter beschützt das Gleichgewicht seines Reviers.« Die Stimme des Alten wurde sanfter, umsäuselte sie, als wollte er ihren Fauxpas verzeihen. »Und die Menschen zerstören das Gleichgewicht, wo auch immer sie hinkommen.«
    Fina lächelte ihn beschämt an. »Ja, das tun sie wohl.«
    Der Wicht erwiderte ihr Lächeln nur flüchtig, verzog plötzlich das Gesicht zu einer Grimasse und sah sich um. »Seit Jahrtausenden ist er nun schon Hüter des Moores, eines Reiches, das einst viel größer war, so unüberschaubar groß, dass nur ein Wächter von besonderer Stärke es beherrschen konnte. Dennoch hat er mehr und mehr von seinem Gebiet an die Gier der Menschen verloren. Sie überweideten den Wald mit ihrem Vieh, legten die Moore trocken und stachen Torf, um ihn zu verbrennen. Fast alles, was sein Land zu bieten hatte, wurde von den Menschen ausgebeutet.« Die Stimme des Geheimen knurrte. Er drehte sich um sich selbst, und Fina bemerkte, wie sein Daumen anfing zu glühen.
    Sie wich ein paar Schritte zurück, hörte, wie Moras Füße langsam in ihre Richtung kamen: leise, vorsichtig, so als würde eine Gefahr auf sie lauern, vor der er sie beschützen wollte.
    »Vor vielen Jahrtausenden, als er noch jung war, gab es auch noch andere seiner Art, die angrenzende Gebiete bewachten.« Der Alte blieb stehen, wandte Fina den Rücken zu und blickte durch den Moorwald. »Meistens lebten sie allein. Aber manchmal, wenn ihr Leben schon zu lange Zeit andauerte, um noch im Gleichgewicht zu bleiben, traten sie in die Tarnkreise der anderen. Damals gab es noch Weibchen seiner Art, mit denen sich ein Männchen verbinden konnte.« Der Geheime wirbelte herum und sah in Finas Augen.
    Sie zuckte zusammen, sein Blick bannte sie an Ort und Stelle.
    »Aber je weiter die Menschen vordrangen, desto mehr wurden die Gebiete der Hüter auseinandergerissen, wurden andere seiner Art verdrängt und getötet. Ob es jetzt noch andere Naturwächter an anderen Orten gibt, weiß der Geheime nicht.« Er kniff die Augen zusammen, sein Daumen glühte immer stärker. »Schon so lange ist er allein, schon viel zu lange dauert sein Leben, aus dem Gleichgewicht geraten durch die Gier der Menschen.« Er hob einen Zweig auf, schloss seine Finger darum und ließ das Gold aus seinem Daumen hineinfließen. In Sekundenschnelle verfärbte sich das Stöckchen in ein goldenes Kunstwerk.
    Er verneigte sich mit einer höfischen Geste und reichte Fina den Zweig. »Möge sie ihm die Ehre erweisen?«
    Fina fröstelte. Sie wusste nicht, ob sie das Gold berühren durfte, ob sie es annehmen oder ablehnen sollte. Sie horchte auf Moras Schritte, hörte die Stille, die von ihm ausging, so als wäre es besser, sich nicht zu rühren.
    Der Gesichtsausdruck des Herrn änderte sich. Ein zärtliches Lächeln strich darüber. »Oh. Hat er sie erschreckt? Nun nimm sie schon das Gold. Es ist ein Geschenk an sie.«
    Fina streckte zögernd die Hand aus. Wahrscheinlich wäre es unhöflich, es abzulehnen.
    Der Geheime schob den Stock

Weitere Kostenlose Bücher