Der geheime Name: Roman (German Edition)
Gespräch, in dem sie nicht wussten, ob der andere sie wirklich verstand. Doch Fina spürte den Mut und die Hoffnung, die Mora ihr zusprach. Sie mussten nur warten, bis der Herr sein seltsames Schnarchen von sich gab. Dann konnten sie nach draußen schleichen, konnten das Salz aus der Kammer holen und fliehen.
In der ersten Nacht warteten sie vergeblich auf das Schnarchen des Alten. Er erwachte mit jeder Regung, die Fina wagte. Mehr als einmal sah sie die Glut in seinen geöffneten Augen, erkannte, wie sich die Lippen über seinen Zähnen anhoben, und hörte sein leises Knurren.
So schnell wie möglich mussten sie fliehen!
Doch schon in der zweiten Nacht verlor Fina die Hoffnung, dass der Geheime noch einmal in sein seltsames Schnarchen verfallen würde. Stattdessen zog die Müdigkeit ihren Körper nach unten, ihre Augen wollten sich schließen …
Nur Moras Blick hielt sie davon ab. Es war noch immer die einzige Berührung, die ihnen blieb, der einzige ungestörte Moment – und plötzlich wurden seine Augen noch schwärzer als zuvor. Seine Furcht verschwand daraus, wurde abgelöst von einer dunklen Ruhe, so als wäre dies ihr letztes Mal, als müssten sie ihre letzte gemeinsame Nacht auskosten, bevor ihr Leben verloren war. Sein Blick strich über ihre Haut, rieselte durch ihren Körper und ließ sie zu dem Abend zurückkehren, an dem sie mit ihm geschlafen hatte. Mora tauchte seine Hand in das Badewasser, strich an ihren Beinen entlang und massierte ihre Füße. Er wusste genau, wo er sie berühren musste, sandte ein gieriges Prickeln durch ihre Haut, trieb es ihre Beine hinauf, bis es sich in ihrer Mitte sammelte. Schließlich küsste er sie, noch immer im Wasser, nahm ihre Brüste mit seinen Lippen …
Fina musste das Fell vor ihr Gesicht pressen, um alle Laute darin zu ersticken. Sie erkannte, wie Mora sich auf den Rücken gedreht hatte. Seine Augen waren geschlossen, sein Mund zuckte in einem stummen Keuchen und ließ seine weißen Zähne darin aufblitzen.
Fina schluckte. Wenn sie ihn wenigstens einmal berühren könnte – wenn sie nur für wenige Minuten unter sein Fell schlüpfen dürfte … Sie wollte ihn mit den Händen befriedigen, wollte ihre Lippen an seine Wange legen und bei ihm sein, wenn er kam.
Moras Körper zuckte, sein Mund öffnete sich noch weiter, ließ sie fast glauben, dass die Macht ihrer Gedanken ausreichte …
Einen Moment später sah er sie wieder an, seine Augen so dunkel und schuldig, als würde er bereuen, was er getan hatte.
Fina fühlte das Bedürfnis, ihn zu trösten. Sie lächelte ihm zu. Er sollte verstehen, dass es nicht schlimm war.
Gleich darauf wollte sie es selbst tun, wollte sich wenigstens vor seinen Augen befriedigen, wenn sie schon voneinander getrennt waren. Sie drehte sich auf den Bauch, spürte ihre Lust, die sich kaum noch aufhalten ließ.
Moras Augen wurden weit. Er schüttelte den Kopf, nickte in die Richtung des Geheimen.
Fina erstarrte. Plötzlich ahnte sie, dass der Alte es spüren würde, dass sie ihn wecken würde, selbst wenn sie vollkommen lautlos blieb.
Womöglich war er schon wach und beobachtete sie. Hatte er irgendetwas bemerkt? Konnte er Mora von seinem Platz aus sehen?
Nein. Mora lag hinter dem Feuer.
Hastig drehte Fina sich zurück auf die Seite, winkelte die Beine an, um die Lust zu besiegen.
Moras Blick glühte noch immer, drang so tief in sie ein, als könnten sie sich auf diese Weise vereinigen.
Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, zogen sie in einen Strudel. Sie schloss die Augen, tauchte in die Schwärze, ahnte den Traum auf der anderen Seite, ahnte denjenigen, der nach ihr suchte, der sie haben wollte …
Ein Zischen riss sie zurück. Fina zwang sich, die Augen zu öffnen, und begegnete der Panik in Moras Blick. Seine Lippen sagten etwas: Nicht einschlafen, nicht jetzt.
Plötzlich war sie wach. Ihr Herz pochte wild und hart, pumpte genug Adrenalin durch ihren Körper, um sie durch den Rest der Nacht zu bringen.
Der Tag danach wurde unerträglich. Ganz gleich, was sie tat, wo sie auch hinsah – weiße Schatten huschten über den Boden, sammelten sich in den Ecken … und lösten sich auf, sobald sie nachsehen wollte, was es war. Alles um sie herum schien aus Watte zu sein. Die Wände gaben nach, wenn sie sich dagegen stützte, und ihre Knochen waren aus Gummi, als müsste sie jederzeit in sich zusammensacken.
Beim Mittagessen fiel sie in Sekundenschlaf. Sie konnte nichts dagegen tun – nicht einmal der
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