Der geheime Name: Roman (German Edition)
reflektierte. Es sah aus, als würden sich die ältesten goldenen Gegenstände in etwas Weißes verwandeln.
Salz!
»Sie ist ein sehr neugieriges Weibchen.« Der Geheime trat neben sie, ein gefährlicher Unterton klang in seiner Stimme.
Fina wirbelte herum. Hastig suchte sie nach einer Ausrede: »Sie hat nur die Größe seiner Goldkammer bewundert.«
Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Er griff wieder nach ihrem Arm und zog sie zum Ausgang. Ein breites Grinsen teilte sein Gesicht. »Nun geh sie schon. In der Hütte wartet Grünkohl auf sie!«
* * *
In dieser Nacht trat er an ihren Schlafplatz. Fina bemerkte es erst, als er das Fell hinter ihrem Rücken anhob und sich zu ihr legte. Sein Atem schnarrte, während er sich an sie drängte.
Er war nackt! Fina fühlte seine Haut an ihrer, seinen kleinen Körper, der sich von hinten an sie klammerte.
Sie selbst war ebenfalls nackt! Die Erkenntnis traf sie mit voller Wucht, nur Sekunden, bevor der Alte anfing, sich an ihr zu reiben. Sein Keuchen rauschte in ihren Ohren. Sie spürte etwas Hartes an ihrem Po, etwas, das wuchs, immer größer wurde, unmenschlich groß.
Fina wollte schreien, kreischen, sich aus seiner Umarmung winden.
Aber sie war wie gelähmt.
Warum war sie nackt? Sie schlief immer in ihrer Kleidung. Seit Wochen hatte sie sich nicht ausgezogen! Die Hütte um sie herum begann sich zu drehen, herumzuwirbeln, immer schneller.
Es war ein Traum!
Endlich konnte sie schreien. Ein irrsinniger Laut, der die Stille zerriss.
Im nächsten Moment saß sie aufrecht da. Das Feuer war heruntergebrannt. Es war mitten in der Nacht, und sie lag allein unter ihren Fellen. Fast wartete sie darauf, das zufriedene Schnarchen des Herrn zu hören – doch als sie zu seinem Lager hinübersah, spiegelte sich die Glut in seinen riesigen Augen.
* * *
Nackter Ekel schrie aus ihrem Gesicht, eine Grimasse aus Abscheu, schlimmer noch als der Klang, mit dem sie ihn geweckt hatte.
Es war schön gewesen, ihren Körper in den Armen zu halten, ihre Weichheit zu fühlen – ein Gefühl, das er mit ihr teilen wollte.
Doch sie wollte ihn nicht! Plötzlich sah er es ganz deutlich. Sie hatte ihn nie gewollt, weder vor noch nach ihrer Hochzeit.
Oder lag es daran, dass er sein Versprechen gebrochen hatte? Nur aus Versehen hatte sie miterlebt, was er träumte, nur weil der Traum so stark war, dass er auf sie übergriff. Wahrscheinlich hatte er im Schlaf den Ring ihrer Mutter berührt.
Grummelscrat spürte, wie es an seiner Ehre kratzte. Er musste sich bei ihr entschuldigen, musste alles dafür tun, dass es nicht wieder geschah …
Nein! Er musste sich nicht entschuldigen. Das Weibchen hatte ihn belogen, hatte ihm selbst ein Versprechen gegeben, das sie nicht halten wollte. Er sah es in ihrem Gesicht: Nie im Leben würde sie ihn heiraten!
Sie wollte ihm nur entkommen! Alles andere war gespielt, um ihn in Sicherheit zu wiegen, um ihn womöglich – er wagte es kaum, daran zu denken – in eine Falle zu locken.
Seinen Namen wollte sie erfahren! Darum hatte sie ihm ihre Liebe vorgespielt. Damit sie ihn endlich töten konnte.
Grummelscrat kniff die Augen zusammen, lauschte dem Knurren, das zwischen seinen Zähnen hervorrollte.
Von nun an war es egal, ob er seine Versprechen hielt. Sie wollte ihn nicht? Nun gut. Ihn hatte noch nie ein Weibchen gewollt.
Aber dieses Weibchen würde er bekommen!
24. Kapitel
F ina konnte nicht aufhören, an die glühenden Augen des Geheimen zu denken, an das tiefe Knurren, das er ausgestoßen hatte. Er hatte sie durchschaut, hatte erkannt, dass sie ihn verabscheute! Wahrscheinlich war ihm längst klargeworden, dass sie ein anderes Ziel verfolgte, und sie fragte sich, wie viel er von ihren Fluchtplänen erahnte.
Zwei Nächte lang lag Fina wach, während sie spürte, wie die Träume des Herrn nach ihr suchten. Sie konnte die Gier fühlen, mit der er über sie herfallen wollte. Sobald sie einschlief, würde er ihren Körper in Besitz nehmen, würde sie bestrafen, für ihr falsches Schauspiel und ihre Liebe zu Mora.
Sie ahnte schon, wie er seine Peitsche bereithielt, und begriff schließlich, dass sie in dieser Hütte nie wieder schlafen durfte.
Mora schien die Bedrohung genauso zu spüren wie sie. Seine Augen waren dunkel vor Sorgen, wenn sie sich nachts am Feuer vorbei ansahen. Stundenlang hielten sie den Blick des anderen, kämpften gemeinsam gegen den Schlaf und schenkten sich ihr Lächeln. Manchmal formten sie unhörbare Worte, führten ein
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