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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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misstrauische Blick des Alten konnte sie daran hindern, die Augen zu schließen.
    »Sie schläft nachts wohl schlecht.« Seine Stimme knarrte, riss sie zurück in die Gegenwart.
    Ein nervöses Kichern löste sich aus Finas Mund. Sie ahnte noch, dass es die falsche Reaktion war, doch alles um sie herum war weich, würde sie auffangen, wenn sie fiel.
    Der Alte kniff die Augen zusammen. »Hat er ihr bereits berichtet, dass er einen Pfarrer gefunden hat? Schon morgen werden sie heiraten.«
    Finas Kichern verstummte. Ihre Augen fielen zu, die Dunkelheit wollte sie herabziehen …
    Im letzten Moment konnte sie zurückkehren. Der Alte wollte sie heiraten! Morgen schon! Sie hatte es ihm versprochen.
    Fina versuchte, die Müdigkeit aus ihrem Kopf zu schütteln, versuchte nachzudenken.
    Plötzlich schnellte der Wicht von seinem Stuhl. Er rannte zur Tür, stieß sie auf und verließ die Hütte.
    Fina zuckte zusammen. Ihr Blick fiel auf Mora. Er hockte an seinem Essplatz auf dem Boden und sah erschrocken zu ihr hoch.
    Sie waren allein. Fina erhob sich, ging auf ihn zu. Sie mussten sich endlich wieder berühren.
    Mora sprang auf, als sie ihn erreichte. Er stand direkt vor ihr, groß und schön, sein Gesicht so verwirrt, dass es weh tat.
    Sie streckte ihren Arm aus.
    »Fina, nein!« Mora zischte. »Geh zurück, er darf uns nicht sehen.«
    Fina blieb stehen, ließ nur ihren Arm sinken.
    »Sie müssen vorsichtiger sein.« Mora flüsterte, sprach so aufgeregt, dass er ihre Sprechweise vergaß. »Was letzte Nacht geschah, tut ihm leid. Es sollte so etwas nicht tun. Es war nur …« Mora senkte den Blick, schien sich zu sammeln. »Ich hätte es sonst nicht ausgehalten. Ich wollte so dringend zu dir.«
    Finas Atem überschlug sich. »Es war schön.«
    Mora hob überrascht den Kopf. Seine Augen fingen wieder an zu glühen.
    Fina konnte sich nicht länger beherrschen, streckte die Hände nach ihm aus und fiel ihm entgegen. Mora fing sie auf, seine Arme streiften ihren Rücken. Fina fühlte seine Haut an ihrem Mund. Ohne darüber nachzudenken, küsste sie seine Schulter, seinen Hals.
    »Fina, nein!« Mora stieß sie von sich.
    Fina taumelte nach hinten, konnte sich kaum fangen. Ein Kichern bildete sich in ihrer Kehle, rutschte heraus und verstummte sogleich.
    Mora sammelte hastig sein Geschirr vom Boden. Mit schnellen Bewegungen räumte er auch den Tisch ab, trug die Teller zum Waschbottich und fing an zu spülen. »Jedes Mal, wenn ich koche, sammle ich Salz«, flüsterte er. »Ich weiß nicht, ob es schon reicht. Aber heute Nacht müssen wir fliehen.«
    Fina wollte ihm sagen, dass sie wusste, wo das Salz war, dass sie es nur noch zu holen brauchten. Aber etwas anderes war noch wichtiger: »Nur wenn er von mir geträumt hat, schläft er so tief, dass wir aus der Hütte gehen können.«
    Mora hob den Kopf. Panik lag in seinen Augen. »Du darfst nicht schlafen. Er wird dich …«
    »Versprich mir einfach, dass du mich weckst.« Fina knirschte mit den Zähnen.
    Die Schritte des Geheimen polterten vor der Tür. Mora senkte den Kopf mit einem schnellen Nicken.
    Der Geheime stieß die Tür auf. Ein Rebhuhn baumelte kopfüber in seiner Hand. »Will sie sehen, was er gefangen hat?« Er hielt Fina das Huhn entgegen. »Ihr Hochzeitsmahl.« Im nächsten Moment brüllte er über seine Schulter: »Morasal!« Er schleuderte ihm das tote Huhn entgegen.
    Mora fing es, als wäre es eine gewohnte Übung, hielt es an den Beinen und wartete auf weitere Anweisungen.
    »Rupfen und vorbereiten!«
    Mora nickte. »Jawohl, Herr.«
    * * *
    Von allen Gefahren, denen er schon begegnet war, war die Müdigkeit diejenige, die ihm am vertrautesten war. Er hatte sie schon so oft mit sich herumgetragen, dass er gelernt hatte, sie so lange wie möglich zu kontrollieren. Er kannte den Nutzen, den sie hatte, wenn sie die Gedanken vor allen Reizen abschottete, wenn sie unempfindlich machte gegen die Erniedrigung und die Gewalt des Herrn. Ganz genau wusste er, ab wann die Müdigkeit zur Gefahr wurde. Er kannte das Gefühl, wenn der Körper nicht mehr gehorchte, wenn Gegenwart und Erinnerungen durcheinandergerieten. Spätestens dann musste er schlafen, musste jeglichen Traum in Kauf nehmen, um nichts zu tun, mit dem er sich in noch größere Gefahr brachte.
    Doch eines wusste Mora nicht: wie sich die Müdigkeit bei jemand anderem kontrollieren ließ. Bei jemandem, der um keinen Preis der Welt schlafen durfte.
    Schon am Tag war Finas Augenaufschlag so langsam, als würde sie

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