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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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nicht, als sie zu ihrer Abiturprüfung nach Bayern gereist waren. Ihre Mutter hatte sie mit dem Auto von Tür zu Tür gefahren – im Hotel hatten sie in ihrem Zimmer gegessen, und bei der Prüfung selbst war es ruhig und leise gewesen.
    Doch jetzt war sie in der Höhle des Löwen, im Hexenkessel, genau dort, wo ihre Flucht begonnen hatte. Wie war sie nur auf die Idee gekommen, hierherzufahren?
    Aber nur wenige Minuten später, während der Zug hinter ihr davonfuhr und die Menschenmenge sich zerstreute, beruhigte sie sich allmählich.
    Es gab hier niemanden, der sie verfolgte, sie musste nicht mehr weglaufen. Sie musste jetzt nur noch ihr Ziel finden.
    Soweit Fina das über die Gleise hinweg beurteilen konnte, schien Hannover eine mehr oder weniger graue Stadt zu sein. Aber vielleicht lag es auch an dem grauen Himmel und ihrer düsteren Laune, oder daran, dass noch die Farben der Provence durch ihre Erinnerungen leuchteten.
    Fina suchte sich den Weg zum Reisezentrum und ließ sich eine Verbindung in das Dorf ihrer Großmutter ausdrucken. Doch als sie auf das Papier starrte, war sie entsetzt: Obwohl sie die Lüneburger Heide schon beinahe erreicht hatte, würde sie noch fast drei Stunden unterwegs sein.
    * * *
    Der graue Himmel war aufgebrochen, als der Bus Walsrode hinter sich ließ und zwischen gelben Getreidefeldern und satten Wiesen von einem Dorf zum anderen schaukelte. Finas Blick sprang von Bauernhof zu Bauernhof, forschte in dem dunklen Grün eines Waldstückes und suchte nach irgendetwas, das ihr zeigte, dass sie tatsächlich in der Lüneburger Heide gelandet war. Aber weiße Sandwege oder violettes Heidekraut suchte sie genauso vergeblich wie grasende Schafherden. Nur das rote Ziegelstein-Fachwerk der älteren Häuser gab ihr einen Hinweis darauf, dass die Mühle ihrer Großeltern nicht allzu weit entfernt sein konnte.
    Nachdem der Bus mindestens fünf Mal von einer Landstraße auf die andere abgebogen war, kündete eine Computerstimme das Dorf an, in dem ihre Oma lebte.
    Fina drückte den Halteknopf und suchte den Ort durch die großen Seitenfenster. Aber selbst, als der Bus langsamer wurde und anhielt, fand sie nur eine Wiese mit grasenden Pferden und ein paar vereinzelte Häuser, die sich dahinter in den Schatten des Waldes duckten.
    Zur Sicherheit warf sie noch einen Blick auf die Digitalanzeige. Sie verkündete das Gleiche wie die freundliche Stimme zuvor: Ebbingen-Kreuzung.
    Die Tür des Busses öffnete sich und ließ Fina keine Zeit, noch länger darüber nachzudenken, ob sie wirklich richtig war. Ehe sie sichs versah, stand sie draußen, der Bus fuhr wieder an und ließ sie allein am Rand einer Landstraße zurück.
    Noch zwei weitere Autos rasten an ihr vorbei. Dann war es still.
    Ein seltsames Gefühl befiel sie, während sie über die Pferdewiese hinwegblickte, auf den dunklen Wald, der sich darüber neigte. Fast schien es ihr, als gäbe es etwas in der Dunkelheit des Waldes, das sie anlockte, das sie zu sich rief, das auf sie gewartet hatte.
    Fina schauderte, verdrängte das Gefühl und blickte den Weg entlang, der an der Wiese vorbeiführte und hinter dem Waldstück verschwand. Dort hinten schimmerten Hausdächer durch das Laub, und direkt am Anfang des Weges stand eine Hinweistafel, die so aussah wie ein Ortsplan.
    Fina überquerte die Landstraße und studierte die Karte. Es war ein Plan, auf dem sämtliche Hausnummern des Ortes verzeichnet waren. Fina suchte das Haus ihrer Großeltern und versuchte, sich einzuprägen, wie sie dorthin gelangen würde. Schließlich schnallte sie den Hüftgurt ihres Rucksackes enger, klemmte sich das Paket unter den Arm und lief die schmale Straße neben der Pferdekoppel entlang.
    Tatsächlich tauchte das Dorf hinter dem Waldstück auf, das ihr von der Landstraße aus die Sicht versperrt hatte. Die kleine Straße verzweigte sich und führte in drei Richtungen zwischen den Häusern hindurch. Alte Bauernhöfe, rote Fachwerkkaten und kleine Einfamilienhäuser schmiegten sich an den Wald, der sich dahinter noch größer und weiter erhob, als es von der Landstraße aus den Anschein hatte.
    Während Fina zwischen den Häusern entlanglief, kehrte das seltsame Gefühl zurück, verwandelte sich in eine Einsamkeit, die sich so schwer über ihren Körper legte, als müsste sie daran ersticken. Sie war allein in diesem Dorf, fremd und verloren. Ein morscher Baum, der hier seine Wurzeln suchte, nur um festzustellen, dass sie schon lange verfault waren.
    Fina versuchte, das

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