Der Geheime Orden
besten Karten sind, die man kriegen kann, aber es sind die besten, die ich mir leisten kann. Die Plätze sind wahrscheinlich nicht so, wie du es gewohnt bist.«
»Keine Sorge, ich bin noch nie im Leben auf einem Konzert gewesen«, sagte ich. »Jeder Platz wird einen guten Eindruck bei mir hinterlassen.« In Wirklichkeit würde ich sogar auf dem Dach sitzen, nur um bei dem Konzert bei ihr sein zu dürfen.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Und dass wir miteinander ausgehen, bedeutet noch lange nicht, dass du dir irgendwelche Freiheiten erlauben kannst.«
»Ich mir Freiheiten erlauben?«, sagte ich und warf meine Arme in die Luft. »Das würde ich niemals wagen.«
»Ich meine es ernst, Mr. Harvard.«
»Das heißt noch lange nicht, dass ich es auch ernst meinen muss.«
Ich wollte nicht, dass meine Mannschaftskameraden mir Löcher in den Bauch fragten, also duschte ich mich nach dem Training und schlüpfte in meine Jeans, bevor ich wie der Teufel nach Lowell House zurückradelte. Ich hatte Daltons Jackett bereits auf dem Bett zurechtgelegt, dazu ein Hemd, das ich am Morgen gebügelt hatte, und eine von Percys Krawatten, die ich hinten in seinem Kleiderschrank gefunden hatte. Bei Landesmeisterschaften hatte ich vor fünfzehntausend kreischenden Fans gespielt und drei Sekunden vor Spielschluss zwei entscheidende Freiwürfe verwandelt. Ich hatte die Abschiedsrede auf der Highschool gehalten, während ich von einem lokalen Nachrichtensender gefilmt worden war. Aber ich war noch nie im Leben so nervös und aufgeregt gewesen wie jetzt, wo ich mich auf den Ausflug nach New York vorbereitete. Bevor ich angekleidet aus der Tür gehen konnte, musste ich noch zweimal mein Unterhemd wechseln und meine Krawatte fünfmal binden, bis die Vertiefungen im Knoten in der Mitte saßen und das Ende genau über meinem Gürtel lag. Meine Reisetasche war bereits gepackt, und ich schnappte sie mir ebenso wie die Kondome, die Dalton mir aufgedrängt hatte, obwohl ich Ashley einen stummen Keuschheitseid geschworen hatte.
Ich überquerte die Mt. Auburn und eilte die Linden Street hinauf, als ich eine überlange schwarze Limousine auf der anderen Straßenseite bemerkte, die das Warnblinklicht eingeschaltet hatte. Der Fahrer stand davor und hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Vor dem Clubhaus des Delphic sah ich drei blaue Jacketts zusammenstehen. Ich erkannte den einsamen Kandidaten, einen kleinen, muskelbepackten Burschen mit kurzgeschorenen Haaren, den alle nur Buzz nannten. Er nahm am umstrittenen ROTC teil, dem Reserveoffiziers-Trainingskorps der Armee, einem militärischen Programm, dem Studenten zu Beginn ihres Studiums beitreten können, wobei die Regierung anschließend ihre Ausbildungskosten komplett übernimmt. Zusätzlich zum gewöhnlichen Studienprogramm, das wir anderen absolvieren müssen, nehmen die ROTC-Kadetten an Trainingseinheiten und speziellen ROTC-Seminaren am MIT weiter unten am Fluss teil. Aus sozialen und weltanschaulichen Gründen hatte Harvard während des Vietnamkriegs 1969 das ROTC-Programm von seinem Campus verbannt, doch die Verwaltung erlaubte den Studenten, außerhalb der Universität am ROTC-Programm des MIT teilzunehmen. Buzz stammte aus einer kleinen Stadt in Iowa irgendwo am Ende der Welt, und er war einer der besten Ringer, die Harvard jemals auf die Matte geschickt hatte. Ich kann mich an eine Geschichte erinnern, nach der er zum ersten Mal in seinem ersten Semester im Kraftraum auftauchte, wo gerade eine Horde von Footballspielern ihr Unwesen trieb, wobei einer von ihnen einen Witz über Buzz’ mangelnde Körpergröße machte. Worte und Beleidigungen wurden gewechselt, bis Buzz jeden Spieler im Raum herausforderte, selbst die, die hundert Pfund schwerer waren als er, und für zwanzig Dollar je Mann wettete, dass er mehr Gewicht stemmen konnte als sie. Nach zwanzig Minuten ging er an jenem Abend mit über sechshundert Dollar in der Tasche nach Hause und lud seine zwei Mitbewohner zum Abendessen ins Border Cafe am Square ein.
»Wie geht’s?«, begrüßte ich die Gruppe.
Der Größte von ihnen – er stand der Tür am nächsten – trat vor und streckte mir seine fleischige Hand entgegen. Er hatte dieses leicht gequälte Aussehen, das typisch für die meisten großen Burschen war, wenn sie sich ihr Haar kämmen und in Schale werfen mussten. »Stuart Hutchinson«, sagte er. Er trug eine Delphic-Krawatte. »Aber alle nennen mich nur Hutch. Willkommen zu unserem New-York-Abend.
Weitere Kostenlose Bücher