Der Geheime Orden
anzugucken.«
Ich ließ den Blick über die gemütlichen Sofas und die Liegesessel schweifen und stellte mir bereits vor, wie ich etliche Abende hier verbringen und mir die Endrunde der College-Basketballmeisterschaften oder die Footballshow am Montagabend anschauen würde. Gleichzeitig musste ich wieder an den geheimen Raum denken. Ich suchte nach Spuren, die auf einen versteckten Eingang hindeuten könnten. Vielleicht würde Hutch sich verplappern und mir dadurch einen Hinweis liefern.
»Alles deins, Spencer«, sagte er. »Du hast jederzeit unbegrenzten Zugang, wann immer du hereinkommen und dich entspannen möchtest.«
Wir gingen einen anderen Korridor hinunter und durch zwei Schwingtüren in einen Umkleideraum, der mit Teppich ausgelegt war und an den zwei Duschen und ein großes Badezimmer angeschlossen waren. Gegenüber den Duschen bemerkte ich eine Tür aus Zedernholz.
»Wirf mal einen Blick hier rein«, sagte Hutch und zeigte auf die Tür. »Kannst du dich erinnern, wie wir dich einen Schritt weit in einen Raum geführt haben und dir richtig heiß wurde? Hier siehst du, warum.«
Ich öffnete die Tür und erkannte eine Sauna mit einem hohen Metallgefäß, das mit Heizsteinen gefüllt war. Ich schüttelte den Kopf und lächelte.
»Das ist spät am Abend unser größter Hit«, sagte Hutch.
»Die Mädchen aus Wellesley und Simmons lieben es, hier raufzukommen und ein (bisschen Fleisch zu zeigen.«
Er führte mich ins Badezimmer, dessen Fußboden von Bananenschalen übersät war, und öffnete die Tür zur Toilette.
Ich wusste sofort, was das zu bedeuten hatte. »Wir haben alte Bananen zerquetscht!« Ich lachte. »Das war genial. Ich hätte mich beinahe übergeben.«
Wir verließen den Umkleideraum und gingen noch einen Flur entlang, bevor wir eine kurze Treppe hinaufstiegen und uns auf einer Galerie wieder fanden. »Willkommen in unserer Squash-Anlage«, sagte Hutch. »Der einzigen privaten Anlage in ganz Cambridge.«
Ich wusste kaum, was Squash eigentlich war, und hatte hier in Harvard überhaupt erst davon gehört. Es war ein Spiel wie Polo, das nur die Reichen kannten und spielten, mehr um damit anzugeben, als aus irgendwelchen anderen Gründen. Anders als im Baseball oder Basketball konnte man keine lohnende Karriere als Profi einschlagen. Es war eine dieser Sportarten, die in privaten Clubs von denselben Jungs gespielt wurden, die auf Internate und Eliteuniversitäten gingen. Percy spielte es natürlich und fand es wichtig genug, mich eines Abends darüber aufzuklären, dass Harvard seit Ewigkeiten eine der besten Mannschaften des Landes aufstellen könne und sein Vater seinerzeit Mannschaftsführer gewesen sei.
Wir verließen die Anlage und stiegen eine Hintertreppe hinunter. »Das war die erste Treppe, die du hinaufkriechen musstest«, sagte Hutch. »Wir mussten euch kriechen lassen:, weil ihr sonst all die Poster von den Wänden gerissen hättet. Einige stammen aus den Anfängen dieses Jahrhunderts.«
Ich betrachtete die riesige Sammlung an Postern, die eingerahmt über der Treppe hingen. 1915, 1925, 1960 – alle stammten aus verschiedenen Jahren und erinnerten an andere Festmahlzeiten oder Initiationsfeiern. Jedes trug eine andere Illustration, die das Ereignis in Erinnerung halten sollte und von den Unterschriften der teilnehmenden Mitglieder umrahmt war.
Die enge Wendeltreppe führte uns in den zweiten Stock hinunter, wo wir rechts eine Bar und links die Küche sahen, in der reger Betrieb herrschte.
»Hier erschafft Janice ihre Meisterwerke«, sagte Hutch, ging in die Küche und griff sich eine Hand voll Schokokekse. »Wir haben sie geerbt.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich.
»Sie hat für eines unserer graduierten Mitglieder in dessen Sommerhaus am Cape Cod gearbeitet. Vor seinem Tod hat er dem Club testamentarisch Stiftungskapital hinterlassen, aus dessen Erträgen auf ewig die Arbeit von Janice und zwei Assistenten finanziert werden soll. Sie hat dann den alten Verwalter ersetzt, der gleichzeitig als Koch fungiert hatte, einen Typen namens Alessi. Du kannst jederzeit nach fünf Uhr hereinkommen, dann findest du Sandwiches im hinteren Kühlschrank und kleine Imbisse auf dem Tisch.«
Er führte mich durch eine Tür am anderen Ende der Küche, durch die wir in die Bar gelangten. Es war ein kleiner Raum mit einer Theke aus geräucherter Birke. Die gedämpfte Beleuchtung und die düsteren Farben ließen mich in Verbindung mit den Zigarren an einen englischen Herrenclub denken. Der
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