Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Titel: Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
Vom Netzwerk:
und zwar direkt unter ihren A u gen. »Ist das wahr, Miss Bradshaw?«
    »Ja«, sagt Ann, diesmal ohne zu stottern.
    »Mrs Nightwing«, flehe ich. »Ich allein bin für alles ve r antwortlich. Sie können mich bestrafen, wie Sie es für ric h tig halten, aber bitte geben Sie nicht Miss Moore die Schuld.«
    »Miss Doyle, ich weiß, dass Sie das Herz auf dem rec h ten Fleck haben, aber es ist nichts dadurch g e wonnen, dass Sie versuchen, Miss Moore zu schü t zen.«
    »Ich versuche nicht, sie zu schützen!«
    Mrs Nightwing schlägt einen milderen Ton an. »Hat I h nen Miss Moore aus diesem Buch vorgel e sen?«
    »Ja, aber …«
    »Und hat sie Sie zu der Höhle geführt?«
    »Nur, um uns die Wandmalereien zu zeigen …«
    »Hat sie Ihnen Geschichten über das Okkulte e r zählt?«
    Ich bringe keinen Ton heraus. Ich nicke nur. Ein Sprichwort sagt, dass man Gott im Detail findet. Mit der Wahrheit ist es genau das Gleiche. Greif nur e i nen Punkt heraus und lass a ndere, wesentliche Dinge weg, dann kannst du jemanden vernichten. Mrs Nightwing lehnt sich in ihren ausladenden Ohrense s sel zurück. Er ächzt und stöhnt unter ihrem Gewicht.
    »Ich weiß, wie leicht junge Mädchen zu beeindrucken sind. Auch ich war einmal ein junges Mä d chen«, sagt sie, obwohl es mir schwerfällt, dieses hinter ihren jetzigen Ausmaßen zu erkennen. »Ich weiß, wie sehr Mädchen den Wunsch haben zu gefa l len und wie groß der Einfluss einer Lehrkraft sein kann. Ich werde sofort ein ernstes Wort mit Miss Moore reden. Und damit ein solcher Verstoß nicht wieder vorkommt, werde ich dafür sorgen, dass abends alle Türen abgeschlossen werden und die Schlüssel in meiner Obhut bleiben, bis Sie mein Ve r trauen wiedergewonnen haben.«
    »Was wird mit Miss Moore geschehen?«, frage ich leise.
    »Ich dulde keine leichtfertige Missachtung meiner Aut o rität durch die Lehrerschaft. Miss Moore wird entlassen.«
    O nein, bitte lass das nicht wahr sein. Sie ist entschlo s sen, unsere geliebte Miss Moore zu feuern. Was haben wir nur getan?
    Ein markerschütternder Schrei zerreißt die Stille im Zimmer. Er kommt von unten. Mrs Nightwing springt auf und rast die Treppe hinunter, wir dicht hinter ihr. Brigid steht in der Eingangshalle. Sie hält irgendetwas krampfhaft in ihrer Hand.
    »Alle Heiligen, steht mir bei! Sie ist es – sie ist geko m men, mich zu holen.«
    Mrs Nightwing packt sie an den Schultern. Brigids A u gen s ind wild vor Angst. Sie lässt das Ding in i h rer Hand auf den Boden fallen, als wär ’ s eine Schla n ge. Es ist eine Zigeunerpuppe, leicht angesengt, mit einer Haarlocke eng um ihre Kehle geschlungen.
    Circe.
    »Sie ist zurückgekommen«, wimmert Brigid. »Süßer J e sus, sie ist zurückgekommen!«

34. Kapitel
     
    R e verend Waite fordert uns auf, mit der Bibel in der Hand aufzustehen und gemeinsam aus dem Buch der Richter, Kapitel elf, Vers dreißig bis vierzig, zu l e sen. Unsere Stimmen erfüllen die Kirche wie Gra b gesang.
    »Und Jeftah gelobte dem HERRN ein Gelübde und sprach: Gibst du die Ammoniter in meine Hand, so soll, was mir aus meiner Haustür entgegengeht, wenn ich von den Ammonitern heil zurückkomme, dem HERRN gehören, und ich will ’ s ab Brandopfer darbringen.«
    »Ich musste ihr das über Miss Moore sagen«, flü s tert mir Pippa leise ins Ohr. »Es war die einzige Möglichkeit, damit wir noch eine letzte Nacht z u sammen sein können.«
    Vorne im Chor der Kapelle befindet sich ein farbiges Glasfenster mit dem Bild eines Engels. Aus dem Auge des Engels ist ein großer Glassplitter herau s gebrochen und hat eine klaffende Wunde hinterla s sen. Ich starre auf das Loch und sage nichts, leiere nur meinen Bibelvers herunter und lausche den Wo r ten, die um mich herumschwirren.
    »Und der HERR gab sie in seine Hände …«
    »Schließlich kann man nicht sagen, dass sie völlig u n schuldig ist.«
     
    »Ab nun Jeftah … zu seinem Haus kam, siehe, da geht se i ne Tochter heraus ihm entgegen … und sie war sein einz i ges Kind …«
    »Bitte, Gemma. Ich muss ihn wiedersehen. Weißt du, was es heißt, jemanden zu verlieren, ohne Leb e wohl zu sagen?«
    Wenn ich ganz lange hinsehe, dann wächst die Lücke und der Engel verschwindet. Aber wenn ich blinzle, sehe ich den Engel, nicht aber die Lücke, und ich muss wieder von vorn anfangen.
    »Und ab er sie sah, zerriss er seine Kleider und sprach: Ach, meine Tochter, wie beugst du mich und betrübst mich! Denn ich habe meinen Mund aufgetan vor dem HERRN und kann

Weitere Kostenlose Bücher