Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen
Amulett in Felicitys Hand drücke.
»Aber warum?«
»Wenn ich nicht zurückkomme …« Ich setze noch ei n mal an. »Falls irgendetwas schiefgeht, musst du die a n deren finden. Sie sollen dich als eine der Ihren erke n nen.«
Sie starrt das silberne Amulett an.
»Es ist deine Entscheidung, ob du mir nac h kommst.« Ich mache eine Pause. »Oder ob du das Magische Reich für immer verschließt. Verstehst du?«
»Ja«, flüstert sie. »Versprich, dass du zurüc k kommst.«
Der Streifen Seide vom Kleid meiner Mutter ist weich in meiner Faust. »Ich werd ’ s versuchen.«
38. Kapitel
E s gibt keine Vögel. Keine Blumen. Keinen Sonne n untergang. Alles jenseits des leuchtenden Tors ist von einem unheimlichen Grau. Das leere Boot ist immer noch auf dem Fluss, es steckt in einer dünnen Eisschicht fest.
»Wenn du mich willst, hier bin ich«, rufe ich. Das Echo hallt ringsum wider. Bin ich. Bin ich. Bin ich.
»Gemma? Gemma!« Meine Mutter taucht hinter einem Baum auf. Ihre Stimme, sicher und kräftig, zieht mich an wie ein Magnet.
»Mutter?«
Ihre Augen schwimmen in Tränen. »Gemma, ich hatte Angst … aber du bist wohlauf.« Sie lächelt und mein ga n zes Inneres drängt zu ihr. Ich bin müde und unsicher, aber nun ist sie da. Sie wird mir helfen, a l les in Ordnung zu bringen.
»Mutter, es tut mir leid. Ich habe etwas Schreckliches angerichtet. Du hast mir gesagt, ich soll die Magie noch nicht nutzen, aber ich hab es trotzdem getan und jetzt ist alles zerstört und Pippa ist …« Mehr bringe ich nicht über die Lippen, kann es nicht einmal denken.
»Schhh, Gemma, keine Zeit für Tränen. Du bist hier, um Pippa zurückzuholen, stimmt ’ s?«
Ich nicke.
»Dann ist keine Zeit zu verlieren. Schnell, bevor das Ungeheuer zurückkommt.«
Ich folge ihr durch den silbernen Torbogen bis tief in den Garten, in die Mitte jener hohen Kristalle, die so große Macht besitzen.
»Lege deine Hände an die Stäbe.«
Ich zögere, ich weiß nicht, warum.
»Gemma«, sagt sie und ihre grünen Augen werden schmal. »Du musst mir vertrauen oder deine Freu n din ist für immer verloren. Willst du dein Gewissen damit b e lasten?«
Ich denke daran, wie sich Pippa im eisigen Wasser ve r zweifelt gewehrt hat. Wie ich sie zurückgelassen habe. Meine Hände schweben über den Kristallen.
»Gut so, mein Liebling. Jetzt ist alles vergessen. Bald sind wir wieder zusammen.«
Ich lege meine linke Hand auf einen der Kristalle. Die Schwingung geht durch mich hindurch. Ich bin geschwächt von unseren vorherigen Ausflügen und die Magie beginnt, mich mit Macht in die Tiefe zu ziehen. Es ist zu viel für mich. Mutter streckt mir i h re geöffnete Hand hin. Da ist sie, rosig und lebendig und offen. Ich brauche sie nur zu ergreifen. Mein Arm hebt sich. Meine Finger strecken sich nach den ihren aus, bis meine Haut von ihrer Nähe prickelt. Unsere Finger berühren sich.
»Endlich …«
Im selben Augenblick taucht der dunkle Geist auf, der sich in der Gestalt meiner Mutter verborgen hat, und erhebt sich so hoch wie die Kristalle selbst. Mit einem wilden Schrei packt dieses dunkle Etwas me i nen Arm. Ich fühle seine Kälte durch meinen Arm gleiten, spüre, wie die Kälte in meine Adern, zu me i nem Herzen kriecht. Die Wärme weicht aus mir. G e gen diese Kreatur bin ich machtlos.
Alles fällt. Wir fallen gemeinsam mit rasender G e schwindigkeit, vorbei an dem Berg und dem br o delnden Himmel, durch den Schleier, der das Mag i sche Reich von der sterblichen Welt trennt. Der dunkle Geist juchzt vor Freude.
»Endlich … endlich …«
Diese neue Magie überrascht mich, denn während sie mich durchströmt, vereint sie sich mit meinem Willen. Die rohe Urgewalt dieser Kraft ist überwält i gend. Ich will sie nie wieder hergeben. Ich könnte sie nützen, um zu kontro l lieren, zu verwunden, zu g e winnen.
Der dunkle Geist triumphiert. »Ja … es ist bera u schend, nicht wahr?«
Ja, o ja. Ist es das, was meine Mutter und Circe fühlten, was sie um keinen Preis verlieren wollten –eine Macht, die sie in ihrer eigenen Welt nicht haben konnten? Zorn. Fre u de. Ekstase. Raserei. Alles ihrs. Alles meins.
»Wir sind fast da«, flüstert der dunkle Geist.
Wie ein kostbarer Fächer breitet sich London unter mir aus, prächtig und elegant. Eine Stadt, die ich s e hen wollte, als ich in Indien war. Eine Stadt, die ich immer noch sehen will. Allein.
Der dunkle Geist bemerkt mein Unbehagen. »Du kön n test sie beherrschen«, sagt er und leckt
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