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Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Titel: Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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ruft mich Mademoiselle LeFarge erneut zu sich. Felicity wirft mir einen wa r nenden Blick zu. Ich erwidere ihren Blick mit einem stummen: Was erwartest du von mir? Der G e sichtsausdruck Pippas, die weiß, dass ihr Zettel noch i m mer ein Loch in mein Französischheft brennt, schwankt zwischen Angst und Ohnmacht. Sie will mir etwas sagen, aber Ann schließt die Tür und lässt mich mit Mademoiselle LeFarge und meinem eig e nen klopfenden Herzen allein.
    »Miss Doyle«, sagt Mademoiselle LeFarge und schaut mit müdem Blick zu mir hoch, »sind Sie s i cher, dass der Geruch Ihres Atems von Orange n marmelade und nicht von einer anderen Substanz herrührt?«
    »Ja, Mademoiselle«, sage ich und versuche dabei, so flach wie möglich auszuatmen.
    Sie hat den Verdacht, dass ich lüge, aber sie kann es nicht beweisen. Schließlich stößt sie einen Seufzer der En t täuschung aus. Ich scheine die Menschen zu dieser Reakt i on herauszufordern. »Zu viel Marmel a de schadet der Figur, wie Sie wissen.«
    »Ja, Mademoiselle, ich werde es mir zu Herzen ne h men.« Dass jemand wie Mademoiselle LeFarge, die alles andere als eine Wespentaille hat, Figurprobleme zur Spr a che bringt, ist erstaunlich, aber ich will nur meinen Kopf retten.
    »Ja, das sollten Sie. Männer mögen keine dicken Fra u en«, sagt sie. Ihre Offenheit ist entwaffnend. »Nun ja, es gibt Ausnahmen.« Unwillkürlich streicht sie mit dem Fi n ger über die Fotografie des jungen Mannes in Uniform.
    »Ist das ein Verwandter von Ihnen?«, frage ich so hö f lich wie möglich. Es ist nicht mehr der Whiskey, der mir den Magen umdreht, sondern mein schlec h tes Gewissen. Ehrlich, ich mag Mademoiselle LeFa r ge und ich hasse es, sie zu täuschen.
    »Mein Verlobter. Reginald.« Stolz spricht daraus, übe r schattet von einem Hauch von Wehmut, der mich erröten lässt.
    »Erwirkt … sehr …« Ich merke, dass ich keine leise A h nung habe, was ich über diesen Mann sagen soll. Ich habe ihn nie getroffen. Er ist für mich nichts we i ter als eine schlechte Fotografie. Aber ich habe den Satz schon bego n nen. »Vertrauenswürdig«, setze ich mit Mühe hinzu.
    Das scheint Mademoiselle LeFarge zu gefallen. »Er hat ein freundliches Gesicht, nicht wahr?«
    »Ganz eindeutig«, sage ich.
    »Aber ich halte Sie jetzt nicht länger auf. Sie wollen ja nicht zu spät zur Stunde von Mr Grünewald kommen. Und denken Sie daran –zu viel Orangenmarmelade ist ung e sund.«
    »Ja, das werde ich. Danke«, sage ich und stolpere aus der Tür. Eine Lehrerin wie Mademoiselle LeFa r ge verdiene ich überhaupt nicht. Trotzdem weiß ich, dass ich heute Nacht in der Höhle sein und Mademoiselle LeFarge abe r mals enttäuschen werde, indem ich Dinge tue, die sie ho f fentlich nie herausfi n den wird.
    Der für Felicity bestimmte Zettel schaut aus me i nem Französischheft heraus. Langsam falte ich ihn auseinander. Pippas makellose runde Handschrift spricht Spott und Hohn.
    Treffen wir uns heute Nachmittag beim Bootshaus? Me i ne Mutter hat mir neue Handschuhe g e schickt und du darfst sie tragen. Um Himmels willen lade sie nicht ein. Wenn sie versucht, ihre großen Pranken hineinzuzwängen, gehen die Handschuhe garantiert kaputt.
    Zum ersten Mal an diesem Tag ist mir wirklich speiübel, obwohl es nichts mit dem Whiskey zu tun hat, sondern ei n zig und allein damit, wie ich sie in diesem Moment hasse –Pippa , weil sie das g e schrieben hat, und Felicity, weil sie es mir gegeben hat.
     

     
    Wie sich herausstellt, wird Pippa doch nicht zum Boot s haus kommen. Der ganze Marmorsaal schwirrt von der Neuigkeit –Mr Bumble ist da. Sämtliche Schülerinnen von Spence –von sechs bis sechzehn –scharen sich um Brigid, die uns brühwarm den ne u esten Tratsch berichtet. Sie schwärmt, was für ein stattlicher, respektabler Mann er doch sei, wie bil d hübsch Pippa aussehe und was für ein herrliches Paar sie abgäben. Ich glaube, ich habe Brigid noch nie so auf g ekratzt gesehen. Wer hätte gedacht, dass sich in der griesgrämigen alten Schachtel ein so romant i sches Gemüt verbirgt?
    »Ja, aber wie sieht er aus?«, will Martha wissen.
    »Ist er schön? Groß? Hat er alle seine Zähne?«, drängt Cecily.
    »Jawohl«, sagt Brigid mit wissender Miene. Sie gefällt sich in dieser Rolle – ein bisschen Orakel zu spielen. »Stattlich und respektabel«, wiederholt sie, für den Fall, dass wir diese hervorstechenden Eige n schaften das erste Mal überhört haben. »Oh, was für eine wundervolle Partie

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