Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
kleines Messer von der Länge eines Männerdaumens. Auf der Klinge ist ein winziges Zeichen eingeritzt , ein Totem , das einen vie l armigen Mann mit einem Büffelkopf da r stellt.
»Megh Sambara« , erklärt Kartik. »Die Hindus glauben , dass er vor Feinden schützt.«
»Ich habe gedacht , Sie erkennen keine anderen Bräuche außer jenen der Rakschana an.«
Kartik steckt verlegen die Hände in die Taschen und wippt auf den Absätzen seiner Stiefel. »Das Messer hat Amar g e hört.«
»Dann sollten Sie sich nicht davon trennen« , sage ich und will es ihm zurückgeben.
Kartik springt zur Seite , um der Klinge auszuweichen. »Vorsicht , es ist klein , aber scharf. Und es könnte sein , dass Sie es brauchen werden.«
Ich hasse es , hier und jetzt an meine Aufgabe erinnert zu werden. »Ich werde es behalten und bei mir tragen. Danke.«
Ich sehe , dass neben ihm noch ein zweites kleines Bündel liegt. Ich wüsste nur zu gern , ob es für Emily ist , aber ich bringe es nicht über mich zu fragen.
»Heute ist Miss Worthingtons Weihnachtsball , stimmt ’ s?« , fragt Kartik und fährt sich durch sein dichtes Lockengewirr.
»Ja« , sage ich.
»Was tun Sie da auf diesen Bällen?« , fragt Kartik schüc h tern.
»Oh« , seufze ich. »Man lächelt viel und redet übers Wetter und wie wundervoll jeder aussieht. Es gibt einen kleinen I m biss und Erfrischungen. Und das Tanzen natü r lich.«
»Ich war noch nie auf einem Ball. Ich weiß nicht , wie da getanzt wird.«
»Für einen Mann ist es nicht so schwer. Die Frau muss le r nen , ihm zu folgen , ohne ihm auf die Füße zu treten.«
Kartik hebt seine Hand in eine Position , als würde er eine unsichtbare Partnerin halten. »So?« Er dreht sich mehrmals im Kreis.
»Ein bisschen langsamer. Ja , genau so« , sage ich.
Kartik schlägt einen affektierten Ton an. »Sagen Sie , Lady Naseweis , hatten Sie viel Besuch , seit Sie in London ang e kommen sind?«
»Oh , Lord Neunmalklug« , antworte ich im gleichen To n fall. »Es wurden so viele Karten aus den allerbesten Häusern für mich abgegeben , dass ich zwei Porzellanschüsseln herau s holen musste , um sie alle unterzubri n gen.«
»Zwei Schüsseln , sagen Sie?«
»Zwei Schüsseln.«
»Was für Unannehmlichkeiten für Sie und Ihr Geschirr« , sagt Kartik lachend. Er ist so reizend , wenn er lacht.
»Ich würde Sie so gerne einmal in schwarzem Jackett mit weißer Krawatte sehen.«
Kartik hält inne. »Glauben Sie , ich würde wie der vollend e te Gentleman aussehen?«
»Ja.«
Er verbeugt sich vor mir. »Darf ich um diesen Tanz bi t ten , Miss Doyle?«
Ich knickse. »Oh , mit dem größten Vergnügen , Lord Neunmalklug.«
»Nein« , sagt er leise. »Darf ich bitten?«
Kartik bittet mich , mit ihm zu tanzen. Ich blicke mich um. Das Haus liegt noch immer in tiefem Schlummer. Sogar die Sonne verbirgt sich hinter den grauen Wolken ihres Fede r betts. Niemand ist auf den Beinen , aber bald werden sie es sein. Mein Verstand flüstert mir eindrin g lich zu: Tu ’ s nicht. Es ist unangebracht. Falsch. Was , w enn uns jemand sieht? Was ist mit Simon …
Aber meine Hand trifft die Entscheidung für mich. Durch die frühmorgendliche Kälte des Weihnachtstags kommt sie ihm entgegen und schlüpft in seine.
»Hm , Ihre , äh , Ihre andere Hand muss an meiner Taille li e gen« , sage ich und schaue auf unsere Füße hinunter.
»Hier?« , fragt er und legt seine Hand an meine Hüfte.
»Höher« , krächze ich. Seine Hand findet meine Taille. »Ja , richtig.«
»Und weiter?«
»Jetzt … jetzt tanzen wir« , sage ich. Mein Atem kommt in kleinen flachen Stößen aus meinem Mund.
Er dreht mich zuerst langsam und ungeschickt herum. Wir stehen so weit voneinander entfernt , dass eine dritte Person zwischen uns Platz hätte. Ich blicke unverwandt auf unsere Füße , die Spuren in den Sägespänen auf dem Boden hinterla s sen.
»Ich denke , es wäre leichter , wenn Sie sich nicht zurüc k lehnen würden« , sagt er.
»Aber so gehört es sich« , antworte ich.
Er zieht mich näher zu sich , viel näher , als es angeme s sen ist. Zwischen seiner Brust und meiner ist nur ein hauchdünner Zwischenraum. Ich blicke mich instinktiv um , aber es ist n i e mand zu sehen außer den Pferden. Kartiks Hand wandert von meiner Taille zu meinem Kreuz und ich schnappe nach Luft. Während ich mich drehe und drehe , seine Hand warm auf meinem Rücken , seine andere Hand meine fest umschließend , wird mir plötzlich ganz
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