Der geheime Zoo. Auf der Jagd nach den Yetis
östliche Mauer des Zoos Wache halten.
«Ich auch nicht», sagte Richie. Er trug einen Schlafanzug mit Füßen und hatte sogar drinnen noch seine Pudelmütze auf dem Kopf. Er gähnte demonstrativ, streckte die Arme über den Kopf und sagte: «Es ist schon spät. Lasst uns schlafen gehen!»
Ella achtete gar nicht auf ihn. «Glaubt ihr, dass sie da sind?», fragte sie die anderen beiden Scouts.
Megan und Noah zuckten die Schultern.
Ella kletterte auf die Küchenanrichte und spähte aus dem Fenster, indem sie die Hände um die Augen legte, um das Licht der Küchenlampen abzuschirmen.
«Siehst du was?», fragte Noah.
«Nein. Ist zu dunkel.»
Sie starrten weiter nach draußen. Nach ein paar Minuten sprach Megan das aus, was Noah dachte: «Lasst uns rausgehen.»
Sie blickten sich fragend an, unschlüssig, ob ihnen das erlaubt war.
Richie wedelte abwehrend mit den Händen. «Ich halte das für keine gute Idee. Ganz sicher wird es Mrs Nowicki nicht gefallen, wenn sie mitten in der Nacht aufwacht und sieht, wie wir in unseren Schlafanzügen durch den Garten laufen.»
«Das wird sie nicht», sagte Noah. «Außerdem würden wir ihr sonst einfach sagen, dass Megan mal wieder ihre Brille im Baumhaus liegengelassen hat.»
Die drei Scouts sahen Richie an, dessen Blick nervös zwischen ihnen hin und her wechselte. «Ich glaube, ich weiß, was hier los ist. All dieser Stress … hat euer Gehirn zu Knetmasse verwandelt.»
Die anderen schwiegen.
«Okay», sagte Richie. «Dann schieben wir unsere Gefühle also mal beiseite.» Er richtete sich auf und begann zu dozieren: «Lasst uns das Ganze vom logischen Standpunkt aus betrachten. Nehmen wir an …»
Doch die Scouts waren bereits an der Hintertür, zogen sich Jacken und Mützen an und stiegen in ihre Schuhe. Innerhalb weniger Sekunden waren sie warm angezogen, und Megan öffnete vorsichtig die Hintertür, damit sie nicht knarrte.
«Leute – seid doch nicht so dumm!», flüsterte Richie ärgerlich.
Doch die anderen Scouts hörten nicht auf ihn, sondern drängten sich nach draußen. Sie waren bereits auf halbem Weg zum Baumhaus, als Richie schließlich aufgab und ihnen nachlief.
Draußen war es eisig kalt. Der Wind schob dicke Wolken über den Himmel, die so massiv wirkten, als könnten sich in ihnen Sternschnuppen verfangen. Frost färbte das Gras weiß.
Die vier kletterten die Leiter zu Fort Scout hinauf, und Noah stieß die Tür auf. Am Fenster befanden sich nicht zwei, sondern gleich drei Gestalten: Podgy, Marlo und Hanna. Hanna war eine der vier Descender, die man als Grenzkontrolle abgestellt hatte. Sie hatte wilde blonde Haare mit roten Strähnen und kaute immer Kaugummi. Sie trug magische Plateaustiefel, mit denen sie wie ein Puma springen konnte – das war ihre besondere Descender-Eigenschaft. Podgy und Hanna standen auf dem Fußboden, und Marlo hockte im Fensterrahmen.
Die Scouts eilten ins Baumhaus, versammelten sich um die Bewohner des geheimen Zoos und nahmen auf den kalten Holzbrettern Platz. Marlo segelte durch die Luft und ließ sich auf Noahs Schulter nieder.
Hanna klappte der Mund auf. «Was macht ihr denn hier?»
«Wir wollten bloß sehen, wie es so läuft», erklärte Megan.
«Und dafür sorgen, dass wir entdeckt werden?»
«Meine Eltern schlafen», versicherte ihr Noah. «Und wir konnten das Baumhaus vom Fenster aus nicht sehen.»
«Wir bleiben nur ganz kurz», fügte Megan hinzu. «Versprochen!»
«Wenn Sam wüsste, dass ihr bereits am ersten Abend …» Hanna unterbrach sich selbst und starrte Richies Füße an. «Ist das ein Strampelanzug?»
Richie grinste. «Richtig.»
Hanna schüttelte den Kopf. «Na super. Das Schicksal der Welt ruht auf den Schultern eines Kindes, das sich wie ein Baby anzieht.» Mit gerunzelter Stirn betrachtete sie die Scouts. «Ihr könnt eine halbe Stunde bleiben – keine Sekunde länger.»
«Fein!», meinte Ella.
Megan warf einen Blick auf Podgy «Wie ist er denn hier raufgekommen?»
«Seine Flügel funktionieren jetzt, weißt du nicht mehr?», antwortete Hanna. Sie deutete nach draußen. «Und der Zoo ist gleich da drüben. Er brauchte bloß über die Mauer zu fliegen. Die Leiter zum Baumhaus ging dann einfach.»
Noah spähte hinaus. Von hier aus konnte er leicht über die Betonmauer sehen, die hinter seinem und den Nachbargärten entlanglief und hinter den Bäumen verschwand. Die Landschaft des Zoos, die nur von vereinzelten Laternen beleuchtet wurde, sah nachts besonders ungewöhnlich aus. Die
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